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Der Wochenrückblick

Merkels Angebot

Was auf dem „Impfgipfel“ alles erreicht wurde, und was die Kanzlerin nicht gesagt hat

Hans Heckel
06.02.2021

Deutschlands historische Misere holt uns wieder ein. Unser Land ist immer entweder zu groß oder zu klein, sagen Historiker. Wir seien zu klein, um Europa zu dominieren, aber zu groß, um uns im Sammelsurium der europäischen Staaten heimlich wegzuducken. Dieses Dilemma fällt uns auch bei der Corona-Krise auf die Füße. Nur ganz anders diesmal.

Wenn Sie die Bundesregierung fragen, warum die USA beim Impfen so viel schneller sind als Deutschland, kriegen Sie zur Antwort: Die USA sind ja auch viel größer als wir. Doch wenn Sie wissen wollen, warum dann Israel das alles x-fach rascher hinkriegt als unsere Verantwortlichen, heißt es von derselben Ecke: Ja, das Land ist ja auch viel kleiner, da geht das eben zügiger. Und wieso ist das etwa gleich große Britannien dann ebenfalls schneller als wir? Weil ... lassen wir das.

Was soll man machen? Das wollte Kanzlerin Merkel auf dem großen „Impfgipfel“ klären. Was waren wir gespannt! So viele wichtige Leute, alle gleichzeitig zusammengeschaltet. Und das in einem Land, dessen Digitalisierung selbst nach zehn Jahren Merkel-Versprechungen zum Thema „Digitalisierung“ immer noch auf Schwellenland-Niveau festklebt. Das war ja an sich schon eine fabelhafte Leistung! Und es sollte auch die einzige bleiben, die beim „Impfgipfel“ errungen wurde, wenn man einigen Anwesenden glaubt. „Ein einziges Blabla, ich weiß nicht, was ich hier soll“, hat laut „Bild“-Zeitung sogar ein beteiligter Minister gesimst.

Das ist natürlich ungerecht, es gab schon sehr wichtige Anliegen, die voranzubringen waren. Allem voran die Suche nach einem Schuldigen, der weder Merkel noch Spahn oder von der Leyen heißt. Zwar hatte niemand die Chuzpe, die Pharma-Industrie ausdrücklich an den Pranger zu stellen. Mit so einem Kniff wäre die Verlogenheit der Politiker zu offensichtlich geworden, das wussten auch die Verlogenen in ihrer Verlegenheit.

Stattdessen hat man mit großer Geste einen „Nationalen Impfplan“ in Auftrag gegeben, den Spahn erarbeiten soll. Merkel war schlau genug, den Plan nicht als „Chefsache“ an sich zu reißen. Wenn dabei etwas schiefgeht, wäre die Kanzlerin nicht so sehr in der Schusslinie und könnte den Gesundheitsminister bei Bedarf ins Feuer werfen.

Manchen reicht der Plan aber nicht. Söder und Habeck würden die ganze Impfstoff-Herstellung lieber gleich in die Hände des zentral planenden Staates legen. Die umgetopfte SED erkennt die Signale und setzt die Krone drauf: Für die Impfstoffe solle der Patentschutz aufgehoben werden. Na, dann forschen die Unternehmen in Zukunft bestimmt noch viel eifriger an neuen Präparaten, wenn sie vorher schon wissen, dass ihnen der Großteil des wirtschaftlichen Erfolgs ihrer Leistung vom Staat abgeknöpft wird gegen eine lumpige „Entschädigung“.

Wie so etwas weitergeht, kennen wir aus der Geschichte: Nach und nach dösen alle ein, bis die wirtschaftliche Entwicklung vollends festgefroren ist, wie immer im Sozialismus. Welcher Partei sitzt Söder noch mal vor?

Bleiben wir sachlich: Von den Kommunisten abgesehen will in Wahrheit ja gar keiner die Impf-Planwirtschaft. In Wirklichkeit treibt die Politiker etwas anderes an: Ganz Deutschland hat ihnen dabei zugeguckt, wie sie es vermasseln, indem sie sich zwischen das Problem und dessen Lösung drängten, als Merkel und von der Leyen die Impfstoff-Bestellungen vergangenen Sommer gestoppt haben. Nun will die hohe Politik auch mal dabei gesehen werden, wenn etwas gelingt.

Dabei gehen die Akteure recht ausgefuchst vor: Mit dem Verweis auf die „Lieferschwierigkeiten“ können sie künftige Verzögerungen listig auf die Hersteller schieben. Läuft dagegen alles so wie gedacht, war es ihr „Nationaler Impfplan“, der das Vaterland gerettet hat. So drängelt man sich in den Vordergrund, ohne die Risiken mittragen zu müssen, die ein Platz in der vordersten Reihe normalerweise mit sich bringt.

Genau diese Masche ist es, die wir an Merkel in den bald 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft so bewundert haben. Denn sollte es wider Erwarten nicht gelingen, alle Schuld für weitere Rückschläge bei den Pharma-Firmen abzuladen, kann – wie erwähnt – immer noch der Spahn weg.

Gefahr droht nur noch von Leuten, die „mehr Transparenz“ im Umgang mit dem Impfdesaster fordern, weil das angeblich „Vertrauen zurückbringt“. Sind die noch zu retten? Mehr „Transparenz“? Damit das ganze Versagen in allen seinen ekligen Details jedermann zur Ansicht überreicht wird? Was für eine unglaubliche Dummheit. Kommt gar nicht infrage. Das Gegenteil von „Transparenz“ tut jetzt Not, nämlich: Ablenkung. „Das Virus ist der Feind!“, hat Minister Spahn auf dem Gipfel ausgerufen. Ja, das Virus, und eben nicht das Versagen der Politik und dessen Verantwortliche. Genauso würde jeder Arzt argumentieren, nachdem er seinen Patienten durch einen dämlichen Kunstfehler ins Jenseits befördert hat: „Die Krankheit war der Feind, der den Mann getötet hat! (Und nicht etwa meine Inkompetenz).“

Die zweite Standardphrase, die Politiker nach jedem Versagen sofort zur Hand haben, durfte ebenfalls nicht fehlen: Schuldzuweisungen bringen nichts, wir müssen jetzt nach vorne blicken! Machen wir.

Und was sehen wir da? Zunächst eine weitere Merkelsche Nebelbank. Ziel sei es, bis zum 21. September jedem ein „Impfangebot“ zu machen, so die Kanzlerin. Verstanden haben da wohl die meisten: Bis 21. September wird jeder geimpft, der es will. Richtig? Falsch! Das hat sie nämlich gar nicht gesagt. Hören wir noch einmal genau hin: „Impfangebot“ kann ebenso gut bedeuten, dass bis zu jenem Datum jeder lediglich einen Termin mitgeteilt bekommt, wann er sich irgendwann später piksen lassen darf. Wann dieser Termin sein könnte? Im November? Oder im Februar 2022? Wir werden sehen.

Haarspalterei? Nicht, wenn solche Worte von der Meisterin der nebulösen Andeutungen kommen, die ihre wahren Absichten in scheinbar unbedeutenden Nebensätzen verscharrt, wo sie (zunächst) kaum jemandem auffallen. Das Vorrecht eines Volkes auf sein Heimatland hat Merkel ja auch nicht mit lautem Trara in die Abseite verbannt. Sie ersetzte „die Deutschen“ einfach durch „die, die schon länger hier leben“, als wären wir hier bloß länger verweilende Reisende, ohne besondere Heimatrechte gegenüber Asylsuchern. Im Spätsommer 2015 wurde klar, wie ernst es Merkel damit meinte.

Aber wir brauchen nicht zu verzweifeln. Es ist noch nicht aller Tage Abend. Wenn es richtig kneift, kommt sogar der verpönte Nationalismus zu neuen Ehren. Auf der Flucht vor ihrer eigenen Unfähigkeit drischt Ursula von der Leyen EU-Ausfuhrbeschränkungen für Impfstoffe heraus, als könne es gar nicht genug EU-Impfnationalismus geben. Zum Glück juckt dieser Nationalismus das Ausland jenseits der EU kaum, weil die da draußen froh sind, nicht in der EU zu leben, wo wir noch auf ein „Angebot“ warten müssen, wenn Briten, US-Bürger oder Israelis die Pandemie längst hinter sich haben.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 06.02.21, 09:28 Uhr

Moin!
Patentrecht
Das ist leider nicht richtig, Herr Heckel!
Im Kaiserreich gab es "zum Wohle der Volksgesundheit" KEINE Patente auf Medikamente. Trotzdem war Deutschland bis 1945 die "Apotheke der Welt". Bayer verdient mit dem Aspirin immer noch recht ordentlich.
Zurück zum Thema.
Was erwarten denn alle von diesen unsäglich unqualifizierten Personal, das zudem noch fachlich völlig falsch besetzt ist. Gescheiterter Sparkassenschalterangestellter als Medizin-Oberhäuptling und die ganze Administration der Staatssekretäre, was vor 45 vorbildlich war, wird nur noch durch das Parteibuch bestimmt, bzw wie jetzt in jxx-bunt-kommunistisch regierten Berlin durch Migranten-Quote.
Datt kann nur krachend scheitern!

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