Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vor 250 Jahren starb Axel Graf von Löwen. Seine umfangreiche Sammlung hatte er der Stadt Stralsund übereignet
Mit seinem Testament vom 16. April 1761 wollte sich Axel Graf von Löwen zweifelsfrei ein Denkmal setzen. Er tat dies allerdings auf eine Weise, die der Allgemeinheit zugutekommen sollte. Der Generalgouverneur des zu dieser Zeit unter schwedischer Herrschaft stehenden Teils Pommerns verfügte, dass seine „Bibliotheque, Gemälde, Armaturen, Instrumenta mathematica und andere Curiosa“ in das Rathaus seiner Residenzstadt Stralsund zu bringen seien. Dort sei die Sammlung im großen Saal und in der Hallstube aufzustellen. Im Testament ist von einer „Stiftung eines immerwährenden Gedächtnisses“ die Rede und von „ewigen Zeiten“. Eingerichtet war das Ganze als „Fideicommiss“, sollte also in seiner Gesamtheit erhalten bleiben. Löwen hatte ausdrücklich festgelegt, dass „dem Publico zum Dienst die Zimmer zu öfnen“ seien.
Sein Interesse: Festungsbau
Endgültig nach Stralsund, wo er fast ein Vierteljahrhundert seines langen Lebens verbringen und auch sterben sollte, war Löwen erst 1748 gekommen. Geboren am 1. November 1686 im schwedischen Frötuna als Sohn eines hohen Beamten, stieg er zunächst im Militärdienst seines Landes auf. Mathematisch und technisch begabt, beschäftigte er sich mit Fragen des Festungsbaus. Der Große Nordische Krieg (1700-1721) prägte Löwens Weg. Er diente als Volontär in Elbing und übernahm Aufgaben in Wismar, ein Auftrag führte ihn bis nach Bender im Osmanischen Reich. Auch mit der Verteidigung Stralsunds war er befasst und organisierte Ende 1715 die Flucht König Karls XII. aus der belagerten Stadt. Schon früh war Karl XII. auf ihn aufmerksam geworden. Zeitlebens bewunderte Löwen den 1718 gefallenen Herrscher, nach dessen Tod Schweden seine Großmachtstellung verlor. Löwen wurde General, ihm unterstand die gesamte schwedische Fortifikation. Ein Versuch, 1728 Landeshauptmann von Uppland zu werden, scheiterte, später wurde er Befehlshaber der Truppen in Finnland.
Hatte sich bereits Löwens erste Ehe vorteilhaft auf seine Karriere ausgewirkt, galt dies noch mehr für die zweite, sein Schwiegervater Arvid Horn, der bis 1738 quasi als Premierminister Schwedens wirkte, förderte ihn nach Kräften. Als der Sturz Horns bevorstand, überredete Löwen ihn zum freiwilligen Verzicht. Er selbst erhielt einen Sitz im einflussreichen Stockholmer Reichsrat.
Politisch von Gewicht, geriet er zwischen die Fronten der Parteien, bekannt als „Hüte“ und „Mützen“. Schließlich wählte man ihn zum Generalgouverneur für Schwedisch-Pommern, Ehrenbezeugungen kamen hinzu, er wurde Akademiemitglied und Ritter des Seraphinen-Ordens. Ursula Hetzer, Verfasserin einer Abhandlung über Löwen und die Sammlung, formuliert treffend, er sei 1748 „weggelobt“ worden.
Wertvolle Impulse für Stralsund
In seine Stralsunder Zeit fallen die Gründungen der Fayencen- sowie der Spielkartenfabrik, auch eine königlich schwedische Münze wurde unter ihm etabliert. 1766 suspendiert, übte er sein Amt noch bis 1767 aus. Am 25. Juli 1772, nach anderen Angaben bereits am 23. Juli, ist er gestorben, beigesetzt wurde er in Schweden.
Sein Vermächtnis an Stralsund war die Sammlung. Wissenschaft, Technik, Waffen, Kunst, Literatur – auf einer Vielzahl von Gebieten hat Löwen Gegenstände zusammengetragen. Ein Verzeichnis wurde erst 1795 angefertigt. Aufgeführt sind hier etwa 1399 Buchtitel, 195 Gemälde und 24 Elfenbeinstatuetten. Porzellane und Intarsienarbeiten sind zu finden, ebenso Mikroskope, nautische Instrumente, ein indianischer Bogen oder ein Himmelsglobus. Zu der mehrere tausend Gegenstände umfassenden Sammlung – aufgrund ungenauer Beschreibungen ist die Zahl nur zu schätzen – gehörte auch ein sehr umfangreiches Festungsmodell.
Die Sammlung wurde nicht geschätzt
Im Sinne Löwens wurde die Sammlung nicht behandelt. Obwohl sie trotz der Einwände der Erben geschlossen blieb, wurde sie bald vernachlässigt. Es hieß, Reisende machten sich über sie lustig, der Autor Johann Zöllner hatte sie in seiner „Reise durch Pommern“ von 1795 als „seltsame Mischung“ bezeichnet. Verliehenes wurde nicht zurückgegeben.
Die französischen Besatzer der Napoleonischen Zeit bedienten sich. Schaden nahm die Sammlung, als sie 1819 vorübergehend aus dem Rathaussaal entfernt wurde, wegen eines Balles in Anwesenheit des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. 1849 kam sie auf den Rathausboden, 1859 übernahm sie der neu gegründete Museumsverein. Zu dieser Zeit war sie schon schwer in Mitleidenschaft gezogen, vom Festungsmodell etwa existierten nur noch Bruchstücke.
Im Zweiten Weltkrieg erfolgte eine Auslagerung wertvoller Stücke nach Rügen, die meisten davon gelten als verschollen. Heute bildet der erhaltene Rest der Stiftung Löwens den Grundstock der Bestände des „Stralsund Museums“ im ehemaligen Katharinenkloster, wo man restaurierte Objekte seit 1998 im sogenannten Löwen-Kabinett besichtigen kann.
• Info Das Stralsund-Museum ist derzeit wegen Umbauarbeiten leider geschlossen.