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Gustav Robert Kirchhoff

Mit Bunsen entwickelte er die Spektralanalyse

Der die Elektrizität erforschende Physiker und Namensgeber der kirchhoffschen Regeln kam vor 200 Jahren in Königsberg zur Welt

Margund Hinz
11.03.2024

Der Name Gustav Robert Kirchhoff ist für den naturwissenschaftlich Kundigen insbesondere mit der Spektralanalyse verbunden. Sein und der Anteil Robert Wilhelm Bunsens an deren Entdeckung geht aus Kirchhoffs folgender erster Mitteilung an die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften im Oktober 1859 hervor: „Bei Gelegenheit einer von Bunsen und mir in Gemeinschaft ausgeführten Untersuchung über die Spektren farbiger Flammen, durch welche es uns möglich geworden ist, die qualitative Zusammensetzung complicirter Gemenge aus dem Anblick des Spektrums ihrer Lötrohrflamme zu erkennen, habe ich einige Beobachtungen gemacht, welche einen unerwarteten Aufschluß über den Ursprung der Frauenhoferschen Linien geben und zu Schlüssen berechtigen von diesen auf die stoffliche Beschaffenheit der Atmosphäre der Sonne und vielleicht auch der helleren Fixsterne ...“ Den Frauenhoferschen Linien und dem Zusammenhang zwischen Emission und Absorption von Licht und Wärme widmete Kirchhoff zwei 1859 veröffentlichte Arbeiten. Zwei Jahre zuvor war bereits seine Abhandlung über das Sonnenspektrum erschienen.

Kirchhoff wurde am 12. März 1824 im preußischen Königsberg als Sohn des Justizrats Carl Friedrich Kirchhoff geboren. Er besuchte dort gemeinsam mit seinen beiden älteren Brüdern Carl und Otto das Kneiphöfische Gymnasium, an dem er 1842 das Abitur ablegte.

Neumann sah in ihm „ein wahres, sich durchbildendes Talent“
Von 1842 bis 1847 studierte er an der Albertina Mathematik und Physik. Franz Ernst Neumann, Professor für Physik und Mineralogie sowie Leiter der physikalischen Abteilung des Mathematisch-Physikalischen Seminars der Königsberger Albertus-Universität, erkannte in den Arbeiten seines Studenten „ein wahres, sich durchbildendes Talent“.

In dem Seminar entstand Kirchhoffs erste eigenständige wissenschaftliche Arbeit „Über den Durchgang eines elektrischen Stromes durch eine Ebene, insbesondere durch eine kreisförmige“. Darin gab er eine sehr beachtliche Lösung für das Problem der Stromverzweigung in ebenen Platten und erbrachte den Beweis ihrer Richtigkeit. In dieser Arbeit, für die er einen doppelten Preis seiner Fakultät erhielt, sprach er bereits Grundsätze aus, die später in die nach ihm benannten kirchhoffschen Regeln Eingang fanden. Sie bildete ferner die Grundlage für seine Doktorarbeit.

Nach der Promotion im Jahr 1846 sowie dem Abschluss seines Studiums in Königsberg habilitierte er sich 1848 als Privatdozent für Physik in Berlin. Dort war er mit einer bedeutsamen experimentellen Untersuchung beschäftigt. Sie ist 1849 in den „Annalen der Physik und Chemie“ unter dem Titel „Bestimmung der Konstanten, von welcher die Intensität induzierter elektrischer Ströme abhängt“ publiziert worden.

Schon 1850 folgte er einem Ruf an die Universität zu Breslau. Dort übernahm Kirchhoff das Extraordinariat für experimentelle Physik. Von seinen Untersuchungen aus der Breslauer Zeit seien exemplarisch die über die Gleichgewichtsverteilung der Elektrizität auf zwei leitenden Kugeln und über die Theorie des Kreisplatten-Kondensators genannt.

In Bunsen, der im Jahr 1851 nach Breslau auf den Lehrstuhl für Chemie berufen wurde, gewann Kirchhoff einen hervorragenden Fachkollegen und Freund, der ihm sogar die Wertschätzung zuteil werden ließ, seine Vorlesung zu hören. Durch den Einfluss Bunsens, der schon 1852 einem Ruf an die Heidelberger Universität gefolgt war, wurde Kirchhoff 1854 in das Ordinariat für Physik an diese Universität berufen. In Heidelberg verband die beiden Wissenschaftler ihr reges forschendes Zusammenwirken hinsichtlich der Spektralanalyse. Mit deren Hilfe entdeckten sie überdies im Jahr 1861 die Alkalimetalle Caesium und Rubidium.

Bunsen war ihm ein hervorragender Fachkollege und Freund
Kirchhoff widmete sich nach seiner Berufung zunächst jedoch dem Gebiet der Elektrizitätslehre und befasste sich darin speziell mit der Theorie schnell veränderlicher elektrischer Zustände. Anschließend erschloss er sich ein neues Arbeitsgebiet, und zwar das der mechanischen Wärmetheorie. Erstmals gelang ihm die Anwendung ihrer Grundsätze auf physikalisch-chemische Prozesse wie beispielsweise die Auflösung eines Salzes in einer Flüssigkeit. Die dabei von ihm angewandte Methode zu der theoretischen Behandlung derartiger Probleme war für die physikalische Chemie später sehr nutzbringend. Neben seinen Forschungen beinhaltete seine Lehrtätigkeit an der Universität in Heidelberg umfangreiche Vorlesungen zur „Experimentalphysik“ und zur „Theoretischen Physik“ sowie kleinere zu Spezialgebieten wie Hydrodynamik, Elektrizität und Magnetismus. Ferner gehörten zu seiner Lehre praktisch-physikalische Übungen.

Die Heidelberger Zeit war für Kirchhoff nicht nur im Beruflichen, sondern auch im Privaten eine erfüllte. Im Jahr 1857 heiratete er eine Tochter seines Königsberger Lehrers, des Mathematikers Friedrich Julius Richelot. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Hinzu kam seine freundliche Aufnahme in den geselligen Kreis um den Historiker Ludwig Häusser.

Ende der 1860er Jahre wurde Kirchhoffs Leben durch zwei Ereignisse überschattet. Er fiel auf einer Treppe und zog sich eine Fußverletzung zu, die nicht vollständig geheilt werden konnte und seine Gehfähigkeit dauerhaft einschränkte. Seine Frau starb im Jahr 1869, nachdem sie an Rippenfellentzündung und Tuberkulose erkrankt war. 1872 heiratete er erneut.

Bevor sich Kirchhoff im Jahr 1875 für die Berliner Universität als neue Wirkungsstätte entschied, hatte er Rufe nach Würzburg, Berlin und Potsdam abgelehnt. Gründe hierfür waren, dass er seine Arbeit, insbesondere die an der Herausgabe von Vorlesungen über mathematische Physik, ungestört fortsetzen und sich von seinem Heidelberger Freundeskreis nicht trennen wollte. Zu diesem gehörten neben Bunsen besonders Hermann von Helmholtz, Hermann Kopp und Leo Koenigsberger. Um 1875 hatte sich dieser Kreis durch Tod und Berufungen in andere Städte gelichtet.

In Berlin übte Kirchhoff neun Jahre eine glanzvolle Lehrtätigkeit auf dem Gebiet der mathematischen Physik aus. Seine Vorlesungen über Mechanik hatte er selbst noch in Heidelberg als Buch veröffentlicht, das in der präzisen und klaren Darstellung der schwierigsten Sachverhalte ungewöhnlich erfolgreich war. Auch seine Abhandlungen aus der Zeit vor 1882 gab Kirchhoff selbst heraus. In Berlin führte er ferner experimentelle Arbeiten im Laboratorium seines Freundes Gustav von Hansemann gemeinsam mit diesem aus.

Im Jahr 1885 musste er seine Lehrtätigkeit wegen einer fortschreitenden Erkrankung beenden. Gustav Robert Kirchhoff ist am 24. Oktober 1887 in Berlin gestorben. In seiner Gedächtnisrede würdigte ihn der Chemiker August Wilhelm von Hofmann mit den Worten: „Auf meinem langen Lebenspfade bin ich Keinem begegnet, bei welchem wie bei Kirchhoff, höchstes Vollbringen gesellt gewesen wäre mit fast demutsvoller Bescheidenheit.“


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