02.11.2025

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Extremistenbeschluss

Mit dem Adenauer-Erlass ging es los

Seit 75 Jahren versuchen deutsche Regierungen, politische Gegner vom Staatsdienst auszuschließen

Wolfgang Kaufmann
18.09.2025

Bei der Wahl zum Ersten Bundestag am 14. August 1949 erhielt die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 5,7 Prozent der abgegebenen Stimmen und konnte mit 15 Abgeordneten ins Bonner Parlament einziehen. Darüber hinaus errang auch die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) fünf Mandate, weil die Fünf-Prozent-Klausel damals nur eingeschränkt galt. Hierdurch alarmiert, fasste die von Konrad Adenauer (CDU) geführte Koalitionsregierung aus CDU/CSU, FDP und Deutscher Partei (DP) vor 75 Jahren, am 19. September 1950, einen Beschluss mit dem Titel „Politische Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes gegen die demokratische Grundordnung“, der später allgemein nur „Adenauer-Erlass“ genannt wurde.

Adenauer- und Radikalenerlass
Darin hieß es, „dass die Teilnahme von Beamten, Angestellten und Arbeitern im unmittelbaren und mittelbaren Bundesdienst an Bestrebungen oder Organisationen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, mit der Treuepflicht gegen die Bundesrepublik nicht vereinbar ist. Darunter fallen in gleicher Weise links- und rechtsradikale Bestrebungen oder Organisationen.“ Allerdings führte die mitgelieferte Liste verfassungsfeindlicher Organisationen nur zwei aus dem rechten Spektrum auf, während die linke Seite mit elf Organisationen vertreten war.

Obwohl der Erlass sofort auf Kritik stieß, weil er keine Einzelfallprüfungen vorsah und nur auf die formelle Mitgliedschaft in Parteien, Vereinigungen, Gesellschaften und Komitees abhob, kamen der Bund und die Länder sowie auch die Kommunen der Forderung nach einer „unnachsichtigen sofortigen Entfernung“ der „Schuldigen“ aus dem Dienst verbreitet nach: Mehrere tausend Personen – in der Mehrzahl Kommunisten – wurden fristlos entlassen oder aus dem Beamtenverhältnis gedrängt. Doch dabei allein sollte es nicht bleiben.

Im Zuge der 68er-Bewegung rief der Studentenführer Rudi Dutschke die Linke zu einem „Langen Marsch durch die Institutionen“ auf. Daraufhin forderten die seit 1969 in der Opposition befindlichen Parteien CDU und CSU die regierende sozialliberale Koalition auf, die Gefahr einer „Unterwanderung“ durch „Extremisten im öffentlichen Dienst“ zu bannen, obwohl der nach wie vor gültige Adenauer-Erlass diesen Zweck eigentlich bereits hinreichend erfüllte.

Allerdings wollte die von Willy Brandt geführte Regierung demonstrieren, dass ihre neue, versöhnliche Ostpolitik keineswegs zu mehr Milde gegenüber den Kommunisten im eigenen Lande führe. Die Folge war der Beschluss der Bundesregierung und der Regierungen der Länder zur Überprüfung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst vom 28. Januar 1972.

Dieser sogenannte Radikalenerlass sah eine Regelanfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz vor, wenn sich jemand auf eine Stelle im öffentlichen Dienst bewarb. Sollte der Geheimdienst dabei zu der Erkenntnis gelangen, dass der Betreffende in irgendeiner Weise in verfassungsfeindliche Aktivitäten verwickelt sei, wurde die Einstellung verweigert. Außerdem waren Entlassungen von „Radikalen“ möglich. Letztendlich lief der Beschluss auf ein Berufsverbot hinaus, weil den abgelehnten Bewerbern Tätigkeiten wie Lehrer, Postbediensteter oder Eisenbahner praktisch verwehrt blieben.

Während der Zeit der Gültigkeit des Erlasses kam es zu rund dreieinhalb Millionen Anfragen beim Verfassungsschutz, die in etwa 1250 Fällen zur Nichteinstellung der Bewerber führten und des Weiteren mehr als 250 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst zur Folge hatten. Dabei traf es vorwiegend Linke, womit der Radikalenerlass ganz eindeutig in der Tradition des Adenauer-Erlasses stand. So wurden in Bayern zwischen 1973 und 1980 102 Bewerber aus dem linken Spektrum abgelehnt, aber nur zwei, die der rechten Szene angehörten.

Verstoß gegen Menschenrechte
Der Erlass von 1972 stieß auf deutlich mehr öffentlichen Widerstand und Kritik im In- und Ausland als die Direktive der Adenauer-Regierung von 1950, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem sogenannten Extremistenbeschluss vom 22. Mai 1975 bestätigte, dass der Staat von seinen Dienern „mehr als nur eine formal korrekte ... Haltung“ erwarten könne.

So gehöre zu den Pflichten der Beamten und Angestellten zweifellos auch die Distanzierung von Gruppen und Bestrebungen, „die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren“.

Die von linker Seite orchestrierten Proteste gegen den Radikalenerlass führten schließlich zu dessen Aufhebung, die je nach Bundesland zwischen 1985 und 1991 erfolgte. Darüber hinaus entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg am 26. September 1995, also fast auf den Tag genau 45 Jahre nach dem Adenauer-Erlass, dass die bundesdeutsche Praxis gegen die Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) und 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 verstoße. Daher verurteilte das Gericht die Bundesrepublik zur Zahlung von Schadensersatz an die wegen ihrer Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) aus dem Staatsdienst entfernte Lehrerin Dorothea Vogt.

Ungeachtet dessen wird nun wegen der angeblichen Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Partei Alternative für Deutschland (AfD) zur Jagd auf AfD-Mitglieder geblasen, die im öffentlichen Dienst tätig sind. Als Mittel zum Zweck dient diesmal eine Reform des Disziplinarrechtes des Bundes vom April 2024, mit der das aufwendige verwaltungsgerichtliche Disziplinarklageverfahren zur Entlassung angeblicher Verfassungsfeinde durch eine einfache Disziplinarverfügung der zuständigen Behörde ersetzt wurde.

Dabei signalisierten besonders zwei Bundesländer, das Ampel-regierte Rheinland-Pfalz und Bayern mit seiner Regierung aus CSU und Freien Wählern, sich auf diese Weise möglichst schnell von allen AfD-Mitgliedern trennen zu wollen. In Vorbereitung dessen wurde die AfD in das „Verzeichnis extremistischer und extremistisch beeinflusster Organisationen“ aufgenommen. Damit bleibt den eventuell Betroffenen wohl wieder nur eine Klage beim EGMR in Straßburg.


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Kommentare

Gregor Scharf am 23.09.25, 13:08 Uhr

@sitra Achs
Es ist mitnichten Verbitterung. Eher schwingt mit, zu sehen, wie naiv und gleichgültig viele unserer Mitmenschen sind und in die Falle laufen. Bolschewismus und Faschismus sind leider nicht überwunden, spuken in den Köpfen herum oder stehen gerade wieder auf. Für ein souveränes Deutschland reicht es nicht mehr, weil die Landfläche zu klein ist, Bodenschätze kaum vorhanden sind und militärische Stärke zum Schutz völlig vernachlässigt wurde. Der Ausverkauf seiner besten Unternehmen kommt noch hinzu. Das hat System. Die Monopolisierung steht kurz vor seinem Ende. Ich glaube aber an positive Veränderungen. Bezeichnend für 1989 war auch, wie schnell plötzlich so viele Staatsdiener ihre Fahne in den Wind hängten und erneut auf Staatsposten landeten. Das stinkt zum Himmel, weil sie die Ausbeutung fortsetzen konnten und abermals mit daran verdienten. Man schaue nur zur SED/PDS/Linke.
Es gibt viel zu tun, um die Freiheit zu erringen und wirkliche Gerechtigkeit herzustellen. Das wurde seit Schröder/Fischer vorsätzlich zurück gedrängt, weil sie Angst hatten vor den Kräften eines Volkes, das ans Licht strebt.
Meine Hinweise sollen hier und da als Denkanstöße dienen, die Geschichte zu erforschen, die Parallelen zur Gegenwart zu erkennen, wachsam zu bleiben und dagegen zu halten, wenn es zu bunt wird. Dass das System uns das letzte Hemd auszieht, wusste ich nach dem ersten Besuch im Westen. Erklärtes Ziel damals wie heute: Verbesserung der Lebensbedingungen für alle. Dafür habe ich mich in der DDR mit den Genossen angelegt und tue es hier wieder. Niemals still bleiben. Leben auf Knien war nie mein Ding. Ich gehe voran und zeige, wie es besser geht. Wir brauchen unbequeme Menschen. Sie bringen voran, nicht die graue Masse.
Danke für Ihren Standpunkt.

sitra achra am 22.09.25, 11:00 Uhr

@ Gregor Scharf

Ich kann Ihre Wut und Verbitterung gut nachvollziehen. Aber man sollte nicht den Teufel-US-Satan mit dem Beelzebub-Bolschewismus austreiben. Beide Systeme gehören auf den geschichtlichen Müllhaufen.
Ich selbst bin damals innerhalb des Kollegenkreises angefeindet worden, als ich die Frage, ob ich mich über die sogenannte "Wiedervereinigung" freuen würde, negativ beantwortete. Ich hätte mich über die Selbständigkeit einer reformierten DDR gefreut, weil ich nur zu gut wusste, was der Zusammenschluss für Nachteile und Leid für die mitteldeutsche Bevölkerung nach sich führen würde. Die arroganten Aktionen der Besserwessis in der Folgezeit haben meine Einschätzung bestätigt.
Eine spürbare Verbesserung für die Mehrheit der nicht auf Rosen gebetteten Menschen in diesem Land kann es nur durch die Einführung einer direkten Demokratie ohne politische Parteien und deren ideologischen Verstrickungen geben, also eine echte Volksdemokratie. Das bedeutet aber zugleich, dass man sich aus allen unnötigen internationalen wie supranationalen Bindungen (UNO, EU, Nato etc.) löst, um wirklich souverän zu sein.
Man darf ja doch mal träumen dürfen...

Gregor Scharf am 20.09.25, 17:19 Uhr

Die versöhnliche Ostpolitik Brandts verfolgte nachweislich das Ziel, die Kommunisten, den erklärten Feind der Sozialdemokratie, zu täuschen und zu bekämpfen, was mit dem Fall der Mauer vorerst endete.
Ulbricht und Pieck hätten die Sache durchschaut. Ein Honecker und seine Generation ließ sich täuschen. Erst als es zu spät war, wurde ihnen der Sieg der Konterrevolution, wie es Honecker nannte, bewusst. Die Massen freuten sich über die Reisefreiheit und ahnten noch nichts von der zerstörerischen Kraft, die über sie hereinbrechen würde.
Was auch immer sich für eine politische Strömung bilden würde, sei sie noch so human und menschenfreundlich, ist völlig irrelevant, sobald sie an den bestehenden, von den Angelsachsen vorgegebenen Ausbeuterregeln rüttelt, wird sie bekämpft und verboten. Dafür zuständig war und ist die SPD. Hinter der Maske des Antifaschismus verbirgt sich etwas anderes. Wer die Wahrheit sucht, wird ihr eines Tages begegnen und sie finden. Putins Aussage zum Zerfall des Ostblocks trifft ins Schwarze. Seit dem ist Krieg in Europa, erst auf dem Balkan, dann in Georgien, Armenien, . . . Ukraine. Die Völker werden sichtlich gegeneinander ausgespielt und aufeinander gehetzt. Was haben die Arbeiter und Bauern davon? Wer hat davon einen Nutzen?
Der antifaschistische Schutzwall hat zumindest das eine Zeit lang verhindert, aber Knechtschaft und Unfreiheit führen immer zur Rebellion. Das Muster zu ihrer Unterdrückung und Niederschlagung sieht immer gleich aus. Verleumdung, Denunziation, Verfolgung, Folter, Verstümmelung, Ermordung auf bestialische, vertierte Art und Weise, Schauprozesse, Rechtsbeugung. Geschehen nicht nur bei den Nazis, sondern lange vorher in der Weimarer Republik unter der SPD in Berlin oder unter Adenauer in Köln. So sieht deutsche Geschichte aus, ein Leidensweg der unterdrückten Arbeitnehmer bis in die Gegenwart. Und diese genannte Linke ist nichts weiter als eine Chimäre der SPD zur Kanalisierung der Verblendeten. Das sind keine Kommunisten. Thälmann und die Spartakusleute würden sich im Grabe umdrehen.
Kommunisten würden das Konstrukt der Alliierten, die BRD, nicht anerkennen. Für mich war die DDR, heute Ostdeutschland, trotz ihrer Fehler Heimat. Die BRD wird es nie sein, denn sie ist spürbar nicht deutschen Ursprungs und die Regierungen handeln zum Nachteil der indigenen Bevölkerungsgruppen.
Grüsse an die Geheimdienstmitarbeiter, die hier mitlesen. Es wachen immer mehr Menschen auf. Sollen sie zur Rache für ihren Freiheits- und Lebenswillen abermals millionenfach im Krieg vernichtet werden, um das dahinsiechende System noch ein Weilchen am Leben zu halten? Die Show ist bald vorbei. Da muss man sich nicht radikalisieren. Es wird ein Selbstläufer. Was hatten wir doch für Chancen 89 und wie tief sitzt der Verrat an den Ostdeutschen, die man als Hilfsrussen bezeichnet hat oder an den Russen, die uns im Vertrauen haben gehenlassen?
Gorbatschows Worte: „Habt Ihr Immer noch nicht genug.“, klingen mir in den Ohren.
Wer nicht hören will, muss fühlen. Schade um die vielen Ahnungslosen und guten Menschen, die für eine Hand voll Dollar zum Spielball werden.

Valentina Selge am 18.09.25, 07:46 Uhr

Was für ein genialer Artikel - die Meinung des "Mainstream" in Westdeutschland ist soweit mit Propaganda durchseucht, daß viele der Meinung sind, bei der AfD handele es dich im "Aussätzige".
Es schockiert mich, es sind - man kann es glauben - Menschen.
Bei dem Handeln Israels kommen Zweifel auf, ob dort Menschen regieren - nun stand Bundeskanzler Merz mit Tränen im der Wiedereröffnung einer Synagoge.
Tatsächlich scheint es sich beim Plattmachen in Gaza um ein Abrissprojekt für einem neuem Weltraum-Bahnhof zu handeln, Israel hat keinen Platz im eigenem Land dafür.
Da können einem Bundeskanzler doch Tränen kommen, weil die Israelis gefährdet sind durch das Handeln ihrer eigenen Regierung. Das geht dem Deutschen übrigens nicht anders.

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