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Im Schatten von Grünberg haben sich mit der Zeit neue Weingüter in Niederschlesien entwickelt
Sie schießen wie Pilze aus dem Boden – Weingüter in der Woiwodschaft Niederschlesien. Mehr als 50 Keltereien sind in dieser Region zu finden, zu der aber nicht die Hochburg des Weinanbaus Grünberg [Zielona Góra] gezählt wird. Endlich ist das nördlichste deutsche Weinbaugebiet wieder angesagt. Das wirkt mittlerweile weit über diese Region hinaus. Seit der Gebietsreform mit der Neubildung größerer Woiwodschaften von 1999 teilen sich Grünberg und das etwa gleich große Landsberg an der Warthe [Gorzów Wlkp.] die Hauptstadtfunktion der Woiwodschaft Lebus – aufgrund dieser gehört das schlesische Weingebiet um Grünberg in den Köpfen der Polen jedoch nicht mehr zu Niederschlesien. Deshalb belegt das „benachbarte“ polnische Niederschlesien ohne Grünberg eben nur den 3. Platz im Ranking der Weingüter im polnischen Winzerverband hinter Kleinpolen und Lebus mit dem Zugpferd Grünberg.
Die meisten Weinkeller der niederschlesischen Woiwodschaft findet man nördlich von Breslau in der Nähe von Trebnitz [Trzebnica], südlich von Breslau um den Zobten [Ślęża] herum und im Westen auf der Höhe von Liegnitz [Legnica], unweit von Glogau [Glogów] und bei Goldberg [Złotoryja]. Einige Weinkeller kann man mit der Bahn erreichen, andere bieten Unterkünfte vor Ort an, wodurch man bei Weinverkostungen tiefer ins Glas schauen kann.
Etwa eine Stunde Bahnfahrt von Breslau Richtung Schweidnitz [Świdnica] liegt die Bahnstation Bunzelwitz [Bolesławice]. Die gehört zur Gemeinde Königszelt [Jaworzyna Śląska]. Etwa zehn Minuten Fußweg von der Bahnstation Bunzelwitz entfernt erreicht man Teichenau [Bagieniec], wo sich auf dem Weingut Silesian drei Generationen um den Rebsaft kümmern. Begonnen hatte alles vor mehr als 30 Jahren, als Landwirt Jarek hier hauptsächlich Getreide und nebenher Wein anbaute. Sein Lieblingswein sei der Souvignier Gris 2018, so der Weingutgründer. Diese Sorte, sagt er, sei dank ihrer dicken Haut gegen Krankheiten besonders resistent. Die Seniorin der Familie, Ludwika Mazurek (84), ist die erfahrenste Weinkennerin der Familie. Seit den 80er Jahren beschäftigt sie sich mit dem Weinbau, während Enkelin Marysia erst beginnt, in die Fußstapfen der Großmutter zu treten. Derzeit studiert sie in Margaret River, Australien, Weinwirtschaft. Die zweite Enkelin Sonia arbeitet bereits mit ihrem dänischen Verlobten Esben Madsen im Familienunternehmen. Und dann ist da noch Mama Viola. In ihrem beruflichen Leben hat sie sich dem Journalismus und der Kultur verschrieben, aber auch sie hatte dem Familiengeschäft nicht entfliehen können. So verbindet sie beides, indem sie Veranstaltungen organisiert, zu denen sie niederschlesische Künstler einlädt.
Fährt man von Breslau Richtung Liegnitz, erreicht man nach etwa 20 Minuten Fahrt den Bahnhof Nimkau [Miękinia]. Von dort liegt zehn Minuten Fußweg entfernt das Weingut von Ewa und Lech Jaworek. Als Standort wählten die Eheleute ein historisches Herrenhaus von 1903. Dort richteten sie vor 23 Jahren ihren Weinkeller, Lager-, Gär- und Abfüllräume sowie eine Verkostungsstube mit Terrasse ein. Nur 500 Meter vom Herrenhaus entfernt gedeihen die Reben. Einen zweiten, kleineren Weinberg bewirtschaften die Jaworeks im Katzengebirge.
Etwa eine Stunde Zugfahrt von Breslau in Richtung Militsch [Milicz] erreicht man in Kraschnitz [Krośnice] das Weingut Anna im malerischen Bartschtal, nur zehn Kilometer von Militsch entfernt. 2014 hatte Dariusz Przerwa die ersten Rebstöcke gepflanzt. Das Weingut der Familie Przerwa wurde nach der jüngsten Tochter benannt. Familienoberhaupt Dariusz berichtet seinen Gästen vom Pflücken der Trauben von Hand und wie man sie behutsam in die Kisten legt, damit sie unbeschädigt die Kellerei erreichen. Da die Przerwas keine Massenproduktion haben, können sie kein standardisiertes Produkt auf den Markt bringen, erklärt Dariusz, aber man produziere dort Weine ohne Stabilisatoren, Konservierungsstoffe und Zusätze jeglicher Art, betont er.
Ähnliche Familiengüter findet man in Trebnitz (Weingut 55–100), nördlich von Goldberg (Weingut Agat) oder das Weingut Hedwig in Sponsberg (Winnica Jadwiga Ozorowice) an der Bahntrasse nach Trachenberg [Żmigród].