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Streit um Vertriebszentrum des deutschen Discounters weitet sich zur nationalen Frage aus
Angefangen hatte es im Januar dieses Jahres mit zwei Petitionen beim Gemeindeamt in Dietrichswalde. Es geht um ein Vertriebszentrum der Firma Lidl mit einer Fläche von 40 Hektar und einer Halle von 80.000 Quadratmetern, das an der Kreisstraße zwischen Dietrichswalde und Leyßen entstehen soll. Eine Petition war dafür, die andere dagegen. Aus diesem Konflikt entwickelte sich eine bewusst geschürte Auseinandersetzung, die zu einer nationalen Frage erhoben wurde.
Die Gemeinde Dietrichswalde und die in der unterstützenden Petition versammelte Mehrheit ihrer Einwohner erhofft sich durch die Investition Arbeitsplätze für 250 Personen sowie Einnahmen von umgerechnet etwa 680.000 Euro in diesem und jeweils etwa 450.000 Euro in den Folgejahren. Die Gegner befürchten eine Zerstörung der Landschaft und Lastwagenverkehr, darüber hinaus soll angeblich auf der Fläche eine Mülldeponie entstehen.
Eine Halle mit 80.000 Quadratmetern sieht in der Landschaft nicht gerade schön aus. Jedoch liegen auf derselben Seite der an Dietrichswalde vorbeiführenden Bundesstraße Allenstein–Osterode zwei Tankstellen und weitere kleinere Gewerbegebäude deutlich sichtbar und weit verstreut. Die Bundesstraße ist zudem stark befahren, sodass die zusätzlichen Lastwagen nicht ins Gewicht fallen sollten, argumentieren die Befürworter. Ergänzend dazu informierten das Gemeindeamt und die Firma Lidl, dass auf der Fläche Abfall aus den Filialen lediglich für den weiteren Transport gesammelt, also dort nicht verbleiben wird.
Eine weitere Befürchtung betrifft mehrere Dutzend Bäume entlang der Kreisstraße, die bei deren Ausbau bis zum Vertriebszentrum gefällt werden könnten. Diese kurze Allee ist im Register des Denkmalpflegeamtes der Woiwodschaft registriert.
Die Lösung der sachlichen Einwände der Gegner des Vorhabens scheint aber nicht deren Ziel zu sein. Die Mehrheit der Gemeindevertretung äußerte sich positiv, also versuchten die Gegner über ein Referendum die Abwahl des Gemeindevorstehers Jan Kasprowicz zu erreichen. Vom 14. Februar bis Mitte April mussten sie die Unterschriften von zehn Prozent der Wahlberechtigten bekommen, die nötig sind, damit ein Referendum abgehalten wird. Ende April entschied das Landeswahlbüro in Allenstein nach eingehender Prüfung, dass die für ein Referendum erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht wurde. Das Komitee zur Verteidigung von Dietrichswalde mit Jacek Wiącek an der Spitze machte dann Anfang Mai anders mobil.
Referendum zur Abwahl des Gemeindevorstehers scheiterte
Es hatte Gläubige aus der gesamten Republik Polen zu einem Wallfahrtsprotest gegen die Investition aufgerufen. Etwa hundert Teilnehmer übergaben im Gemeindeamt eine Petition zur „Verteidigung des Throns der Gottesmutter in
Dietrichswalde“ – ein Ort wie dieser käme für eine solche Investition, die über ganz Dietrichswalde thronen werde, nicht in Frage. Ihre Aussage, „wir sind die Kirche und erlauben nicht, aus Dietrichswalde eine Müllhalde zu machen“ (Zitat: Radio Olsztyn) trug mit Sicherheit nicht zu einer Deeskalation der Situation bei. Wie Gemeindevorsteher Kasprowicz anmerkte, kann von „thronen“ keine Rede sein, das Vertriebszentrum liege auf der anderen Seite der Hauptstraße hinter einem Wäldchen und einem Hügel und sei nach dem Lageplan vom Ort aus nicht einmal zu sehen.
Mit den Argumenten der Kirche, des Rosenkranzes und des einzigen anerkannten Erscheinungsortes der Gottesmutter Maria im Rücken kam es Anfang Juni zu einer weiteren Demonstration mit 300 bis 400 Personen, von denen nur ein sehr geringer Teil aus Dietrichswalde und Umgebung kam (Quelle: „Gazeta Olsztyńska“). Protestrufe richteten sich auch gegen den Vorstand des Sanktuariums in Dietrichswalde, der sich von der Manifestation distanziert hatte, es fielen aber auch nationalistische und fremdenfeindliche Parolen gegen die „deutsche Investition“.
In einem weiteren eskalierenden Schritt wandten sich die Gegner einen weiteren Monat später an den ermländisch-masurischen Woiwoden Artur Chojecki, der die Erlaubnis des Landrats des Kreises Allenstein, Andrzej Abako, für den Bau des Vertriebszentrums aufhob, wogegen dieser wiederum Einspruch erhob, die Erlaubnis aber dennoch neu prüfen ließ. Das Verwaltungsgericht der Woiwodschaft hob Mitte September die Entscheidung des Woiwoden auf, der ankündigte, er werde die Gültigkeit der Bauerlaubnis prüfen lassen. Gleichzeitig verlangte das Komitee zur Verteidigung von Dietrichswalde im August bei einer Demonstration in Allenstein die Aufhebung des Umweltgutachtens und vom Landwirtschaftsministerium sogar die Aufhebung der Umwidmung der Landnutzung für den Grund unter der Investition. Wie diese vorgeschlagenen Eingriffe in planungsrechtliche Verfahren funktionieren sollen, sei dahingestellt. Zwar können die Investoren nach dem Urteil des Gerichts erst einmal aufatmen, und nach den Wahlen zum Sejm sieht es danach aus, als ob die Woiwodschaft Ermland-Masuren einen neuen Woiwoden bekommen würde.
Der Streit jedoch ist noch nicht zu Ende.
sitra achra am 08.11.23, 17:23 Uhr
Irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass der Baugrund ein Schnäppchen war. Anders kann ich mir die Ansiedlung des Verteilerzentrums in diesem abgelegenen Kaff nicht vorstellen.