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Misserfolge im Ukrainekrieg, Wagner-Putsch und Kritik an der Führung – Verhaftungen sind die Folge
Statt entschlossen zu handeln und den Wagner-Putsch niederzuschlagen, verfiel die russische Regierung in Agonie. Von Putin war tagelang nichts zu hören. Es habe „absolute Bestürzung und Verwirrung“ geherrscht. So will es die „Washington Post“ unter Berufung auf ukrainische und andere europäische Sicherheitskräfte erfahren haben.
Die Repressionen gegenüber Meinungsäußerungen nehmen seitdem zu, selbst ehemalige Verbündete Putins können vor Verfolgung nicht sicher sein, wie jüngst die Verhaftung des ehemaligen Offiziers des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Igor Girkin, beweist, der Putin indirekt als Versager bezeichnet hatte. Auch Girkins Verbündeten Pawel Gubarew, ehemaliger Volksgouverneur der selbsternannten Volksrepublik Donezk, traf es. Er wurde wegen „Extremismus“ angeklagt. Neben zahlreichen Generälen verfolgen die Moskauer Strafbehörden zunehmend auch Zivilisten. Wegen angeblicher „Rechtfertigung von Terrorismus“ muss sich der bekannte Soziologe Boris Kagarlizkij vor Gericht verantworten.
Zuletzt lehrte er an der Moskauer Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, geriet jedoch wegen seiner Zusammenarbeit mit der deutschen Rosa-Luxemburg-Stiftung ins Visier der Behörden. Seine Verhaftung erfolgte nach Kagarlizkijs Korruptionsanschuldigungen im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Krim-Brücke.
Allzweckwaffe Extremismus-Vorwurf
Im Mai wurden die Dichterin und Theaterregisseurin Jewgenja Berkowitsch und die Dramaturgin Swetlana Petrijtschukverhaftet, weil sie ein Antiterrorstück aufgeführt hatten, das ihnen als „Rechtfertigung von Terrorismus“ ausgelegt wurde. Dem Extremismus-Vorwurf sehen sich sogar die sogenannten Soldatenmütter ausgesetzt. Die Vorsitzende Olga Zukanowa, die sich um die Belange von Soldaten und deren Familien gekümmert hatte, kündigte die Auflösung ihres Vereins an, da sie es ablehnt, sich als „Ausländischer Agent“ stigmatisieren zu lassen.
Mit der Einführung der Kategorie „Ausländischer Agent“ wurde die Pressefreiheit schon seit Längerem massiv eingeschränkt. In der Folge verließen einige kritische Medien wie „Doschd“ und „Meduza“ Russland, die St. Petersburger Nachrichtenagentur „Rosbalt“ muss jeden ihrer Artikel als vom Ausland finanziert kennzeichnen.
Vor dem Hintergrund, dass auch die Strafen für „Fake News“ (Falschmeldungen) verschärft wurden, lässt ein Fall aufhorchen, der in der Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ („NG“) veröffentlicht wurde. Die „NG“ lieferte sich einen Schlagabtausch mit dem russischen Außenministerium, dessen Leitung dem Blatt die Verbreitung von Fake News vorgeworfen hatte.
Die „Nesawissimaja Gaseta“ beweist erstaunlichen Mut
In einem Artikel vom 19. Juli hatte das Blatt die für Russland negativen Folgen eines von Duma-Abgeordneten geforderten sofortigen Gas-Transitstopps über das Territorium der Ukraine als Antwort auf die Sprengung der Krim-Brücke erörtert. Das Außenministerium warf der „NG“ daraufhin spekulativen Pseudojournalismus vor. Russische Beamte hätten sich nie in dieser Weise geäußert, sondern die russische Seite halte sich an ihre Verpflichtungen.
Der Herausgeber und Chefredakteur der „NG“, Konstantin Remtschukow, zeigte Mut, indem er den Brief des Außenministeriums in voller Länge abdruckte und Äußerungen namhafter Politiker wie des Außenministers Sergej Lawrow oder von Sergej Mironow, dem Vorsitzenden der Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ zitierte, welche die Richtigkeit der Aussagen im Artikel dokumentieren.
Das wirft die Frage auf, wie Remtschukow sich eine öffentliche Konfrontation mit dem Außenministerium leisten kann, ohne seine Verhaftung zu riskieren. Der Politiker und Geschäftsmann spielt eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben der Hauptstadt. Er war Duma-Abgeordneter, Vorsitzender der Gesellschaftskammer und leitete den Gesellschaftlichen Rat für Fragen des Beitritts Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO). 2018 arbeitete er im Wahlkampfstab des heutigen Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin mit. Offenbar ist Remtschukow einer der Wenigen, die auf mächtige Unterstützer zählen können.
Die zunehmenden Repressalien lassen auf eine wachsende Nervosität der Putin- Regierung schließen, deren Ringen um den Machterhalt in Zukunft schwieriger werden könnte. Die Unordnung während des Wagner-Aufstands habe Putin erheblich geschwächt, so Kritiker. Der Ukrainekrieg lässt sich nicht länger als „militärische Spezialoperation“ verkaufen. Selbst in Sendungen von Putins Star-Propagandisten Wladimir Solowjow nehmen Gäste ungeniert das Wort Krieg in den Mund.
Auch in der Bevölkerung scheint der Ukrainekrieg unpopulärer zu werden. Im September steht der „einheitliche Tag der Wahlen“ bevor, bei denen die regionalen Parlamente gewählt werden. Umfragen deuten darauf hin, dass alle Parteien an Popularität eingebüßt haben. Ein Drittel gab an, nicht mehr wählen zu wollen. Kein gutes Omen für die Präsidentschaftswahl im März 2024. Das kürzlich verabschiedete Gesetz zur Ausweitung der Wehrpflicht, demzufolge auch 30-Jährige zum Militärdienst eingezogen werden können, dürfte das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung zusätzlich schüren.
Gregor Scharf am 03.08.23, 13:40 Uhr
Wenn die Russen etwas auszeichnet, dann ist das Nervenstärke, selbst dann, wenn es eng wird.
Mir ist während all der sportlichen Wettkämpfe im militärischen oder im zivilen Bereich auch noch kein Russe begegnet, der nicht Präsenz und Nervenstärke gezeigt hat.
E. Berger am 03.08.23, 11:04 Uhr
Sicherlich, ukrainische Sicherheitskräfte sind äusserst zuverlässige Quellen, wenn es um die Beurteilung innerrussischer Vorgänge geht.
Was die Thematik "ausländischer Agent" und Pressefreiheit angeht, möchte ich mal an den "Foreign Agents Registration Act" (FARA) erinnern, der in den USA die gleiche Funktion hat.
Und mit der europäischen und damit auch der deutschen Pressefreiheit ist es auch nicht so weit her, wenn ich an das Verbot von RT oder den "Action Plan against Disinformation" der EU denke.
Konrad Udinger am 02.08.23, 11:47 Uhr
Haben Sie Reporter in Moskau oder woher haben Sie ihre Informationen?
Klingt mir alles sehr nach Hörensagen, aber nicht nach unabhängiger Presse. Sorry!
Wenn Putin schwache Nerven hätte, dann wären schon längst ein paar Nuklearsprengsätze explodiert, mindestens in der Ukraine.