23.07.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Powunden: Konzertbesucher in der Kirchenruine (l.) und das wiederentdeckte Fresko (r.)
Bilder: Julia WlassowaPowunden: Konzertbesucher in der Kirchenruine (l.) und das wiederentdeckte Fresko (r.)

Powunden

Musik in der St.-Barbara-Kirche

„Musikalische Expedition“ – ein Musikfestival, das an verschiedenen Orten der Region stattfindet

Carsten Kallweit
23.07.2025

Das erste Festival „Musikalische Expedition“ fand dieses Jahr im Königsberger Gebiet statt. Musikalische Reisen wurden vor einigen Jahren vom berühmten russischen Cellisten Boris Andrianow ins Leben gerufen. Die Idee des Projekts ist es, Musik an Orte zu bringen, an denen sie normalerweise nicht zu hören ist. Weltklasse-Musiker gaben bereits Konzerte in verschiedenen Teilen der Region und wählten die ungewöhnlichsten Konzertorte aus. Im nördlichen Ostpreußen fanden im Rahmen des Projekts Konzerte in Insterburg, im Kant-Museum in Judtschen, in der Ruine der St.-Barbara-Kirche in Powunden, im Fort „Dönhoff“ sowie in der Ordensburg Balga statt.

Besonders gut besucht war das Konzert in Powunden: Die Gäste hatten sich hier sehr zahlreich zu einem Konzert von Andrianows Kammerorchester versammelt, trotz des schlechten Wetters. Für viele war der Besuch in Powunden die erste Begegnung mit der Kirche, die durch ein bis heute erhaltenes mittelalterliches Fresko berühmt ist.

Malerei aus dem 14. Jahrhundert zufällig entdeckt
Es handelt sich um ein Wandgemälde aus dem 14. Jahrhundert, das erst kürzlich hier entdeckt wurde: 2006 löste sich der Putz an einer Wand im Kirchenschiff, und darunter kam das Gesicht eines Mannes zum Vorschein, der in der rechten Hand ein Schwert und in der linken ein Band mit einer Inschrift hielt. Ein Sachverständiger aus der St. Petersburger Eremitage wurde eingeladen, der die Inschriften zuordnete und den man als Apostel Paulus identifizierte. Die Freiwilligenbewegung „Hüter der Ruinen“ hat dazu viel beigetragen, dass das Fresko erhalten bleibt.

Der Haupteingang der Kirche mit dem erhaltenen Spitzbogen war an dem Tag des Konzertes, wie es sonst an Feiertagen üblich ist, geschlossen, sodass die Gäste die Kirchenruine über den Seiteneingang betreten mussten. Obwohl die Stühle mit dem Rücken zum alten Wandgemälde standen, blieb das Interesse des Publikums bestehen: Die Gäste bemühten sich, das Wandgemälde anzusehen und zu fotografieren.

Das Motto des stilvollen Konzerts lautete „Zurück in die Zukunft oder Vorwärts in die Vergangenheit“. Dieser Leitspruch ist kein Zufall: Für die 700 Jahre alten Mauern der Kirche ist die Musik aus dem Künstlerprogramm Zukunftsmusik – sie ist nämlich 400 Jahre jünger.

Andrianow eröffnete das Konzert mit einem Präludium aus Bachs Dritter Cellosuite. Gleichzeitig spannte das Publikum seine Regenschirme auf, da es begonnen hatte zu regnen – die alte Kirchenruine hat kein Dach, nur die Außenmauern sind erhalten. Der aufkommende Wind zwang den Künstler, kurz innezuhalten, um sein wertvolles Musikinstrument vor dem Regen zu schützen. Die Wetterbedingungen konnten die Stimmung des Publikums jedoch keineswegs trüben.

Ein Musikwissenschaftler moderierte nicht nur das Konzert, sondern half dem Publikum versiert, ganz in die Kunst- und Musikgeschichte einzutauchen. Vogelgesang, die Geräusche der landenden Flugzeuge in dem naheliegenden Flughafen Powunden [Chrabrowo] und das Rascheln der Blätter halfen ihm dabei. Diese Synthese aus Natur und Musik mutete ganz besonders an.

Das Konzertfinale in der Dämmerung wurde dann freundlich heiter: Die Musiker beendeten das Konzert mit einer gemeinsamen Aufführung von Jean-Féry Rebels turbulenter Tanzsuite „Les Caractères de la danse“.

Zum Schluss sprach der Moderator über die Ewigkeit der Musik und ihre Vorteile im Vergleich zu Gebäuden: „Alte Musik hat mehr Glück als Architektur. Jedes Mal, wenn sie gespielt wird, erwacht sie wie Phönix aus der Asche zum Leben. Möge dieses Konzert ein musikalischer Zauber sein, der sich an diese Mauern richtet, mit dem Ziel, diese Kirche eines Tages so lebendig wie die Musik zu sehen.“

„Hüter der Ruinen“ trugen zur Rettung der Kirche bei
Die St.-Barbara-Kirche wurde 1324 erbaut und später mehrmals umgebaut und restauriert. Die Kirche wurde 1325 erstmals urkundlich erwähnt. Das Kirchenschiff entstand zwischen 1324 und 1350, der Chor im späten 14. Jahrhundert und die Sakristei im Südwesten im 15. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Kirche intakt und wurde als Kulturhaus genutzt. Nach seiner Schließung wurde das Gebäude in den 1970er Jahren vermutlich von Kindern in Brand gesteckt und beinahe abgetragen. 2006 löste sich eine während der Sowjetzeit aufgetragene Putzschicht von der Kirchenwand. Unter dieser Schicht wurde das alte Fresko entdeckt. 2007 erhielt die Kirche den Status eines „Kulturerbes von regionaler Bedeutung“. Im März 2010 wurde sie der Russisch-Orthodoxen Kirche übertragen.

Anfang 2022 beteiligte sich der Besitzer der Käserei im naheliegenden Schaaken an der Rettung der St.-Barbara-Kirche. Gleichzeitig erklärte er, dass die Russisch-Orthodoxe Kirche ihm die Kirchenruine zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung stelle. Geplant ist, den Altarbereich zu renovieren und vier Ikonen aufzustellen. 2024 hat die Freiwilligenbewegung „Hüter der Ruinen“ diese historische Stätte in Ordnung gebracht und eine Rasenfläche um die Kirche angelegt.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS