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Wie ein längst abgewählter Zeitgeist noch immer die Politik der Gegenwart prägt
Manchmal kommen wahre Worte ja auch aus der sogenannten Provinz. So resümierte der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Andreas Bühl, letzte Woche die politische Großwetterlage: „Über Jahre hat sich in Deutschland eine politische Kultur etabliert, in der konservative Positionen nicht mehr argumentativ widerlegt, sondern kategorisch delegitimiert wurden. Migration, Identitätspolitik, Gender-Fragen und Umweltpolitik entwickelten sich von Feldern demokratischer Auseinandersetzung zu quasireligiösen Glaubenssätzen einer links-grünen Meinungshegemonie. Kritische Fragen wurden reflexhaft als ,rechts' markiert, Skepsis als moralisches Versagen gedeutet, abweichende Meinungen nicht kritisch reflektiert, sondern ungehört abgelehnt.“
Der Shitstorm kam pünktlich
Zuweilen ist aber auch der Blick in ein befreundetes Nachbarland hilfreich, um Zustände bei uns zu verstehen – zum Beispiel in die Schweiz. Ein Freibad, auf Helvetisch ein „Badi“, im kleinen Ort Pruntrut im westschweizerischen Kanton Jura hat jüngst für große Aufregung gesorgt, weil es für Juli und August allen ausländischen Gästen den Eintritt untersagte; es sei denn, sie hätten eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis. Der praktische Effekt dieser gewiss harten Maßnahme war überwältigend: Das schöne Freibad wurde wieder zur Oase von Ruhe und Erholung, so, wie es sein soll. Bis dahin hatte es ganz anders ausgesehen: Weibliche Badegäste wurden belästigt, junge Männer stiegen über Zäune, und es herrschte insgesamt eine aggressive Stimmung. Die Männer kamen aus wenige Kilometer entfernten ostfranzösischen Städten und waren meist nordafrikanischer Herkunft.
SVP-Nationalrat Benjamin Fischer sagte dazu: „Das Problem existiert nicht nur im Jura, sondern auch an ganz vielen anderen Orten in der Schweiz. Die Freibäder sind zu freien Jagdgebieten für junge Männer geworden, die eine andere kulturelle Prägung haben und nicht gewohnt sind, dass junge Frauen sich ganz normal im Bikini in der Badi aufhalten.“
Es war natürlich unvermeidlich, dass sich auch in der Schweiz sogleich die üblichen Verdächtigen aus dem links-rot-grünen Milieu meldeten und vor „Rassismus“, „Ausgrenzung“ und „Diskriminierung“ warnten. Das übliche Ablenkungsprogramm, das den Kern der Sache ignoriert. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die Augen fest verschlossen, bloß nicht darüber reden, aber die anderen moralisch abqualifizieren, wenn sie darüber sprechen wollen. Die Schweigespirale unterm Regenbogen trägt religiöse Züge.
Ginge es nur um Tatsachen, könnte man einfach den Artikel der renommierten Pariser Tageszeitung „Le Monde“ zur Kenntnis nehmen, der vergangene Woche über eine Umfrage des marokkanischen „Zentrums für Bürgerrechte“ berichtet hat. Diese ergab, dass fast 75 Prozent der rund tausend Befragten die sexuelle Belästigung von Frauen als größtes Problem in Marokko ansehen. Nur eine Sache schien der großen Mehrheit – 80 Prozent – noch schlimmer: der Dreck auf den Straßen. Hintergrund: 2030 findet dort, zusammen mit Spanien und Portugal, die Fußballweltmeisterschaft statt.
Dabei geht es ja gar nicht um Hautfarbe oder ethnische Herkunft der Täter, ob im Freibad, auf der Straße, im ICE, in der Schule oder sonst wo, sondern um ihr konkretes Benehmen, ihre eigenen rassistischen und sexistischen Stereotype, etwa gegenüber weißen Frauen, sowie ihr respektloses Macho-Verhalten, das allerdings aus der durch und durch patriarchalisch geprägten Kultur ihrer Herkunftsländer, genauer: ihrer Gesellschaften kommt, die allesamt islamisch dominiert sind. Weibliche Sexualität wird in der Öffentlichkeit komplett tabuisiert, bildlich gesprochen „verschleiert“. So ist auch die männliche Sexualität weithin unterdrückt, deformiert, in zwanghafte Bahnen gelenkt.
Das Schweigen des Bürgertums
Es ist eine islamisch-patriarchale Kultur, die in direktem Widerspruch zur westeuropäischen „Zivilgesellschaft“ steht, die so stolz ist auf ihre „Buntheit“ im Modus des Regenbogens, auf Toleranz, sexuelle Selbstbestimmung und die Freiheit, sich sogar das eigene Geschlecht selbst aussuchen zu dürfen.
Warum also bestreitet sogar die alerte christdemokratische Bildungssenatorin in Berlin, Katharina Günther-Wünsch, dass es zu gravierenden Konflikten in Schulen kommen kann, wenn der Anteil dieser problematischen Macho-Klientel zu groß wird? In der „rbb24-Abendschau“ schob sie letzte Woche das Thema „Obergrenze“ blitzschnell beiseite – sie, die im Fall des von muslimischen Schülern drangsalierten schwulen Lehrers einer Berliner Grundschule sehr lange untätig blieb und sich später entschuldigen musste.
Woher kommt also diese ideologische, zugleich angsterfüllte Selbstimmunisierung gegen offensichtliche Probleme, Konflikte und Gefahren, die den sonst so phrasenhaft herbeizitierten „Zusammenhalt“ der Gesellschaft akut bedrohen? Warum lösen „Reichsbürger“ im fortgeschrittenen Rentneralter umfangreiche Polizeirazzien, Inhaftierungen und Strafprozesse aus, nicht aber Tausende islamistische Demonstranten, die die Hamas feiern und ein Kalifat, also ein islamisches Terror-Regime in Deutschland fordern? Warum wird man nicht unruhig angesichts der Tatsache, dass, wie vergangene Woche herauskam, in Berlin der „Einbürgerungs-Turbo“ angeworfen worden ist und der deutsche Pass quasi per Mausklick online gebucht werden kann, auch wenn man erst ein paar Jahre im Land ist, nur gebrochen Deutsch spricht und erst beim Abholen des begehrten Dokuments im Amt persönlich erscheinen muss?
Rot-grüne Zitadellen
Eine triftige Antwort fällt schwer. Am ehesten könnte man es als das Syndrom einer moralisierenden Weltsicht identifizieren, die dem entspricht, was der Soziologe Max Weber einst „Gesinnungsethik“ genannt hat. Ihr Antipode ist jene Verantwortungsethik, die stets die Folgen dessen bedenkt, was schön, gut und wünschbar erscheint.
Und so liegt über den ersten zwei Monaten der Kanzlerschaft von Friedrich Merz und seiner schwarz-roten, aus der puren Not geborenen Koalition immer noch der Firnis des rot-grünen Zeitgeists, dessen Zitadellen in Medien, Kultur, NGOs und akademisch-universitären Milieus nach wie vor wie unverrückbar in der politischen Landschaft stehen. Der Koalitionsstreit über die Wahl neuer Bundesverfassungsrichter zeigt, dass der Kulturkampf zwischen Links-rot-grün und Liberal-konservativ gerade erst begonnen hat.
Reinhard Mohr ist freier Autor und schreibt unter anderem für „Die Welt“ und die „Neue Zürcher Zeitung“. Vor Kurzem
erschien die Fortsetzung seines mit Henryk M. Broder geschriebenen Bestsellers „Durchs irre Germanistan. Notizen aus der Ampel-Republik“ (2023) unter dem Titel „Good Morning Germanistan! Wird jetzt alles besser?“ (beide Europa Verlag). www.europa-verlag.com