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Schleswig-Holsteinische Erhebung

„Na alter Junge, habe ich es Dir recht gemacht?“

Militärisch erfolgreich, aber international unter Druck kam Friedrich Wilhelm  IV. von Preußen Friedrich VII. von Dänemark vor 175 Jahren im Waffenstillstand von Malmö sehr entgegen

Fedor M. Mrozek
28.08.2023

Ausgehend von der Pariser Februarrevolution erfasste 1848 eine Welle nationaler und liberaler Bewegungen das europäische Festland, erreichte im März mit dem ersten von drei Aufständen in Wien das Kaisertum Österreich als Präsidialmacht des Deutschen Bundes und am 18. des Monats mit Barrikadenkämpfen in Berlin das Königreich Preußen als rivalisierende Vormacht sowie mit der Schleswig-Holsteinischen Erhebung das Herzogtum Holstein, wo am 24. März in Kiel eine Provisorische Regierung ausgerufen wurde. Letztere beanspruchte die Exekutive nicht nur für den nördlichsten Gliedstaat des Deutschen Bundes, sondern ebenso für das Herzogtum Schleswig, denn beide Gebiete waren bis dato in Personalunion vom dänischen König regiert worden und fürchteten um ihre seit dem Ripener Privileg von 1460 verbriefte staatsrechtliche Verbindung in einer Realunion, auf dass sie auf ewig ungeteilt zusammenblieben („dat se bliven ewich tosamende ungedelt“).

Die Sorge rührte daher, dass zwei Tage zuvor in Kopenhagen ein sogenanntes eiderdänisches Ministerium berufen worden war, das danach trachtete, das autonome Herzogtum Schleswig zwischen der Königsau im Norden und der Eider als südlichem Grenzfluss in das Königreich Dänemark einzuverleiben. Schon am 11. März hatte eine Volksversammlung im Kopenhagener Kasino-Theater unter der Führung von Orla Lehmann die Forderung nach einer liberalen Verfassung unter Einschluss von Schleswig aufgebracht. Eine Woche darauf richteten die schleswigschen und holsteinischen Ständeversammlungen in Rendsburg eine Petition an den König und Herzog zur Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund und zur Gewährung einer gemeinsamen Verfassung beider Herzogtümer auf freiheitlicher Grundlage. Das nahm der Demagoge Lehmann zum Vorwand, um König Friedrich VII. am 22. März unter dem Vorhalt, „die Nation nicht zu verzweifelter Selbsthilfe treiben“ zu lassen, ein Kabinett unter seiner Beteiligung, mithin eine „Kasino-Regierung“, aufzunötigen.

So erklärt sich die Einlassung der Provisorischen Regierung in Kiel, die mit den Worten des Grafen Friedrich von Reventlou, dargebracht von seinem Kabinettskollegen Wilhelm Hartwig Beseler, in der Proklamation vom 24. März nach dem feierlichen Geläut von Sankt Nikolai um 2 Uhr morgens vor dem Kieler Rathaus konstatiert, der angestammte Herzog sei unfrei und man wolle sich dem deutschen Einheits- und Freiheitsstreben anschließen (siehe PAZ vom 24. März).

Preußischer Einmarsch in Jütland
Bereits wenige Stunden danach begannen die kriegerischen Handlungen mit einem Überraschungscoup des Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein, genannt Prinz von Noer, der an der Spitze der Kieler Garnison, gefolgt von Turnern und Studenten, mit einem Sonderzug nach Rendsburg bis in die Landeshauptfestung fuhr und sie ohne jedes Blutvergießen im Handstreich nahm, woraufhin der Großteil der dortigen Besatzung zu ihm überging.

Mit diesem Faustpfand gestärkt, unternahm die Provisorische Regierung unter der Führung von Theodor Olshausen und Beseler den letzten Versuch einer friedlichen Lösung, indem sie am 31. März 1848 eine „Ansprache an die Dänische Nation“ richtete und in juristisch-revolutionärer Weise das Selbstbestimmungsrecht der Völker durch Plebiszit propagierte: „Wir wollen nur unsere Nationalität schützen, nicht fremde Nationalität angreifen! Mag der Norden Schleswigs sich demnächst frei erklären, ob er als Provinz dem Dänischen Staate einverleibt werden oder dem Deutschen Vaterlande folgen wolle – wir werden seinem Willen keinen Zwang anthun!“ Der Ansatz zur Volksabstimmung verhallte jedoch ungehört und fand erst im 20. Jahrhundert Eingang in das Völkerrecht.

Nun schien sich ein Kampf David gegen Goliath anzubahnen, wie sich am 9. April nordwestlich von Flensburg (bei der Ortschaft Bau) zeigte, als die zahlenmäßig unterlegenen schleswig-holsteinischen Truppen, überwiegend Freiwillige aus den Kreisen von Turnern und Studenten, zurückgeschlagen wurden. Aber mittlerweile war der Kampf der Schleswig-Holsteiner zur gesamtdeutschen Sache geworden, nachdem das vom 31. März bis 4. April tagende Frankfurter Vorparlament die Aufnahme Schleswigs sowie Ost- und Westpreußens in den Deutschen Bund beschlossen hatte. Zudem erfolgte am 12. April die Anerkennung der Kieler Regierung durch den Deutschen Bundestag in Frankfurt am Main, dessen Delegierte die Regierungen des Deutschen Bundes vertraten. 

Damit war der Weg für Bundestruppen unter der Führung Preußens freigemacht, die seit dem 21. April unter dem Kommando des Generals der Kavallerie Friedrich von Wrangel standen. Der preußische König stellte ein Kontingent von 12.000 Mann und weitere 9000 Mann entsandten die Einzelstaaten. Auf dänischer Seite griff ein 4500 Mann starkes schwedisch-norwegisches Korps ein. Nun wendete sich das Blatt: Die preußischen Truppen errangen am 23. des Monats die Siege von Schleswig (Osterschlacht) und Missunde an der Schlei sowie tags darauf bei Oeversee südlich von Flensburg und drangen schließlich über Schleswig hinaus nach Jütland vor, wo am 3. Mai Fridericia besetzt werden konnte.

Dänemark obsiegt diplomatisch
Weitere Rückendeckung versprachen sich die Schleswig-Holsteiner von der aus freien Wahlen hervorgegangenen Deutschen Nationalversammlung, deren Konstituierung am 18. Mai 1848 in Frankfurt am Main stattfand. Der Segeberger Abgeordnete Friedrich Christoph Dahlmann, Professor und Historiker der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, beschwor seine Kollegen Volksvertreter mit einem flammenden Appell: „Wenn Sie in der schleswig-holsteinischen Sache versäumen, was gut und recht ist, so wird damit auch der deutschen Sache das Haupt abgeschlagen.

Sie werden tun, was die Ehre Deutschlands fordert, und mögen die Pläne aller derjenigen zu Schanden werden, welche ihre Rechnung stellen auf die Unsterblichkeit der Schwäche und Versunkenheit des Deutschen Vaterlandes.“ So erhielt der folgende Antrag des aus Flensburg stammenden Kieler Abgeordneten und Göttinger Professors Georg Waitz eine Mehrheit: „Die Deutsche Nationalversammlung erklärt, dass die schleswigsche Sache, eine Angelegenheit der Deutschen Nation, zu dem Bereich ihrer Wirksamkeit gehört, und verlangt, dass energische Maßregeln getroffen werden, um den Krieg zu Ende zu führen: dass aber bei dem Abschluss des Friedens mit der Krone Dänemark das Recht der Herzogtümer Schleswig und Holstein und die Ehre Deutschlands gewahrt werde.“

Das Machtgefüge der europäischen Großmächte ließ den Antrag Makulatur werden. Am 23. Mai 1848 zog sich Preußen auf Druck selbiger aus Jütland zurück. Unter dem Druck der außerdeutschen Großmächte, von denen Russland schärfster Gegner der deutschen Politik war, während sich England und Schweden-Norwegen um Vermittlung bemühten, wurde in London und Malmö über einen Waffenstillstand verhandelt.

Der Abschluss erfolgte am 26. August 1848 in Malmö zwischen den Königreichen Dänemark und Preußen, letzteres namens des Deutschen Bundes und über die Köpfe der Schleswig-Holsteiner wie auch der Nationalversammlung hinweg. Für sieben Monate sollten die Waffen schweigen und die Exekutive von der Provisorischen an eine sogenannte Gemeinsame Regierung übergehen, in der die dänische und die preußische Regierung jeweils zwei Mitglieder bestimmten. Den Vorsitz hatte Graf Karl von Moltke aus Nütschau bei Oldesloe in Holstein inne, der ein Anhänger des sogenannten dänischen Gesamtstaates aus dem Königreich Dänemark sowie den drei Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg war.

Die Debatte in der Nationalversammlung endete trotz des vehementen Widerstandes von Dahlmann am 16. September 1848 mit einem wenn auch knappen Votum für die Annahme des Waffenstillstandes und offenbarte so das machtpolitische Versagen des Frankfurter „Professorenparlamentes“.


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