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Nach der Signa-Pleite – Eine US-Investmentgesellschaft und der Unternehmer Bernd Beetz wollen 76 Filialen der Warenhauskette fortführen
Es gibt Worte, für die können sich die Betroffenen nun wirklich nichts kaufen. „Wir alle haben gekämpft und uns eingesetzt“, schrieben Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus sowie die Galeria-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche und Dirk Mager an die Beschäftigten von Deutschlands letzter Warenhauskette.
Es gibt Fachleute, die sehen die Belegschaft mit einem blauen Auge davongekommen. Immerhin 76 der bislang 92 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen fortgeführt werden, lediglich 1400 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Man werde sich bemühen, die Kündigungen sozialverträglich zu gestalten, teilte das Unternehmen mit.
Seit 2020 befindet sich die Tochter des nunmehr pleite gegangenen Investors Signa des Immobilien-Jongleurs René Benko in ihrer dritten Insolvenz. Es gibt nicht wenige Branchenkenner, die sagen, für Karstadt gelte das Motto: „Nach der Insolvenz ist vor der Insolvenz.“ Nun soll ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. Die Verträge sind unterschrieben, der Sanierungskurs war Grundvoraussetzung der Übernahme. Denkhaus will am 28. Mai in der Messe Essen über den Insolvenzplan abstimmen lassen. Im Spätsommer soll dann die offizielle Übergabe erfolgen.
Gesundschrumpfen war vergeblich
Ursprünglich lieferten sich die einstigen Konkurrenten Kaufhof und Karstadt einen erbitterten Konkurrenzkampf. Nach der Fusion 2019 sollte alles besser werden. Damals hatte der verschmolzene Konzern noch 174 Filialen. Nach mehreren Runden des Gesundschrumpfens blieben zuletzt noch 92. Nun werden bis Ende August die Standorte Augsburg, Berlin Ringcenter, Berlin Spandau, Berlin Tempelhof, Chemnitz, Essen, Köln Breite Straße, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg, Potsdam, Regensburg Neupfarrplatz, Trier Fleischstraße, Wesel und Würzburg geschlossen.
Messlatte für die Entscheidung über die Fortführung jeder Filiale sei es gewesen, dass sie bereits heute oder in absehbarer Zeit die notwendige Profitabilität erziele, heißt es bei Galeria. Doch zuletzt wurden auffallend viele Filialen verschont, die sich in Immobilien befinden, die zur Signa-Gruppe gehören. Auch von den 16 nun betroffenen Häusern sind nur vier im bisherigen Benko-Besitz. Denkhaus sagte der Zeitschrift „Capital“, man habe als Ziel einen „marktüblichen Mietkorridor“ von sieben bis elf Prozent des Umsatzes angestrebt, um die jeweilige Filiale rentabel betreiben zu können. Andere Medien hatten zuvor berichtet, die Signa-Häuser hätten zwischen 20 und 30 Prozent des Umsatzes als Miete eingestrichen. Man habe „sehr hart“ verhandelt. „In vielen Fällen mit Erfolg“, so Denkhaus.
Warum es am Ende die ausgesuchten Filialen erwischt hat, darüber darf getrost spekuliert werden. Es heißt, die Signa-Häuser seien von ihrer Bausubstanz her im Schnitt jünger gewesen. Auf der anderen Seite ist in Mannheim eine bisherige Filiale in einer Benko-Immobilie auf der Streichliste. Der künftige Miteigentümer Beetz stammt aus der kurpfälzischen Stadt und ist Präsident des ortsansässigen Fußball-Clubs SV Waldhof. Möglicherweise haben die Immobilienverwalter neue Betreiber oder Käufer in der Hinterhand. 160 Kilometer weiter war die Überraschung ebenfalls groß. In der saarländischen Landeshauptstadt Saarbrücken hatte man sich bereits auf eine Schließung eingestellt, doch die Filiale bleibt am Netz. Die Landespolitik hatte dort ordentlich Druck ausgeübt und darauf verwiesen, dass vor zwei Jahren erst ein Kaufhof dicht machen musste.
Landespolitik in Saarbrücken übte Druck aus
Anderswo ist die Empörung groß. Nach Jahrzehnten soll die Karstadt-Filiale in der Spandauer Altstadt in Berlin schließen. Spandaus Bezirksbürgermeister Frank Bewig (CDU) will das Aus nicht einfach hinnehmen. Er fordere den neuen Eigentümer auf, seine Entscheidung zu revidieren und den Spandauer Standort weiterzubetreiben.
Doch es stellt sich die Frage, wie die verbliebenen Häuser marktgerecht weitergeführt werden können. Vom Sterben auf Raten ist oft die Rede. Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein ist skeptisch.
Zwar hätten die Kaufhäuser in Deutschland dabei etwa 200 Millionen Kundenbesuche, es seien aber viele ältere Menschen. Ein neues, modernes Konzept müsse her. „Zwei, maximal drei Jahre, und dann war's das“, glaubt Heinemann. Insolvenzverwalter Denkhaus hält dagegen. „Die wirtschaftlichen Perspektiven von Galeria sind gut. Ich habe da keine Zweifel“, erklärte er. Das Risiko einer erneuten Insolvenz in naher Zukunft sei gering und bewege sich „im Rahmen des allgemeinen wirtschaftlichen Risikos“.