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Wahlkampf mit sachlichen Diskussionen – Änderungen in Allenstein und Elbing mit Spannung erwartet
Am 7. April finden in Polen die verschobenen Kommunalwahlen statt. Die Wähler sind aufgefordert, ihre Vertreter für die lokalen und regionalen Selbstverwaltungen bis zur Ebene der Woiwodschaften zu bestimmen. Auch in der Woiwodschaft Ermland-Masuren stellen sich die Repräsentanten der großen Parteien und der vielen lokalen Komitees zur Wahl – unter anderem auch einige Kandidaten aus den Gesellschaften der Deutschen Minderheit
Ursprünglich sollten nach der üblichen fünfjährigen Kadenz die Kommunalwahlen im Herbst 2023 stattfinden. Das polnische Parlament, der Sejm, hatte jedoch eine Verschiebung beschlossen, um eine Häufung der Wahlen zu verhindern. Nach der Wahl zum Sejm im Oktober 2023 mit dem folgenden Wechsel von einer von der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) geführten Koalitionsregierung zu einer der Parteien „Bürgerplattform“ (PO), „Die Moderne“ (.N) und „Initiative Polen“ (iPL) vom Wahlbündnis „Bürgerkoalition“, den Parteien „Polen 2050“ (PL2050) und „Polnische Volkspartei“ (PSL) vom Bündnis „Dritter Weg“ (TD) sowie der Allianz „Linke“ begann direkt die nächste Vorwahlzeit.
Partei oder Persönlichkeit?
Ein heftiger Wahlkampf wie vor der Wahl zum Sejm findet jedoch nicht statt. Bedingt wird das durch eine wenig parteipolitisch geprägte, sachliche Diskussion zu konkreten lokalen Fragen, aber auch durch die Änderungen, die gerade in den öffentlichen Medien ablaufen und den dort in den letzten acht Jahren herrschenden Ton beruhigen. In Städten, Gemeinden und Landkreisen sowie zum Sejmik, dem Woiwodschaftsparlament, haben die großen Parteien der Republik Polen – die gerade genannten sowie die Konföderation KN – zwar ihre Kandidaten aufgestellt, gerade auf lokaler Ebene haben diese aber gegen Kandidaten vor Ort, die von eigenen Wahlkomitees und Listen starten, oft einen schweren Stand. Andersherum gibt es Bürgermeister und Gemeindevorsteher, die wirkungsvolle Arbeit machen und trotz ihrer Zugehörigkeit zu einer ungeliebten Partei gewählt werden.
Es lässt sich ein Einfluss der landesweiten Politik erkennen, obwohl die allgemeine Atmosphäre im Land ruhiger ist als noch im Herbst 2023. Aktuelle Fragen wie die 100-Tage-Bilanz der neuen Regierung zeigen ihre Wirkung auch in Fragen lokaler Medien. Außerdem treten die Koalitionsparteien nicht mit gemeinsamen Listen an, die Premier Donald Tusk vorgeschlagen hatte. Der TD, also PSL und „PL2050“, kandidiert getrennt, da in einigen Regionen in der Republik Polen, in denen die PiS stark vertreten ist, gemeinsamen Kandidaten der Regierungskoalition kaum Chancen eingeräumt werden, denen der PSL und von „PL2050“ aber schon. Die Spaltung des Landes ist mancherorts also noch immer zu spüren.
Welche Posten sind zu besetzen?
Gewählt werden in allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlen am 7. April – und bei notwendigen zweiten Wahlgängen am 21. April – Abgeordnete zum Stadt- oder Gemeinderat, Kreistag und Sejmik sowie Gemeindevorsteher, Bürgermeister und Stadtpräsidenten. Ins Wählerverzeichnis eingetragene, dauerhaft in Polen wohnende EU-Bürger haben Wahlrecht auf Gemeindeebene, sonst dürfen nur polnische Staatsbürger wählen. In der Woiwodschaft Ermland-Masuren stellen sich insgesamt 9642 Kandidaten zur Wahl, von Andrzej Abako, dem derzeitigen Landrat des Kreises Allenstein, bis zu Andrzej Żyżyk, der in Rastenburg zum Stadtrat antritt.
Während in vielen Städten und Gemeinden wie Bartenstein, Lyck oder Neidenburg die nicht immer unumstrittenen aktuell Regierenden ihren Hut erneut in den Ring geworfen haben, steht in anderen wie Lötzen oder Rastenburg eine Neubesetzung des höchsten Postens an. Besonderes Augenmerk richtet sich auf die zwei größten Städte der Woiwodschaft, Elbing und Allenstein. Die Stadtpräsidenten Witold Wróblewski und Piotr Grzymowicz haben jeweils auf eine weitere Kandidatur verzichtet, die Nachfolge ist heiß umkämpft. In der Woiwodschaftshauptstadt stehen gleich sieben potentielle neue Stadtpräsidenten in den Startlöchern. Für diese beiden Posten, aber auch für einige andere, kann fest mit einer Stichwahl gerechnet werden.
In so gut wie allen zu wählenden Gremien gilt es für die Deutsche Minderheit im südlichen Ostpreußen, die Kandidaten zu unterstützen, mit denen sie gut zusammengearbeitet haben oder arbeiten. Im Gegensatz zum Oppelner Land und zu Schlesien gibt es nämlich kaum eigene Vertreter, geschweige denn deutsche Listen wie dort. Insgesamt treten zehn Personen an, also ein Promille aller Kandidaten, was umgerechnet etwa dem Anteil der deutschen Volksgruppe an der Bevölkerung der Woiwodschaft entspricht.
Deutsche Kandidaten bei der Wahl
In die Kreistage wollen in Sensburg und Ortelsburg je eine und in Heilsberg zwei Personen. Einen Sitz im Gemeinderat streben zwei Frauen an, eine in Jonkowo im Kreis Neidenburg, eine in Grünfeld. Für Plätze im Stadtrat kandidieren zwei Männer in Osterode und einer in Allenstein. Mit Beata Mazur gibt es in Liebemühl sogar eine Kandidatin zum Amt des Bürgermeisters. Die größten Chancen auf Erfolg haben voraussichtlich Arkadiusz Leska, der frühere Vorsitzende der Gesellschaft „Heimat“ in Ortelsburg, der schon zwei Amtsperioden als Vizevorsitzender des Ortelsburger Kreisrats hinter sich hat, sowie in Osterode die Vorsitzenden der dortigen Deutschen Minderheit Heinrich Hoch und Wiesław Küchmeister.
Hoch als Vorsitzender des Verbands der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM) ist nicht unbedingt zufrieden mit der Zahl der Kandidaten, sieht aber auch die Grenzen der Kapazitäten. „Die aktiven Menschen reichen bei uns gerade einmal für die Aktivitäten der Gesellschaften. Viele von ihnen sind noch berufstätig. Woher sollen wir mehr nehmen?“, erklärte er im Gespräch mit dem „Mitteilungsblatt“. In den nächsten zwei Wochen gilt es, sich noch gut zu präsentieren, am 7. April wissen er und seine Kollegen dann, wer von ihnen einen Sitz ergattern konnte. Und vor allem ist dann klar, mit wem die Deutsche Minderheit in den einzelnen Kreisen, Gemeinden und Städten in Zukunft zu tun haben wird.