Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Erst kannten die grausamen Täter keine Gnade, dann die ostpreußische Justiz bei ihren Urteilen ebenso wenig
Wenn nicht Macht oder Liebe, dann ist es die Geldgier, die Menschen zu den abscheulichsten Gewalttaten verleiten kann. Davon zeugen auch zwei spektakuläre historische Kriminalfälle im Ostpreußen des 19. Jahrhunderts. Der erste war der Raubmord am Fürstbischof des Ermlandes, Andreas Stanislaus von Hatten. Der 77 Jahre alte Geistliche, der sein Amt im April 1837 angetreten hatte, befand sich am Abend des 3. Januar 1841 in seiner Residenz in Frauenburg. Die Dienstboten besuchten zu dieser Zeit eine Andacht in der Pfarrkirche, sodass neben dem Bischof nur dessen Wirtschafterin Rosalie Pfeiffer im Hause weilte. Gegen 19 Uhr stürmte der Schneidergeselle Rudolph Kühnapfel in die Gesindestube und bedrängte die 71-jährige Frau lautstark: „Das Geld her, oder es ist ihr Tod!“ Daraufhin führte diese den Eindringling voller Angst zu dem Bischof im Obergeschoss.
Mit dem Beil erschlagen
Bei nächster sich bietender Gelegenheit versuchte sie zu fliehen, woraufhin Kühnapfel ihr mit seinem mitgebrachten Beil auf den Kopf schlug. Dann zwang er den völlig verstörten Bischof, ihm eine Uhr und eine Dose aus Gold sowie etliche Talerstücke auszuhändigen. Weil sich die Haushälterin noch regte, versetzte der Räuber ihr weitere vier bis fünf Beilhiebe, an denen sie letztendlich verstarb. Gleich darauf argwöhnte der maskierte Täter, dass der Geistliche ihn erkannt habe und attackierte diesen ebenfalls mit mehreren wuchtigen Schlägen gegen den Schädel, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Danach ging der Raubmörder in aller Ruhe ins Wirtshaus, um dort stundenlang zu trinken und Karten zu spielen.
Weil Kühnapfel schon in der Vergangenheit durch wüste Drohungen gegen die katholische Geistlichkeit aufgefallen war, fand eine Durchsuchung seiner Wohnung statt, bei der tatsächlich die Beute entdeckt wurde. Dennoch leugnete der Schneider weiter, bis der vom Preußischen Innenministerium nach Frauenburg entsandte Polizeirat Friedrich Duncker ihn nach sechsstündigem Verhör zu einem umfänglichen Geständnis bewog. In dessen Verlauf sagte der Untersuchungshäftling über sein Handeln: „Es fiel mir gar nicht ein, dass es etwas Unrechtes sei, da er so viele Tausende besitzt, und zwar auch mit Unrecht.“ Ebenso bekundete Kühnapfel keinerlei Reue.
Knochen zerschlagen und gerädert
Das Gericht ging von einem vorsätzlichen Mord aus, zumal der Täter als jähzorniger, habgieriger und ebenso boshafter Mensch galt – heute würde man ihn als typischen Psychopathen bezeichnen. Daher wurde der 1814 geborene Kühnapfel am 15. Februar 1841 vom Oberlandesgericht in Königsberg zum Tod auf dem Rad „von unten herauf“ verurteilt. Dabei zerschmettert der Henker zunächst die Beine, Arme und Rippen des Delinquenten und erst ganz zum Schluss auch dessen Halswirbelsäule. Der öffentliche Vollzug dieser als ebenso erniedrigend wie „martervoll“ geltenden Todesstrafe erfolgte am 7. Juli 1841 in Frauenburg – es war die letzte derartige Hinrichtung in Preußen.
Elf Jahre später ließen sich zwei Frauen aus dem Dorf Swainen unweit von Insterburg zu einem ähnlich ruchlosen Verbrechen wie Kühnapfel hinreißen. Die 63 Jahre alte Witwe Charlotte Meyer und deren 24-jährige unverheiratete Tochter Mathilde hegten einen tiefen Hass gegen Juden, weil sie diese allesamt für unverdient reich hielten. Also beschlossen sie, einen der vielen durchs Land ziehenden jüdischen Hausierer hinterrücks kaltblütig zu ermorden und auszurauben – in dem irrigen Glauben, dass diesen wohl ohnehin niemand vermissen würde.
Tod wegen weniger Goldmünzen
Ihr erstes unglückliches Opfer war Leib Bär Luchtenstein aus Wystiten an der Grenze zu Litauen. Die beiden Frauen lockten den 50-Jährigen am Nachmittag des 18. März 1852 ins Haus und versetzten ihm etliche Schläge mit einem Flachsklopfer beziehungsweise Holzhammer auf den Kopf. Weil er danach immer noch röchelte, rammte Mathilde Meyer dem Sterbenden ein Messer in die Brust. Anschließend durchwühlten die beiden Mörderinnen die Taschen des Juden, fanden aber lediglich fünf preußische Silbergroschen und ein paar polnische Münzen.
Wenige Minuten später betrat der arglose 15-jährige Sohn des Getöteten namens Markus Judel die Wohnstube der Frauen und wurde sofort auf die gleiche Weise wie sein Vater niedergemetzelt. Danach ließen die Täterinnen die Leichen in einer eigens hierfür vorbereiteten Grube im Stall verschwinden. Vier Wochen später wurden die verwesenden Körper bei einer Durchsuchung des Grundstücks der Meyers entdeckt. Diese fand statt, weil Zeugen Vater und Sohn dort zuletzt lebend gesehen hatten. Charlotte und Mathilde Meyer gestanden die Tat daraufhin und wanderten in Haft.
Mit dem Handbeil gerichtet
Die Aburteilung der Mörderinnen erfolgte am 13. Januar 1853 durch das Schwurgericht beim königlichen Kreisgericht in Insterburg. Das Urteil lautete auf Enthauptung wegen Raubmordes, und wurde bald darauf von König Friedrich Wilhelm IV. bestätigt. Der Tod der beiden jüdischen Hausierer sollte von der preußischen Justiz genauso unnachsichtig geahndet werden wie das Blutbad im Haus des ermländischen Bischofs.
Die Hinrichtung von Mutter und Tochter erfolgte im Morgengrauen des 23. Juni 1853 auf dem Hof des Insterburger Untersuchungsgefängnisses im Abstand von nur wenigen Minuten mit dem Handbeil. Dies war in Preußen die bevorzugte Hinrichtungsart. Dabei fasst der Scharfrichter beidhändig das Beil und lässt die schwere Klinge niedersausen, um den Verurteilten mit ein, zwei Hieben zu köpfen.