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Im September ist der Tag des Friedhofs – Ein Gang auf dem Würzburger Hauptfriedhof zeigt, dass selbst im Tod nicht alle gleich sind
„Endlich und lebendig“ lautet das Motto des diesjährigen Tags des Friedhofs, der seit 2001 an jedem dritten Septemberwochenende stattfindet. Es soll daran erinnern, dass die Würde des Menschen auch über den Tod hinaus elementar ist. Doch sind alle im Tod wirklich gleich? Die Segregation, also die räumliche Aufteilung was zumindest die Grabgestaltung angeht, lässt dies als Makulatur erscheinen.
Auch auf dem Würzburger Hauptfriedhof, diesem 112.727 Quadratmeter großen Gottesacker, der 1806 als allgemeiner Begräbnisplatz entstand, merkt man schnell den Unterschied. Der alte Teil strotzt vor Prunk und Pracht. Dort ist kein Platz für Gräber für Menschen mit knappen finanziellen Ressourcen, schließlich müssen auch die Friedhofsgärtner von ihrer Hände Arbeit leben. Den historisch interessierten Besucher hingegen freut es, hat er es doch leichter, die Gräber der Reichen und Schönen der Stadt, die das nur zu gerne auch in Stein meißeln ließen, auf kompaktem Raum zu bewundern. Das ist in Würzburg nicht anders als zum Beispiel in Köln, wo es gleich eine ganze „Millionenallee“ gibt.
Reichtum verpflichtet eben, selbst über den Tod hinaus. Und so entstanden in Würzburg im frühen 19. Jahrhundert künstlerisch wertvolle Grabmäler, die teilweise den allgegenwärtigen Barockstil in der Stadt widerspiegelten. Fackeltragende Putten konkurrieren dabei um den Titel „Schönster Engel“.
Honoratioren strebten im Tod nach mehr. Die Grabmäler wurden immer höher, und mittendrin setzte man dann – etwas plump – eine Büste des Toten, so geschehen zum Beispiel am Eingang der pompösen Freiherrlich zu Rhein'schen Familiengruft. Eine mit einer Vielzahl an Ornamenten verzierten Gruft einer Familie, die zahlreiche Würdenträger hervorgebracht hat. So etwa einen Regierungspräsidenten von Unterfranken, der zugleich auch Ehrenbürger der Stadt war.
Ebenso verspielt von der Formensprache ist auch die Grabstätte der Familie des Bautechnikers Franz Karl Buchdrucker, während man bei der klassizistischen Gruft der Familie Buchner – der 1811 geborene Friedrich Buchner stammte aus München – eindeutig noch höher hinauswollte, als man im Leben ohnehin schon war.
Mahnend ruft die Glocke der 1859 eingeweihte Friedhofskapelle die Menschen zur Vernunft auf. Doch umsonst. Man will sie nicht hören. Betreibt lieber weiter Segregation nach dem Tod für den schnöden Mammon. Eine Wahl nach dem Bombenangriff vom 16. März 1945 hatten hingegen mehrere Tausend Würzburger nicht mehr, die an jenem Abend zu Tode kamen.
20 Minuten lang hatte die britische Royal Air Force dafür gebraucht, über 90 Prozent der Würzburger Altstadt zu zerstören. Ausgerechnet diejenigen, die am meisten leiden mussten, wurden dann namen- und würdelos in einem Massengrab gestapelt.
Von wegen, im Tod sind alle gleich. Aus einem Sprengbombenbruchstück entstand immerhin eine „Versöhnungsglocke“, und der Bildhauer Fried Heuler schuf eine Denkmalplatte, die in den Boden eingelassen wurde: Elternpaar mit Kind in Totenstarre. Selbst die genaue Anzahl der Toten ist bis heute unklar: schätzungsweise 3600 bis 5000 Menschen. Ihre Namen wird man wohl nie vollständig erfahren.