29.03.2024

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Ordensburgen

Neue Erkenntnisse über Burg Plut

Archäologen aus Warschau untersuchten Erhebungen in einem Waldgebiet in der Nähe von Plauten

Wolfgang Kaufmann
08.01.2022

Der Orden der Brüder vom Deutschen Hospital Sankt Mariens in Jerusalem wurde 1190 während des dritten Kreuzzugs als Gemeinschaft von Krankenpflegern gegründet und dann am 19. Februar 1199 von Papst Innozenz III. in einen Ritterorden umgewandelt, für den sich die Kurzbezeichnung Deutscher Orden einbürgerte. Diesem gelang es beizeiten auch, in Europa Fuß zu fassen. Von zentraler Bedeutung hierbei waren die Goldene Bulle von Rimini und die Bulle von Rieti – zwei Dokumente, mit denen Kaiser Friedrich II. beziehungsweise Papst Gregor IX. den Orden 1226 und 1234 ermächtigten, gegen den „heidnischen“ Volksstamm der Prußen zu kämpfen und sich das dabei besetzte Territorium anzueignen.

Der Eroberungsfeldzug begann im Jahre 1231, als der erste Landmeister von Preußen, Hermann von Balk, mit sieben Ordensrittern und 700 Mann die Weichsel überschritt und noch im selben Jahr eine erste Burg auf dem jenseitigen Ufer errichten ließ. Derartige Bauwerke dienten als Stützpunkte für den weiteren Feldzug gegen die Prußen sowie zur Sicherung des neu gewonnenen Landes.

Burgen ab 1240

Im südlichen Teil der späteren preußischen Provinz Ostpreußen, der heute als polnische Woiwodschaft Ermland-Masuren firmiert, entstanden dann ab 1240 unter anderem noch Burgen am Platze der späteren Ortschaften Allenstein, Barten, Briesen, Bäslack, Braunsberg, Heilsberg, Löbau, Lötzen, Mehlsack, Mohrungen, Neidenburg, Hohenstein, Ortelsburg, Osterode, Rastenburg, Rößel, Schönberg, Soldau, Sonnenberg und Wartenburg sowie auch auf der Dobenschen Insel im Mauersee.

Eine weitere solche Befestigungsanlage aus der Zeit der Expansion des Deutschen Ordens wurde schon im 19. Jahrhundert in das preußische Denkmalregister eingetragen. Denn der Königsberger Landeshistoriker Max Toeppen war 1861 nach der Auswertung des spätmittelalterlichen Werkes „Chronicon Terrae Prussiae“ von Peter von Dusburg zu der Ansicht gelangt, dass die Wälle und Gräben bei Plauten unweit von Mehlsack und 56 Kilometer nördlich von Allenstein ebenfalls Überreste einer Ordensburg seien. Allerdings hat bis vor Kurzem niemand an dieser Stelle gegraben, um Toeppens Annahme zu überprüfen.

Die ersten, welche den Spaten in die bis zu 20 Meter hohen Erhebungen inmitten eines Waldgebietes nahe des heutigen Pluty stachen, waren Archäologen unter der Leitung von Rafał Solecki von der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität in Warschau. Die polnischen Wissenschaftler erkundeten das Gelände im Rahmen eines nationalen Programms zur Erstellung eines Kataloges der Befestigungsanlagen in Ermland-Masuren. Dabei griffen sie zunächst zu zerstörungsfreien Methoden wie Bodenradar und legten danach steinerne Fundamente frei.

Spuren aus der Eisenzeit

Im Zuge dieser Ausgrabungen stellte sich heraus, dass das Areal schon vor fast 2500 Jahren bebaut wurde, denn die unterste Schicht stammt aus dem 5. bis 3. Jahrhundert v. Chr., also der frühen Eisenzeit. Dann muss in Plauten zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert n. Chr. eine einfache hölzerne prußische Burg gestanden haben. Die wiederum eroberte der Deutsche Orden irgendwann nach 1240 und wandelte sie in eine zweistöckige Festung mit Turm um. Im alten Burggraben entdeckten Solecki und sein Team charakteristische Keramikscherben und Pfeilspitzen, welche als untrügliche Belege für die Anwesenheit der Ordensritter gelten. Gleichzeitig dürfte die Burg von Plauten mehrmals von den vertriebenen Prußen attackiert worden sein. Das ist jedenfalls die plausibelste Erklärung für die große Zahl der im Boden steckenden Projektile.

Historischen Aufzeichnungen zufolge ging das Bauwerk nicht in den direkten Besitz des Ordens über, sondern gehörte zu einer der vier christlichen Diözesen Kulmerland, Pomesanien, Ermland und Samland im entstehenden Deutschordensstaat, welche am 29. Juli 1243 durch den päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena im Auftrag von Papst Innozenz IV. geschaffen und nachfolgend den Bischöfen Heidenreich, Ernst von Torgau, Heinrich von Streitberg beziehungsweise Anselm von Meißen und Dietrich I. unterstellt worden waren. In dieser Eigenschaft beherbergte die Burg aller Wahrscheinlichkeit nach kirchliche Verwaltungsbeamte der Diözese Ermland. Parallel dazu diente sie wohl auch als Stützpunkt, von dem aus man Abgaben der örtlichen Bevölkerung eintrieb, um diese dann in den Kellern des Gebäudes einzulagern. Auf jeden Fall waren die Ordensritter hier nicht die Hausherrn, sondern nur eine Art Garde zum Schutz der Kleriker.

Die mutmaßlichen Funktionen der Burg von Plauten erklärt dann auch deren etwas untypischer Standort: Normalerweise wählte der Deutsche Orden die Plätze für seine Befestigungsanlagen sehr sorgfältig aus und errichtete diese nur dann an der Stelle alter prußischer Wallburgen, wenn die natürlichen Geländebedingungen dort eine optimale Verteidigung garantierten, was in Plauten aber offenkundig nicht der Fall war. Solecki und Kollegen planen zusätzliche nichtinvasive Untersuchungen des Bodens rund um die Fundstelle, um eventuelle weitere unterirdische Strukturen zu identifizieren.


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Kommentare

Regina Schuran Castillo am 13.01.22, 00:44 Uhr

Super Artikel,
Kann mich gut an all die genannten Orte erinnern, mein Vater war gebürtig in Loetzen. Ich war in Allenstein und Umgebung 2018. Tolle Landschaft und Geschichte. Vielen Dank nochmals. Herzlich Regina

Chris Benthe am 08.01.22, 15:06 Uhr

Hochinteressanter Bericht. Mit Wonne gelesen. Danke dafür.

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