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Blätter fallen, Dornen bleiben – Kaktusgewächse sind so beliebt, dass die Polizei auf sie aufpassen muss
Spätestens seit dem Comedian-Harmonists-Schlager „Mein kleiner grüner Kaktus“ ist das dornige Gewächs auch zu einem botanischen Schlager auf unseren Fensterbänken geworden. Fragt sich nur, wie lange noch, denn rund 30 Prozent der bekannten Kaktus-Arten sind vom Aussterben bedroht. Grund dafür ist diesmal nicht die Umweltverschmutzung oder der sogenannte Klimawandel, sondern ausgerechnet die Kaktus-Liebe der Menschen.
In einigen Teilen von Texas und Arizona sind große Flächen von dunklen Löchern anstelle von stattlichen Kakteen übersät. Die Pflanzen sind gestohlen. In der Nacht und oft auf Bestellung hat man sie unerlaubt ausgegraben. Denn der Internet-Handel mit Kakteen blüht wie ein Tulpenmeer in den Niederlanden im Frühjahr und damit auch der Schwarzmarkt für Sukkulenten, wie die wasserspeichernden Pflanzen im Fachbegriff heißen.
Besonders die Asiaten haben ihr Herz für die stacheligen und genügsamen Gewächse entdeckt. China, Japan und Korea sind Großabnehmer in Sachen Kakteen. Das lässt sich auch bei Besuchen in asiatischen Restaurants in Deutschland feststellen, wo zunehmend Kakteen zur Dekoration gehören.
Mit eingepflanztem Mikrochip
Restaurants erwerben die Grünpflanzen jedoch meistens mit Zertifikat. Private Liebhaber suchen dagegen gerne im Internet nach Schnäppchen und erwerben immer häufiger Diebesgut. Der Kakteen-Diebstahl in den Vereinigten Staaten hat schon so gewaltige Ausmaße angenommen, dass eine Kakteen-Polizei ins Leben gerufen wurde. Pflanzen können inzwischen aufgrund von Proben immer öfter ihrem exakten Herkunftsbereich zugeordnet werden.
In einigen Regionen und Nationalparks, in denen besonders schöne, alte oder große Exemplare zu Hause sind, werden die wertvollen Pflanzen inzwischen mit Mikrochips versehen, um sie – sollten sie verschwinden – nachverfolgen zu können. Ob das Grün auf der Fensterbank von einem Pflanzenzüchter und -Handel stammt oder unerlaubt in der Wüste ausgebuddelt wurde, ist heute also feststellbar.
Während vielerorts die in Arizona beheimateten großen Exemplare der Saguaro-Kakteen (Carnegiea gigantea) besonders beliebt sind und entsprechend häufig gestohlen werden, stellen in Deutschland die „Schwiegermutter-Sitz“ genannten Kakteen der Sorte Echinocactus grusonii die begehrtesten Dornengewächse. Große Exemplare dieser Kaktussorte sind in Deutschland bei Gartenschauen oder in Gewächshäusern Opfer von Diebstählen geworden. So hat man in Sachen Kakteen bereits Raubzüge aus Magdeburg, Erfurt und Hessen gemeldet.
Auch aus privaten Gärten und Wohnanlagen sind schöne Exemplare bereits ausgebuddelt worden. Dabei stellt sich die Frage, wie ein so dorniges und damit wehrhaftes Gewächs, das locker zehn bis zwölf Kilo auf die Waage bringt, heimlich und ohne Schmerzensschreie seiner Diebe entfernt werden kann.
Nachdem Lebensstil-Magazine und Designer den Kaktus für sich entdeckt hatten und den Trend damit massiv angeschoben haben, erobert der Kaktus nun auch Weihnachten. Nicht nur als Geschenk in Form von kleinen dekorativen Pflänzchen, auch aus Plastik oder Wolle. Oder als Dekogegenstand aus Porzellan oder Kissen in Form eines Kaktus. Wenn es edler sein soll, fällt die Wahl für das Weihnachtsgeschenk vielleicht auf einen Kaktus von Cartier, denn auch als Schmuck gibt es die Pflanze inzwischen.
Der Kaktus als Ersatz für die Tanne
Getreu dem Motto: Schlimmer geht immer, ist der Kaktus sogar schon als Ersatz für den Weihnachtsbaum im Gespräch. Mit kleinen Anhängern an den Stacheln und einem fluffigen Wattebausch auf der drahtigen Spitze, freuen sich selbsterklärte Hipster, dem klassischen, aber ihrer Meinung nach kitschigen Weihnachtsbaum, eine trendige und ausgefallene Variante entgegenzusetzen.
Als Weihnachtsbaum dekoriert, mit einem Stern in der stacheligen Spitze, muss niemand befürchten, dass die Weihnachtsdeko sich vor allem durch das frühzeitige Abwerfen von Nadeln bemerkbar macht. In einer kleinen Ausgabe für den Esstisch ist der Kaktus als Weihnachtsbaum zudem platzsparend, langlebig und setzt Akzente.
Das Problem ist, dass Kakteen sehr langsam wachsen. Wer die Geduld nicht aufbringen will, ein kleines Pflänzchen zehn, 20 oder 40 Jahre auf der Fensterbank zu pflegen, bis es eindrucksvolle Größe hat, was im Vergleich mit einer Tanne aber immer noch enorm klein ist, versucht, gleich ein großes Exemplar zu erwerben. Der Fachhandel kann die in den letzten Jahren enorm gestiegene Nachfrage nicht bedienen. Daher blüht der Schwarzmarkt.
Grundsätzlich gilt: Wer sich dafür entscheidet, einen Kaktus ins Haus zu holen, muss vorsichtig sein und beim Kauf auf den ordnungsgemäßen und legitimen Kauf achten. Viele Kakteen-Sorten sind im Washingtoner Artenschutzabkommen aufgeführt und genießen den Status einer geschützten Pflanze. Liebhaber sollten sich bewusst machen, dass ihre Liebe tragisch enden kann. Sonst ist der Kaktus am Ende weg vom Fenster.
Hajo Junge am 17.11.20, 18:48 Uhr
Die neue Liebe zu den Kakteen hat einen tieferen Grund:
Es geht um die mescalinhaltigen Gesellen. Sie vermitteln auf einfache Weise Zugang zu bewußtseinserweiternden Substanzen. Erhältlich beim Gartencenter Ihres Vertrauens.
Siegfried Hermann am 17.11.20, 11:21 Uhr
Ist das jetzt Realsatire!?
Kaktus statt Weihnachtsbaum??? Hipster. Erklärt einiges.
In den 70/80zigern war das ja auch mal Kult mit der Polizei. Der Castaneda, Peyote. Danach sowas von out.
Naja. Der Hype kann auch schneller enden, als gedacht. Und was die Asiaten anstellten ist deren Sache und wir nicht für verantwortlich. Nachzucht in Gobi grenzenlos.