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Oberschlesien, ein Land deutscher Kultur

Ausstellung in Gleiwitz: Kreativität ist gefragt, um Fördergelder für nicht-polnische Geschichtsprojekte zu erhalten

Chris W. Wagner
21.09.2020

Das Museum Gleiwitz [Gliwice] ist vom polnischen Ministerium für Kultur und Nationales Erbe mit umgerechnet 15.000 Euro bedacht worden. Dabei handelt es sich um eine Förderung im Rahmen des Projektes EtnoPolska, mit dem identitätsstiftende Aktivitäten unterstützt werden. Das Geld kommt der ethnografischen Abteilung des Gleiwitzer Museums zugute. Dort werden hauptsächlich naive Kunst und Objekte aus den Schlesischen Beskiden, früher ein Teil Österreichisch Schlesiens, und Kleinpolen gezeigt. Mit der ländlichen Region um Gleiwitz hat dies also freilich wenig zu tun und stärkt somit auch kaum die Identität. Die nichtpreußischen schlesischen Beskiden haben jedoch eine tiefere Verbindung zu Polen – möglicherweise also ein Kunstgriff, um in Warschau ein Projekt überhaupt erst schmackhaft machen zu können.

Die kürzlich in Rente gegangene Leiterin der ethnografischen Abteilung, Bożena Kubit, hatte aber ein Ass im Ärmel. Bevor sie in den Ruhestand ging, hat sie sich der im Archiv gelagerten Fotoplatten angenommen und fand darauf wahre Schätze. Diese sollten unbedingt einem breiten Publikum gezeigt werden und dafür hat Kubit den Zuschuss verwendet.

Auf den Glasplatten ist oberschlesisches Brauchtum aus dem preußischen Oberschlesien von vor 100 Jahren festgehalten, zu dem ja auch Gleiwitz gehörte. „Das Bildmaterial wurde in den 20er und 30er Jahren in regionalen und lokalen Publikationen verwendet, zum Beispiel in ‚Oberschlesien, ein Land deutscher Kultur' und vor allem in ‚Oberschlesien im Bild', der illustrierten Beilage der Tageszeitung ‚Oberschlesischer Wanderer'“, so Kubit. Herausragend findet sie die Arbeiten von Paul Schau. Dieser Fotograf hätte, so die Ethnografin, auf besondere Weise die oberschlesischen Alltagsbräuche eingefangen.

Brauchtum auf Fotoplatten

Anna Piontek hat die von Kubit untersuchten und beschriebenen Bilder in das Projekt: „Die fotografische Sicht der Traditionen“ gepackt und daraus eine Freilichtausstellung gemacht. Sie wird möglichst an Orten gezeigt, wo die Bilder mit der Umgebung besonders gut korrespondieren: „Unsere Ausstellung zeigen wir in mehreren Stadtteilen von Gleiwitz. Auf diese Weise kann sie von vielen Menschen gesehen werden. Wir bringen sie an Orte, wo die Bilder vor fast 100 Jahren aufgenommen wurden“, erklärt Piontek.

Den Auftakt machte der Gleiwitzer Ring, wo die Ausstellung bis Mitte September präsentiert wurde. Es folgt der Stadtteil Zernik [Żerniki], wo sie gegenüber der Johannes-Baptist-Kirche für etwa zehn Tage ihren Platz findet. Diese schlichte Kirche wurde 1931 im Stil der Moderne gestaltet.

Danach werden die Bilder im ländlich geprägten Alt Gleiwitz [Stare Gliwice], später im Stadtteil Brzezinka gezeigt. Den Abschluss macht Laband [Łabędy], wo sie vom 12. bis zum 18. Oktober zu sehen sein wird.

„Die Ausstellung ist unsere Antwort auf die an uns oft herangetragenen Erwartungen der Besucher. Viele sind besorgt um die so schnell verschwindenden Bräuche und Traditionen“, so Museumsdirektor Grzegorz Krawczyk. Er ist überzeugt: „Die Bilder fangen den oberschlesischen Alltag ein und helfen uns die so nicht mehr gelebten oder stark veränderten Bräuche zu verstehen.“

Bräuche verstehen lernen

Die Ausstellung präsentiert Jahreszeitenbräuche, wie den Abschied vom Winter oder die Begrüßung des Frühlings (Maibaumschlagen), Erntedankfeste, Feldsegnungen, Kirchen und Familienfeste. Im Ausstellungskatalog werden die etwa 150 Fotografien in deutscher und polnischer Sprache beschrieben. Dieser Katalog wird an oberschlesische Schulen, Bibliotheken und Kulturinstitutionen verteilt.


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