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Der Stammsitz der Adelsfamilie Henckel von Donnersmarck zieht heute noch zahlreiche Touristen an
Die Herrschaft Neudeck in Schlesien kam vor 400 Jahren in den Besitz von Lazarus I. Henckel von Donnersmarck. Seine Nachkommen ließen die ursprüngliche Burganlage in den Folgejahrhunderten zu einem repräsentativen Schlosskomplex mit einem 250 Hektar großen Landschaftspark ausbauen, der zu den „größten und prächtigsten Anlagen des Deutschen Reiches“ gehörte.
Neudeck galt als „Oberschlesisches Versailles“ und erlebte Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts seine Blütezeit, als Guido Graf Henckel von Donnersmarck in den Fürstenstand erhoben wurde. Er zählte damals zu den reichsten und mächtigsten deutschen Fürsten und beherbergte oft Kaiser Wilhelm II. auf Neudeck. Der Hohenzoller bewohnte dann den Kavalierspalast des riesigen Schlosskomplexes.
Von Neudeck [Swierklaniec], das heute zum Powiat Tarnogorski gehört, sind nach den Zerstörungen Ende des Zweiten Weltkrieges heute nur noch der Kavalierspalast, der Schlosspark mit Skulpturen, die Grabkapelle der Fürstenfamilie und einige Wirtschaftsgebäude erhalten. Diese Reste sind inzwischen ein überregionaler Anziehungspunkt für Besucher. Das gilt besonders für den Kavalierspalast mit Kaiserspuren.
Aufstieg unter den Habsburgern
Am Anfang der Geschichte der Adelsfamilie Henckel von Donnersmarck stand Henckel de Quintoforo aus Donnersmarck in der jetzigen Slowakei, der Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts lebte und als Stammvater gilt. Die Familie stieg dann unter den Habsburgern auf. Den ersten größeren Zuwachs erreichte Lazarus I. Henckel von Donnersmarck. Er machte Ende des 16. Jahrhunderts in Wien als Großkaufmann, Bankier sowie Bergbauunternehmer Karriere, finanzierte teilweise die Türkenkriege der Kaiserfamilie und besaß außer den Palästen in Wien zahlreiche Rittergüter und Herrschaften. Dazu gesellte sich 1623 die Herrschaft Neudeck, die unter Lazarus II., seinem Sohn, zum Stammsitz der Aufsteigerfamilie gedieh. Die Henckel von Donnersmarcks er klärten ihren Besitz zum „unteilbaren Erbgut“, teilten die Erblande dann aber trotzdem in die zwei Fideikommisse Beuthen sowie Tarnowitz-Neudeck und wurden 1651 in den Reichsgrafenstand erhoben.
In Neudeck gab es in der Folge eine umfangreiche Bautätigkeit. Die Renaissance-Residenz wurde zunächst im barocken und dann im Tudorstil ausgebaut. Dabei entstanden das sogenannte Alte Schloss und das Neue Schloss. Rundherum gab es eine Parkanlage, die ab 1865 nach Plänen von Peter Joseph Lenné geschaffen wurde. Das war ein Landschaftspark im englischen Stil mit Wiesen, Waldinseln, Sichtachsen, Bächen, Kanälen, kleinen Seen, Brücken und vielen Skulpturen. Von Neudeck aus verwaltete die Fürstenfamilie ihren riesigen Besitz mit 27.500 Hektar Fläche sowie zahlreichen Bergwerken in Oberschlesien und ganz Ostmitteleuropa. Zum Schlossensemble gesellten sich 1895/96 die neugotische Grabkapelle zur Nutzung als Gotteshaus und Ruhestätte sowie südöstlich vom Neuen Schloss bis 1906 der Kavalierspalast als Gästehaus.
Nach den Plänen von Ihnes erbaut
Der Kavalierspalast wurde nach Plänen des Berliner Stararchitekten und Hofbaumeisters Ernst von Ihne erbaut, der bei Kaiser Wilhelm II. in hohem Ansehen stand und vom Hohenzollern wohl auch an die Fürstenfamilie Henckel von Donnersmarck empfohlen worden war. Der Bau entstand im Stil der Neorenaissance, bekam einen repräsentativen Eingang mit Familienwappen und Erker und beeindruckt im Inneren durch ein rundes Treppenhaus. Die alte Raumaufteilung und Ausstattung des Gästehauses blieb größtenteils erhalten.
Die Fürstenfamilie wurde nach 1945 enteignet. Nach den Zerstörungen, Auswüchsen der Plünderung, Abtragung der Ruinen des Alten sowie Neuen Schlosses 1961 und vielen Unstimmigkeiten zum Fortbestand der Gebäudereste gibt es jetzt nach der Sanierung des Kavalierspalastes eine neue besucherfreundliche Nutzung als Hotel mit Restaurant. Hier wird jetzt auch an die wechselvolle Geschichte von Neudeck und an die Fürstenfamilie mit ihren prominenten Gästen erinnert.