29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Östlich von Oder und Neiße

Ohne Wehmut, aber auch ohne Faible für modernen Städtebau

Peter Canisius Birkner hat ganz pragmatisch das kirchliche Schlesien in der Bundesrepublik Deutschland gerettet

Chris W. Wagner
22.01.2023

Das einst ganz Schlesien und Teile Brandenburgs umfassende Erzbistum Breslau erlebte infolge der Grenzziehung an Oder und Neiße seine stückweise Zerlegung. Mit dem Bistum Görlitz lebt in Nachfolge eine Diözese in dieser Tradition in der Bundesrepublik fort. Prälat Peter Canisius Birkner ist ihr federführender Retter gewesen.

Am 26. Dezember hat das Bistum Görlitz im Rahmen eines Festgottesdienstes das diamantene Priesterjubiläum des Prälaten gefeiert. Dem aus Neiße [Nysa]stammenden emeritierten Generalvikar von 1981 bis 1995 ist es zu verdanken, dass aus dem deutschen Reststück, das als „Apostolische Administratur“ nach dem Krieg weitergeführt wurde, das eigenständige Bistum Görlitz gebildet wurde und es sich nicht nach Berlin oder Meißen orientieren musste. „Einen Fortbestand der Apostolischen Administratur wollte keiner. Als Alternative stand der Anschluss ganz oder zur Hälfte an ein Nachbarbistum im Raum“, erinnerte sich der Jubilar in einem Beitrag der katholischen Wochenzeitung „Tag des Herrn“.

Nach der friedlichen Revolution gelang es Birkner als Generalvikar und damit Verwaltungschef der Administratur mit dem in Liegnitz [Legnica] geborenen Bischof Bernhard Huhn (1921–2007), die Erhebung zum Bistum durchzusetzen. Im Rückblick gibt er zu bedenken: „Alles andere hätte bedeutet, dass das Bistum Dresden-Meißen von Gera bis nach Eisenhüttenstadt gereicht hätte, das Bistum Berlin von der Insel Rügen bis nach Görlitz. Mit negativen Auswirkungen auf die Breslauer Pastoraltradition und die Nähe zu den Gläubigen.“ Dass zugleich die deutsch-polnische und ebenso schlesisch-schlesische Brückentradition funktionierte, kam zur Jahrtausendwende auch darin zum Ausdruck, dass Birkner Ehrendomkapitular im Nachbarbistum Liegnitz mit ebenso Breslauer Tradition wurde.

Geboren wurde Birkner 1935 im schlesischen Neiße. Sein Vater unterhielt dort ein Lebensmittelgeschäft. Nach der Vertreibung kam die Mutter mit ihren fünf Kindern, von denen Peter Canisius das älteste war, nach Limbach-Oberfrohna bei Zwickau. 1956 machte Peter Canisius sein Abitur jedoch bereits im westfälischen Rüthen bei Soest und begann sein Theologiestudium in Königstein im Taunus. Da die aus dem Osten stammenden Priesteramtskandidaten jedoch einen Bischof (Ordinarius) haben mussten, wandte sich Birkner an Bischof Ferdinand Piontek (1878–1963) in Görlitz. Der aus dem oberschlesischen Leobschütz [Głubczyce]stammende Piontek stand seit 1947 den zur SBZ gehörenden Teilen des Erzbistums Breslau vor. Auf diese Weise kam der Neißer Birkner an die Lausitzer Neiße und wurde am 22. Dezember 1962 zum Priester geweiht.

„Seine Kenntnisse der Geschichte sind für mich als Bischof bis heute eine wichtige Quelle für Entscheidungen und Weichenstellungen, die in der Gegenwart zu fällen sind. Ich bin dankbar, dass er als ,Emeritus' in Görlitz lebt, für mich immer erreichbar ist“, sagte Bischof Wolfgang Ipolt im Festgottesdienst zu Birkners 60. Priesterjubiläum.

Durch sein Geschichtsbewusstsein, seine historischen Kenntnisse und seine guten Kontakte zu den polnischen Geistlichen jenseits der Neiße gelang es Birkner, Kirchenchroniken und handschriftliche Kirchenbücher zu erhalten. Nach wie vor digitalisiert er solche Urkunden bei sich daheim in seiner Altenheimwohnung. Gerne spricht er über seine schlesische Heimat, jedoch nicht wehmütig. Im Gespräch klärt er beiläufig über die unterschiedlichen Landschaften und Mentalitäten in Schlesien auf und erzählt passend dazu Witze, als Schlesier natürlich solche von „Antek und Franzek“.

Seine Heimatstadt Neiße besuchte er vor wenigen Monaten zum letzten Mal, wie er sagt. „Ich bin doch keine 80 mehr!“, lacht er, wird aber dann doch ernst. Es gefiele ihm nicht, was mit der Neißer Innenstadt passiere. Er könne dem modernen Touch um den Domplatz herum nichts abgewinnen. Doch es ist, wie es ist, er müsse es ja nicht mehr weiterverfolgen, sagt er.

Für seine Familie überträgt er derzeit die private Korrespondenz seines Vaters aus der Gefangenschaf in Druckschrift. Dies soll zwar nicht öffentlich werden, aber es beschäftigt den Geist des Prälaten.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS