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Der Wochenrückblick

Olafs Welt

Warum sich der Kanzler so unglaublich sicher gibt, und wie Merz in Merkels Erbe zappelt

Hans Heckel
14.09.2024

Das kann er doch unmöglich ernst meinen! Ist der denn völlig blind für den verheerenden Niedergang seiner Partei, seiner Regierung – des ganzen Landes? Selbst durch und durch Ampel-freundliche Medienmacher stehen sprachlos vor der grinsenden Selbstzufriedenheit, mit der Olaf Scholz die Hiobsbotschaften vom Tisch wischt: Alles in Butter, und wenn nicht, dann wird das schon noch, ihr werdet sehen – so die immer gleiche Botschaft des „besten Kanzlers, den wir je hatten“, wie ihn ein Speichellecker aus seinem Kabinett jüngst tituliert hat.

Der Scholz sei mittlerweile so verzweifelt, dass er vor der Wirklichkeit Reißaus nehme und sich in eine Scheinwelt flüchte, mutmaßen Hobbypsychologen. Das passiere Leuten und sogar ganzen Regimen, denen alles rettungslos entglitten ist. Hört sich schlüssig an, und würde so einiges erklären.

Stimmt bei Scholz aber nicht. Der sieht den Schlamassel und verdrängt ihn auch nicht. Und woher nimmt er dann diese gespenstische Selbstsicherheit?

Ich will es ihnen sagen: aus seiner eigenen Erinnerung. Blättern wir zurück: Ende Dezember 2019 haben ihn seine Sozis nicht einmal zum Parteichef gewählt. Er wollte mit Klara Geywitz, die heute als komplett ergebnislose Bauministerin keinerlei Reden von sich macht, die SPD-Doppelspitze bilden. Statt der beiden schoben die Genossen lieber Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nach oben. Einen Mann mit der Ausstrahlung eines Tischlochers und eine Frau, deren politische Erfahrung aus ihrer Mitgliedschaft im Landeselternrat von Baden-Württemberg bestand und die zuvor zweimal erfolglos für einen Beisitzerposten im Landesvorstand ihrer Partei kandidiert hatte. Jeden, nur nicht diesen Scholz: Das schien die Devise der Parteitagsdelegierten gewesen zu sein.

Aber dann – oh Wunder! – hat ihn die SPD im August 2020 trotzdem zu ihrem Kanzlerkandidaten für 2021 gekürt. Warum bloß? Nun, damals stand die SPD laut Insa bei 15 Prozent, die Grünen bei 16,5 und die Union bei sagenhaften 36,5. Allen war klar: Der Merkel-Nachfolger wird wieder ein Schwarzer sein, und wenn nicht, dann wohl ein Grüner, aber auf keinen Fall einer von der SPD. So sahen es auch die SPD-Strippenzieher wie Kevin Kühnert oder Lars Klingbeil. Die suchten nur jemanden, der die Bundestagswahl 2021 für sie verliert und in der Ecke landet, damit sie – jung genug – danach unbefleckt hätten durchstarten können. Für die linken Medien war die Grünen-Kanzlerkandidatin damals eh der Favorit.

Zunächst lief alles nach Plan: Im Mai 2021 dümpelte die SPD immer noch bei 15 Prozent, während die Grünen kräftig aufholten und nun mit jeweils 24 Prozent gleichauf mit der CDU/CSU rangierten. Der Traum von einer grünen Kanzlerin war zum Greifen nahe, die medialen Huldigungen für Annalena Baerbock durchbrachen jede Kitschgrenze.

Dann jedoch sprudelten die Ungereimtheiten in Baerbocks Lebenslauf zutage, und die in Verdacht Geratene ging auch noch unschlagbar ungeschickt mit den Enthüllungen um. Unionskandidat Armin Laschet hatte derweil seinen CSU-Konkurrenten Markus Söder im Nacken. Als der sich zurückzog, humpelte Laschet mit den Blessuren des wochenlangen Zweikampfs wie ein waidwundes Tier durchs Land, bis er im Ahrtal auftauchte und in Lachen ausbrach, als es unpassender kaum aussehen konnte.

Der Schleichweg zur Macht
So hatten sich Scholzens beide Konkurrenten selbst aus dem Rennen geschossen, ohne dass er irgendetwas dazu tun musste. In der Rückschau aber sieht er das ganz anders.

In des Kanzlers Selbstwahrnehmung war es seine geniale Strategie, welche die Rivalen besiegt hat: Einfach nur grinsen und bei Bedarf hohle Sprüche absondern („Respekt für die Menschen“), der Rest geht dann von selbst. Diese Selbstüberschätzung prägt den Scholz von heute.

Er scheint sich sicher zu sein, dass er auf demselben Schleichweg seinen unverhofften Erfolg von 2021 wiederholen kann. Mieseste Umfragewerte für die SPD? Pah, hatten wir Anfang '21 auch! Selbst die eigene Partei kann ihn nicht leiden? War 2019 doch auch nicht anders. Also einfach weitermachen, grinsen, Sprüche nuscheln, Phrasen dreschen.

Seien wir ehrlich: Scholz wäre nicht der Erste, der eine vom Schicksal unverdient gewährte Gunst für sein eigenes Verdienst hält. Indes, der Kanzler würde sehr überrascht und schrecklich enttäuscht sein, wenn ihm diese Gunst beim nächsten Anlauf verwehrt würde. Doch danach sieht es ganz und gar aus.

Verstehen Sie jetzt? Der Mann spinnt nicht und verdrängt die Krise ebenso wenig. Er glaubt nur felsenfest an seine Methode und übersieht, dass in Wahrheit die anderen alles für ihn gemacht haben. Das hat er bis heute nicht begriffen, was seine Rivalen ausnehmend freuen dürfte.

Wobei wir zugeben müssen, dass es seinem vermutlichen Herausforderer Friedrich Merz längst nicht so gut geht, wie er uns glauben machen will. Dessen siegesgewisse Auftritte können kaum verbergen, wie sehr er im Netz einer speziellen Anti-AfD-Strategie zappelt, die nur den Linken nützt.

Aber Merz scheint das langsam zu spüren. „Das Wort ,Brandmauer' hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört. Das ist uns immer von außen aufgenötigt worden.“ Aufgenötigt? Von wem denn? Und vor allem: wann überhaupt? Als Merz vor drei Jahren um den CDU-Chefposten kämpfte, ließ er den „Spiegel“ wissen: „Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben.“

Wir wissen nicht mehr, wann das Wort „Brandmauer“ im Zusammenhang mit der AfD das erste Mal gefallen ist und wer es „eingebracht“ hat. Aber wenn jemand drei Jahre lang unter dem Joch eines „aufgenötigten“ Begriffs kauert, ohne sich gegen diese Zumutung zu wehren, könnte dies Fragen über die Durchsetzungsstärke des Betreffenden aufwerfen, die dann nur noch jemand in die öffentliche Debatte „einbringen“ müsste.

Interessant ist die leise Absetzbewegung vom Wort „Brandmauer“ allemal. Zumindest scheint es Merz zu dämmern, wie geschickt das linke Lage seine Union mit dem Bau der „Mauer“ in die Ecke gedrängt hat.

Wobei die großartigste Architektin jener Strategie mit der Mauer wohl keine andere als Angela Merkel selbst war. Die Grüne im schwarzen Gewand wollte ja genau das: Bürgerliche Stimmen für eine linksgrüne Politik abgreifen, was ihr 16 Jahre lang auf beeindruckende Weise gelungen ist. Was die grüne CDU-Chefin und ewige Kanzlerin so lange selbst in die Hand nahm, soll künftig durch die linksdominierten Koalitionen sichergestellt werden, in welche die Union wegen der Brandmauer eintreten möge. Nun merken CDU und CSU, wofür sie sich haben einspannen lassen. Dabei müssen sie auch feststellen, wie tief und schwer entrinnbar die Falle geraten ist, in welche sie Merkel, die Schlaue, hat locken können. Wir warten gespannt auf die Verrenkungen der Union, sich da herauszuwinden. Ebenso wie auf Scholzens Stunde der Wahrheit.


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Kommentare

Kersti Wolnow Wolnow am 15.09.24, 17:51 Uhr

Wobei die großartigste Architektin jener Strategie mit der Mauer wohl keine andere als Angela Merkel selbst war. Die Grüne im schwarzen Gewand wollte ja genau das: Bürgerliche Stimmen für eine linksgrüne Politik abgreifen, was ihr 16 Jahre lang auf beeindruckende Weise gelungen ist. Was die grüne CDU-Chefin und ewige Kanzlerin so lange selbst in die Hand nahm, soll künftig durch die linksdominierten Koalitionen sichergestellt werden, in welche die Union wegen der Brandmauer eintreten möge. Nun merken CDU und CSU, wofür sie sich haben einspannen lassen. Dabei müssen sie auch feststellen, wie tief und schwer entrinnbar die Falle geraten ist, in welche sie Merkel, die Schlaue, hat locken können.

Die Grünen sind die Frankfurter Schule, Kampf gegen die Familie, gegen Völker, gegen die christliche Kirche. Alles liegt auf der Hand. Nur die Täter dürfen nicht benannt werden... Das ist Antisemitismus.

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