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Das Eröffnungsspektakel zeigt, wie Großereignisse und öffentlich-rechtliche Medien immer ungenierter zum Resonanzboden „woker“ Ideologie werden
Sobald wir unter Menschen sind, beginnen wir zu lügen. Das hat schon Nietzsche 1873 festgestellt: „Soweit das Individuum sich gegenüber andern Individuen erhalten will, benutzt es in einem natürlichen Zustand der Dinge den Intellekt zumeist nur zur Verstellung.“ Auch nach 150 Jahren hat dieser Befund nichts an Frische eingebüßt. Im Gegenteil. Tag für Tag werden in ungebrochener Munterkeit die Nachrichtenkanäle mit immer neuen Fiktionen geflutet – und alle jene, denen das Gefühl, ausgegrenzt zu sein, zuwider ist, müssen diese als unhinterfragbare Wahrheiten anerkennen. Oder sie flüchten lieber gleich in den warmen Schoß der Heuchelei.
Zu den etablierten Lügen und Fiktionen gehören auch die Definitionen des Gemeinschaftslebens. Hierzu hat Thomas Jolly, künstlerischer Leiter der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris, gerade eine Formulierung von anmutiger Schlichtheit überliefert: „Vielfalt bedeutet, zusammen zu sein.“ Womöglich wähnt der 42-jährige Theatermann seinen Ausspruch in ähnlich weisheitlicher Flughöhe wie „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, weshalb er denn auch bei der Inszenierung des vierstündigen Spektakels am vergangenen Freitag keine Scheu hatte, sich an biblische Motive heranzutrauen und damit an die Grundlagen des abendländischen Selbstverständnisses. Weil aber Jollys Diktum nichts als leere Phrase ist, konnte er mit dem Anspruch, unser Zusammenleben zeitgemäß zu bebildern, nur scheitern.
Endlos wurde während der Eröffnungsfeier das übliche Arsenal postmoderner Stereotypen abgefeuert: Männer in Kleidern und Strumpfhosen, Dragqueens beim Paarungstanz und freischwingende Geschlechtsteile. Seniorenmodels knutschten einander ab und auf dem roten Teppich sogar zwei Männer. Allenthalben war so sehr das Bemühen zu spüren, Tabus zu brechen und Haltung zu zeigen, dass es schon wieder spießig wirkte. In westlichen Ländern locken fummelnde Rentner und züngelnde Männer niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Dafür wurden in anderen Ländern der Welt ganze Teile der Show ob ihrer Obszönitäten gar nicht erst ausgestrahlt.
Anstoß erregte indes eine Art queere Neuinterpretation des Abendmahls, wie es Leonardo da Vinci in seinem Gemälde verewigte. Statt des Heilands am Vorabend der Kreuzigung thronte in Paris eine dicke Frau in blauem Kleid und Strahlenkranz auf dem Kopf inmitten der Tafel. Die Darstellerin postete bei Instagram als Konzept ihres Auftritts: „Oh yes! Oh yes! The New Gay Testament!“ Sie war umringt von den Jüngern in Gestalt freakiger Figuren, Frauen mit Bärten, halbnackter Jünglinge, alles milieukonform transsexuell durchtönt. Davor rekelte sich fast unbekleidet und blau bepinselt der Liedermacher Philippe Katerine, der die Nacktheit besang und sie allen Menschen anempfahl, weil sie dann keine Revolver tragen könnten.
Hofnarren der liberalen Demokratie
Die Armseligkeit dieser vorgetäuschten künstlerischen Provokation wird deutlich, wenn wir uns vorstellen, dass die Zeitgeist-Opportunisten es niemals gewagt hätten, den Propheten des Islam in solcher Weise durch den Kakao zu ziehen. Dabei hätte die Schwulen-Community an der Lehre Mohammeds ungleich mehr zu beanstanden als am Christentum. Queer lebende Menschen landen in islamischen Ländern im Gefängnis oder beim Scharfrichter.
Doch sowas benennen diese theatralischen Pausenclowns lieber nicht. Stattdessen entfachen sie gratismutige Strohfeuer in den Komfortzonen westlicher Kunstfreiheit, simulieren kritisches Bewusstsein, provozieren gegen längst überwundene Denkschab-lonen und reden der demokratischen Obrigkeit doch nur nach dem Munde, um staatliche Zuschüsse abzugreifen. In ihrem Einerlei „woker“ Vielfalt sind sie die Hofnarren der liberalen Demokratie.
Was aber wären diese Hampelmännchen ohne ihre Geschwister in den Medien, die diese politischen Korrektheiten verbreiten? Allen voran unsere Öffentlich-Rechtlichen, die sich mit ihrem Gouvernanten-Sound journalistisch zunehmend entbehrlich machen.
In einer „heute“-Sendung über die Pariser Eröffnungsveranstaltung lieferte das ZDF ein unrühmliches Beispiel für kratzfüßige Berichterstattung: „Die Anlehnung an das Abendmahl überschreitet bewusst Grenzen“, meldete Korrespondentin Anne Arend nach Mainz. „Ebenso das Tableau der geköpften Königin Marie Antoinette. Eine Hommage an die Französische Revolution. Brutal, laut und heavy.“ So werden hier gleich zwei Geschmacklosigkeiten im Eilverfahren beschönigt.
Wie sehr dieser Wahnsinn Methode hat, zeigte Tage zuvor schon „heute“-Moderator Mitri Sirin: „Er wolle die USA wieder einen, hatte Donald Trump gesagt, kurz nach dem missglückten Attentat auf ihn.“ Zweifellos kann es sich hier um eine sprachliche Schludrigkeit handeln, die schon mal passiert. Gleichwohl ist auch eine unterschwellige Kumpanei mit Trump-Gegnern herauszuspüren, die in den Tagen nach den Schüssen ihr Bedauern äußerten, dass eine Kugel nur die Ohrmuschel des Ex-Präsidenten erwischt hat.
Jede Stunde der Heuchler hat auch nur ihre 60 Minuten. Als Kamala Harris nach Bidens Kandidatur-Rücktritt zur neuen Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten ausgerufen wurde, schlug für manche linksliberalen Journalisten denn auch die Stunde der Wahrheit. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte über die Kandidatin: „Leuchtet da jemand von innen?“ Noch ungehemmter verliebt gebärdete sich WDR-Korrespondentin Katrin Brand in den „Tagesthemen“: „Wenn Kamala Harris lacht, verzieht sie nicht nur den Mund, sie röhrt, sie gluckst, sie lässt das Lachen aus dem Bauch aufsteigen bis in ihre Augen. Sie lässt ihr ganzes Gesicht strahlen und ihren Körper beben. Ich finde das ansteckend. Die Republikaner nicht.“
Vielleicht sollte sich der Fernsehrat mit Brands Kommentar befassen. Allerdings ist er auch nur modellhaft für den Zustand eines Analyse-resistenten Stimmungsjournalismus hierzulande.