Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Preußen blickt auf eine lange Tradition der Umwelt- und Naturpflege zurück – Das Zehlauer Moos war 1901 das erste seiner Art
Am 10. April 1668 erließ Herzog Rudolf August zu Braunschweig und Lüneburg eine Verordnung, durch die er die Baumannhöhle im Harz zum ersten geschützten Naturdenkmal in Deutschland erklärte. Diesem Vorbild folgten später auch die preußischen Könige. Dadurch wurde 1836 unter anderem der Drachenfels im Siebengebirge vor der Vernichtung durch Steinbrucharbeiten bewahrt.
Erster grüner Flügel
Und dann sorgte Preußen im Jahre 1920 durch sein neues Feld- und Forstpolizeigesetz (PrFFPG) zudem für die offizielle Einführung der juristischen Kategorie „Naturschutzgebiet“. Kurz darauf gab es immerhin schon zwölf solcher Gebiete in Preußen. Am 26. Juli 1935 wiederum trat das Reichsnaturschutzgesetz in Kraft, durch das nun in ganz Deutschland Naturschutzgebiete festgelegt werden konnten – die Initiative hierzu ging vom sogenannten „Grünen Flügel der NSDAP“ um den Reichsbauernführer Walther Darré und den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß aus. Ein Jahr später zählte man reichsweit 98 Naturschutzgebiete, und 1940 waren es sogar über 800. Dazu kamen mehr als 50.000 einzelne Naturdenkmäler.
Anzeichen für Erdölsuche
Etliche der Naturschutzgebiete lagen dabei in Ostpreußen, wobei das allerälteste hier sogar noch vor der Einführung des PrFFPG ausgewiesen wurde. Denn das Zehlauer Moos erhielt seinen Schutzstatus bereits am 10. März 1901. Das Hochmoor südwestlich von Tapiau war damals das einzige noch wachsende Biotop seiner Art in Deutschland und bedeckte eine Fläche von 23 Quadratkilometern, auf der vor allem zahlreiche Kraniche nisteten. Nach der sowjetischen Besetzung des Königsberger Gebietes entstand um das Moor herum ein Truppenübungsplatz, wodurch die Natur hier weiter unbehelligt blieb. Neuerdings mehren sich allerdings die Anzeichen für Aktivitäten im Zusammenhang mit der Suche nach Erdöl.
Weitere sehr alte ostpreußische Naturschutzgebiete waren der Buchenwald in der Nähe des Striewer Sees südwestlich der Kreisstadt Rößel, der Drausensee westlich von Preußisch Holland mit seinen markanten schwimmenden Inseln, der uralte Eibenwald von Wensöwen bei Treuburg und das Zedmarbruch unweit von Astrawischken im Kreis Darkehmen. Das Letztere erstreckte sich über rund vier Quadratkilometer an der Stelle eines ehemaligen Sees mit zwei Inseln, die mehr als einhundert Meter über Normalnull aufragten. Hier lebten in der Zeitspanne von der Steinzeit bis zur Eisenzeit (10.000 bis 500 v. Chr.) nahezu ununterbrochen Menschen. Damit ist das Zedmarbruch auch einer der ältesten Siedlungsplätze Ostpreußens.
Geschützte Kurische Nehrung
Nach dem Erlass des Reichsnaturschutzgesetzes wurde am 12. September 1937 zudem ein 46.550 Hektar großes Waldgebiet östlich und südöstlich des Kurischen Haffs unter Schutz gestellt. Dieser sogenannte Deutsche Elchwald umfasste anfangs die Forstämter Ibenhorst und Tawellningken im Regierungsbezirk Gumbinnen sowie Pfeil, Klein Naujock, Neu-Sternberg, Alt-Sternberg, Gertlauken und Drusken im Regierungsbezirk Königsberg. 1939 beziehungsweise 1941 kamen dann noch die Oberförsterbezirke Rossitten und Schwarzort sowie Leipen und Papuschienen im Kreis Wehlau hinzu. Damit gehörte nun auch die komplette Kurische Nehrung zum ostpreußischen Naturschutzgebiet Elchwald.
Das wies aufgrund seiner Größe vier ganz unterschiedliche Landschaftsformen auf: Im Süden gab es fruchtbare Grundmoränenböden aus der Eiszeit mit den auf Lehm basierenden Biotopen des „Großen Baumwaldes“. Nördlich davon, also am Ufer des Kurischen Haffs, lagen der Westteil des Großen Moorbruchs sowie die Erlenbruchwaldreviere des Memeldeltas. Und zwischen dem Haff und der Ostsee erstreckte sich die sogenannte Deutsche Wüste mit den Sanddünen der Kurischen Nehrung.
Russischer Naturschutz
Ein Teil des Gebietes wurde dem Reichsforst- beziehungsweise -jägermeister Hermann Göring zur direkten Verfügung überlassen, sodass hier des Öfteren große Jagden stattfanden. An diesen nahmen neben Göring auch ausländische Staatsgäste wie der finnische Armeechef und spätere Staatspräsident Freiherr Carl Gustaf Emil Mannerheim, der ungarische Reichsverweser Admiral Miklós Horthy von Nagybánya und der bulgarische Zar Boris III. aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha teil.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Elchwald mitsamt der Kurischen Nehrung an die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) und an die Litauische Sozialistische Sowjetrepublik (LiSSR). Beide Teilrepubliken der UdSSR richteten dann ihrerseits 1950 und 1961 Naturschutzgebiete ein, die 1987 und 1991 in Nationalparks umgewandelt wurden. Und 2000 avancierte die Kurische Nehrung schließlich sogar zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Alte Schutzgebiete
Der Südteil Ostpreußens wiederum geriet 1945 unter polnische Verwaltung und firmiert heute als Woiwodschaft Ermland-Masuren. Hier befinden sich ebenfalls zahlreiche Naturschutzgebiete, die oft schon vor der Annexion bestanden. Besonders hoch ist deren Dichte im Bereich der Masurischen Seeplatte, welche heute zu 40 Prozent unter Naturschutz steht, wobei allein in dem bereits 1977 gegründeten und mittlerweile 55.000 Hektar großen Masurischen Landschaftspark schon 114 einzelne Naturreservate liegen.