21.11.2025

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Tritt als Bundesvorsitzende ihrer eigenen Partei zurück, will aber dennoch weiter „mitspielen“: Sahra Wagenknecht
Bild: picture alliance/Chris Emil Janßen/Chris Emil JanssenTritt als Bundesvorsitzende ihrer eigenen Partei zurück, will aber dennoch weiter „mitspielen“: Sahra Wagenknecht

BSW

Partei ohne eigenes Profil

Wie geht es nach Sahra Wagenknechts Rückzug mit dem Bündnis weiter?

Peter Entinger
21.11.2025

Am Ende war es keine Überraschung mehr. In der vergangenen Woche verkündete Sahra Wagenknecht, dass sie bei dem anstehenden Parteitag im Dezember nicht erneut als Bundesvorsitzende des von ihr gegründeten und nach ihr benanntem BSW kandidieren werde. Die 56-Jährige, einst als charismatische Linken-Abgeordnete bekannt und heute das prägende Gesicht der neuen Partei, begründete ihren Schritt mit Überlastung. Sie sei seit der Gründung 2024 „extrem durch Aufgaben des Parteimanagements und der Organisation beansprucht“ gewesen, sagte sie. In Zukunft wolle sie den „Kopf wieder freihaben für die Dinge, mit denen ich dem BSW helfen kann“. Schon zu den turbulenten Linken-Zeiten hatte sich die Ehefrau des Polit-Querkopfs Oskar Lafontaine aus gesundheitlichen Gründen aus der ersten Reihe zurückgezogen.

Für den Bundesvorsitz strebt das BSW abermals eine Doppelspitze an. Die bisherige Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali soll neben dem neuen Vorsitzenden Fabio De Masi, einem engen Vertrauten Wagenknechts und Europaabgeordneten, das Amt führen. Der Generalsekretär-Posten ist bisher noch vakant. Der bisherige Amtsinhaber Christian Leye soll nun stellvertretender Parteichef werden. Ungeachtet des Führungswechsels soll Wagenknecht jedoch in jedem Fall „eine führende Rolle“ behalten – vor allem bei der inhaltlichen Ausrichtung über eine neu geschaffene Grundwertekommission.

Neuer Name, alter Inhalt
Auch der Parteiname steht auf dem Prüfstand. Seit der Gründung hieß das Politbündnis offiziell „BSW – Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“. Kritiker warfen der Partei vor, zu stark auf die Gründerin zugeschnitten zu sein. Wagenknecht selbst hatte das zunächst mit dem schnellen Wiedererkennungswert begründet. Nun plant das Präsidium eine offizielle Umbenennung. Vorgeschlagen ist die Langform „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ – das Kürzel BSW soll bestehen bleiben. Gleichzeitig formieren sich Gegenentwürfe. So schlägt der Landesverband Rheinland-Pfalz „Bürger schaffen Wandel – Vernunft und Gerechtigkeit“ vor. Der Streit um den Namen zeigt, wie sehr das BSW nach einem eigenständigen Profil ringt, jenseits des Personenkults.

Dabei bleibt die Partei in einer schwierigen Phase. Der Enthusiasmus der Anfangszeiten hat sich gelegt. In Umfragen liegt das BSW bundesweit nur noch bei etwa drei bis vier Prozent. Gleichzeitig häufen sich interne Konflikte. In Brandenburg sorgt ein Streit um neue Medienstaatsverträge für Unruhe in der rot-rot-gelben Koalition. Letzte Woche verließen vier Abgeordnete die Partei, wollen aber in Fraktion und Regierung bleiben.

In Sachsen-Anhalt berichteten Medien von erbitterten Grabenkämpfen im Landesvorstand. Überall wird diskutiert, ob man in den Länderregierungen weiter mitwirken oder sich für Neuwahlen aufstellen soll. Wagenknecht gilt als skeptisch gegenüber Koalitionen, während Landespolitiker wie die thüringische BSW-Landeschefin Katja Wolf sie weiter verteidigen. Diese Strategiedebatten über Machtbeteiligung und Regierungsfragen legen offen, dass das BSW immer noch klären muss, wofür es politisch steht.

Vor allem die Frage, ob das BSW doch noch den Sprung in den Bundestag schafft, dürfte viele beschäftigen. Bei der letzten Bundestagswahl fehlten nur rund 9500 Stimmen zum Einzug – seither kämpft Wagenknecht um eine Neuauszählung. Eine diesbezügliche Klage hatte das Bundesverfassungsgericht im Juni vorerst zurückgewiesen. Aktuellen Umfragen lassen zudem wenig Hoffnungen aufkommen. Selbst in Sachsen-Anhalt käme die Partei derzeit nur auf sechs Prozent. Die Partei kommt kaum noch über ihr Kernklientel hinaus. Politologen bemängeln zudem, dass die uneinheitliche Position zwischen linken und rechten Themen viele Wähler irritiert. Um künftige Erfolge realistischer zu machen, müsste sich das BSW viel breiter aufstellen – vor allem im Westen. Wagenknecht bleibt dennoch optimistisch: Sie sieht „eine gute Chance, an ihre Anfangserfolge anzuknüpfen“.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die angestrebte Neuausrichtung wirklich Früchte trägt. Denn klar ist: Ohne Sahra Wagenknechts schillernden Namen im Parteilogo muss das Bündnis nun endgültig ein eigenes Gesicht entwickeln und sich deutlicher definieren. Ihre Zusage, auch weiter eine Schlüsselrolle an der inhaltlichen Spitze zu spielen, mag ihren Anhängern zunächst Sicherheit geben. Allerdings hat sich Wagenknecht, ganz dem Vorbild ihres Gatten folgend, nie wirklich an irgendeine Parteidisziplin gehalten. Querschüsse sind also vorprogrammiert. Gremiensitzungen und politische Kärrnerarbeit haben die Politikerin stets genervt. Davon ist sie alsbald befreit.


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