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Verhaltene Freude: Ministerpräsident Woidke (SPD) mit BSW-Landeschef Crumbach
Foto: picture alliance/dpa/Michael BahloVerhaltene Freude: Ministerpräsident Woidke (SPD) mit BSW-Landeschef Crumbach

Brandenburg-Koalition

Pflegeleicht – aber auch verlässlich?

SPD setzt sich bei Verhandlungen mit BSW weitgehend durch – Doch der Partner zeigt bereits Risse

Hermann Müller
05.12.2024

Die Kenia-Koalition, die Brandenburg seit 2019 regiert hat, ist mit einem beispiellosen Eklat zu Ende gegangen. Kurz vor einer Abstimmung über Karl Lauterbachs Krankenhausreform händigte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) der bisherigen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher auf einem Flur des Bundesrats ihre Entlassungspapiere aus. Verhindern wollte Woidke damit, dass die Grünen-Politikerin das Krankenhausgesetz im Bundesrat passieren lässt. Brandenburgs Grüne warfen Woidke daraufhin vor, er hätte mit der Entlassung der Ministerin seine „Macht sichern“ und sich „für eine künftige Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht anbiedern wollen“.

Seit dem 27. November liegt in Brandenburg nun ein 67-seitiger Entwurf eines Koalitionsvertrages zwischen der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vor. Das Papier erweckt nicht den Eindruck, als wenn sich Woidkes Sozialdemokraten beim BSW hätten anbiedern müssen. Gemessen an den Aussagen im Wahlkampf ist es vor allem das BSW, das offenbar zurückstecken musste.

Kein Streit um Raketen
In der Präambel des Vertragsentwurfs gehen beide Seiten mit einigen Formulierungen auf den Ukrainekrieg ein. Angesichts der Unverbindlichkeit der Formulierungen dürfte dies der SPD allerdings keine allzu große Überwindung gekostet haben. So heißt es im Papier, man nehme die Sorge der Bürger ernst, dass sich der Krieg in der Ukraine ausweite. Auch erklären beide Seiten, der Krieg könne nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden. Die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen sehen die Verhandlungspartner „kritisch“. Ebenso heißt es im Entwurf aber, dass „die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung“ sei und die „Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss“.

Parteigründerin Wagenknecht verteidigte im Interview mit dem „Spiegel“ mittlerweile sogar die Stationierung von Arrow-3-Raketen auf dem Bundeswehrstützpunkt Holzdorf an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt. „Arrow 3 sind keine Angriffsraketen“, so Wagenknecht. Zudem wies sie darauf hin, die Raketen würden vom Bund finanziert, man solle deshalb nicht die neue Koalition in Potsdam torpedieren.

Angetreten war die Wagenknecht-Partei bei der Landtagswahl in Brandenburg mit dem Anspruch, ein „Weiter so“ zu verhindern. Zufrieden konnte Woidke bei der Präsentation des Koalitionsvertrages deshalb verkünden, die neue Koalition bringe „Stabilität und Sicherheit“. Mehr noch: Die Sozialdemokraten bekommen mit dem Regierungspartner BSW die Chance, ihre Politik unverfälschter umzusetzen, als dies mit den früheren Koalitionspartnern CDU und Grüne der Fall war.

Durchgesetzt haben die Sozialdemokraten sogar, dass trotz massiver Probleme im Schulsystem das Bildungsministerium weiter in der Hand der SPD bleibt. Beim BSW hatte es Hoffnungen gegeben, in der Bildungspolitik Akzente setzen zu können. Stattdessen erhält das BSW das Vorschlagsrecht für das Finanzministerium und die Ressorts Infrastruktur und Soziales/Gesundheit. Alle anderen Ministerien bleiben in der Hand der SPD. BSW-Landeschef Robert Crumbach, ursprünglich selbst jahrzehntelang SPD-Mitglied, verwies darauf, dass die Ressortaufteilung auch das Wahlergebnis widerspiegele. Das BSW hatte 13,5 Prozent bekommen, die SPD lag bei mehr als 30 Prozent.

BSW-Mann will Woidke nicht wählen
Abstriche machen musste das BSW bei seiner Forderung eines Handyverbots an Grundschulen. Im Koalitionsvertrag heißt es nun lediglich, in den ersten vier Schuljahren sollte vor allem mit analogen Medien gearbeitet werden. Auch die vom BSW kritisierte Überprüfung von Beamten auf Verfassungstreue bleibt zunächst erhalten. Vereinbart haben SPD und BSW eine Überprüfung nach einem Jahr. Vom Tisch ist offenbar zudem eine Verkleinerung des Verfassungsschutzes in Brandenburg, wie es das BSW gefordert hatte.

Trotz der kräftigen Handschrift der SPD im Koalitionsvertrag kann für Woidke das Regieren mit dem BSW zu einem Problem werden. Die rot-lila Koalition hat im Landtag nämlich nur eine Mehrheit von zwei Stimmen, faktisch ist die Mehrheit sogar auf eine einzige Stimme geschrumpft. Der BSW-Landtagsabgeordneten Sven Hornauf hat nämlich mitgeteilt, wegen der Stationierung von Arrow-3-Raketen Woidke am 11. Dezember nicht zum Ministerpräsidenten wählen zu wollen.

Obendrein erklärte der Abgeordnete aus Frankfurt (Oder), er werde im Landtag künftig auch Anträgen der AfD-Fraktion zustimmen, wenn er diese für sinnvoll halte. Als Reaktion forderte BSW-Landes- und Fraktionschef Crumbach den Abgeordneten auf, sein Mandat zurückzugeben. Hornauf lehnt dies ab und erwägt stattdessen den Austritt aus der BSW-Fraktion.


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Kommentare

sitra achra am 07.12.24, 16:24 Uhr

Das BSW ist vermutlich eine Reaktion der NSA auf die fragile Wahllage in Brandenburg, denn woher stammte das viele Wahlkampfgeld der braven Sahra?
Aber der geframte Wähler hat sich wieder mal hinter das Weihnachtsbäumchen locken lassen. Allseits frohes Fest, Euch "Anständigen"!

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