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Sprache

Phrasen von Medien und Politik

Oliver Georgi nimmt die Worthülsen unserer „Empörungs- und Erregungsdemokratie“ kritisch unter die Lupe

Dirk Klose
19.02.2020

Man kennt das aus Sendungen nach Landtags- oder Bundestagswahlen: Die Politiker versprechen, die Sorgen der Bürger „ernst zu nehmen“, sie wollen „Mut zu unpopulären Entscheidungen“ beweisen und verurteilen die Machenschaften des politischen Gegners „auf das Schärfste“. Und die Kanzlerin spricht Mal um Mal von einem „ernsten Vorgang“. Es sind diese und unzählige andere Phrasen, mit denen wir seit Jahr und Tag eingelullt werden. Wagt sich ein Politiker aus der Deckung und redet klare Worte („ich werde“), dann muss er einen „Shitstorm“ befürchten, der ihn rasch wieder ins Phrasen-Schneckenhaus zurücktreibt.

Grausame Sprachverhunzung 

Wer, wenn nicht der Duden Verlag, sollte sich um diese grausame Sprachverhunzung kümmern? Der für die „FAZ“ schreibende Redakteur Oliver Georgi hat die Phrasendrescherei der Politik geistreich, mit viel Witz, aber auch in Sorge um die Demokratie aufs Korn genommen. Fast hat er Mitleid mit Politikern, die ganz offenbar die gestanzten Formeln für ihren täglichen Betrieb brauchen und Angst haben, sich eine Blöße zu geben. Aber es ist diese „Ritualisierung“ der Politik, die viele anödet und zwangsläufig demagogischen Quertreibern eine Steilvorlage nach der anderen liefert. 

Der Autor bleibt freilich nicht bei der Politik, sondern nimmt sich auch zwei andere Gruppen vor: Einmal die Medien, die fast routinemäßig jedes gelinde Lüftchen zu einem Orkan aufbauschen und die Öffentlichkeit in einen Dauerzustand der Atemlosigkeit versetzen, dann aber auch diese Öffentlichkeit selbst, die, so sagt er es, gar nichts anderes mehr will als nichtssagendes Gerede. Diese Trias sei heute Kennzeichen unserer „Empörungs- und Erregungsdemokratie“. Viel Lärm also um Nichts, könnte man mit Shakespeare sagen, wenn eben die argumentative Auseinandersetzung, das Austragen und Aushalten von Meinungen, nicht immer mehr schwänden, und damit Grundpfeiler einer stabilen Demokratie. 

„Klartext reden“ fordert Georgi: eine präzise und differenzierte Sprache, Mut zur Kontroverse, Toleranz gegenüber anderen Meinungen, Medienkompetenz schon an den Schulen. Ob das fruchtet? Der tägliche Wahnsinn des Politik- und Medienkarussells lässt daran zweifeln. Jeder müsste bei sich selbst anfangen; dieses Buch ist dazu eine exzellente Handreiche. 

Oliver Georgi: „Und täglich grüßt das Phrasenschwein. Warum Politiker keinen Klartext reden – und wieso das auch an uns liegt“, Duden Verlag, Berlin 2019, 224 Seiten, 18 Euro


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