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Polen macht gegen EU-Klimadiktat mobil

Der Tagebau im Dreiländereck belastet das Nebeneinander der drei Nationen

Chris W. Wagner
27.05.2021

Es kam, wie es kommen musste. Am 21. Mai hat der Gerichtshof der Europäischen Union Polen mit einer einstweiligen Verfügung dazu verdonnert, den Tagebau im Reichenauer [Bogatynia] Ortsteil Türchau [Turoszów] mit sofortiger Wirkung zu stoppen. Damit gab der Gerichtshof Tschechien Recht, das eine Klage in Luxemburg eingereicht hatte. Diesbezüglich ist Wojciech Dąbrowski, Vorsitzender des Energiekonzerns PGE mit Sitz in Warschau, ganz anderer Meinung. Er sagte gegenüber dem Portal „Money.pl“: „Der Tagebau Turów verfügt über eine legale Konzession aufgrund der Braunkohle gefördert wurde und wird. Die Entscheidung des Gerichtshofs führt zu einer wilden Transformation.“

Seit Jahren protestieren Einwohner der tschechischen Nachbargemeinden von Türchau zusammen mit deutschen Umwelt-Protestgruppen aus der Region um Zittau gegen einen Ausbau der Braunkohleförderung. Die Braunkohle speise das angrenzende Kraftwerk Turów, das wiederum etwa fünf Prozent der Energie Polens produziere. Ein weiterer Ausbau des Tagebaus würde das Sinken des Grundwasserspiegels jedoch verstärken, außerdem drohe eine Verschmutzung des Grundwassers mit Schwermetallen, Metalloiden und Radionuklide, so die Argumente aus Tschechien und dem Land Sachsen im Dreiländereck.

PGE-Chef Dąbrowski weist darauf hin, dass sowohl die Tschechen als auch die Deutschen in der Nähe Tagebau betreiben. „Nur wenige Hundert Meter von der polnischen Grenze entfernt sind neun Gruben in Betrieb, fünf in Tschechien und vier in Deutschland. Diesen erlaubt die Europäische Union ihren Betrieb, auch wenn sie wesentlich mehr zur Umweltverschmutzung beitragen“, so Dąbrowski. In Deutschland und Tschechien wolle man jedoch bereits 2038 von der Braunkohle wegkommen, in Türchau soll bis 2044 gefördert werden.

In einer Presseerklärung schrieb er, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, den Tagebau in Türchau zu schließen, automatisch den Stopp des Kraftwerks bedeuten würde, was zu Folge habe, dass 3,7 Millionen Haushalte in Polen keinen Strom hätten.

Unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung aus Luxemburg gingen Türchauer auf die Straße und Autofahrer blockierten den Grenzübergang Kleinschönau [Sieniawka]. Artur Oliasz, Vorsitzender des Stadtrats von Reichenau sagte in „TV24“, den Einwohnern drohe eine soziale Katastrophe. „Man kann Arbeitsstellen nicht aufgrund von Meinungen schließen“, so Oliasz. „Polen wäre gut beraten, auf die Forderungen der Kläger einzugehen und etwa 33 Millionen Euro für Umweltschutz zu investieren“, sagte Bartłomiej Derski, Energieexperte von Businessinsider.com.pl. Stattdessen habe man vor Kurzem einen neuen Block im Turów-Kraftwerk für 950 Millionen Euro in Betrieb genommen. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen einer sofortigen Schließung des Türchauer Tagebaus wurde vom Ministerium polnischer Vermögenswerte auf drei Milliarden Euro geschätzt, da im Tagebau und im Kraftwerk 18.000 Menschen beschäftigt sind.

Arkadiusz Koper von der Rechtsabteilung der Kapitalgruppe PGE meinte, dass sich der Gerichtshof an den polnischen Staat gewandt habe, der Besitzer der Turów-Grube sei aber nicht Polen, sondern eine Gesellschaft privaten Rechts, die an der Börse notiert sei. „Polen als Staat kann keiner Gesellschaft privaten Rechts ihre legale Wirtschaftstätigkeit verbieten – in diesem Fall die Braunkohleförderung – aufgrund einer legalen Konzession“, so Koper.


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Kommentare

Frank Schmidt am 08.06.21, 12:46 Uhr

Polen verlängerte die Turów-Lizenz zum Braunkohle-Tagebau um weitere 20 Jahre, ohne ein Umweltschutzverfahren durchzuführen, wie es die Gesetze
vorschreiben. Es ist nicht das erste Mal das Polen hier unangenehm auffällt. Es musste schon einen Rodungsstopp im Bialowieza-Nationalpark anordnen um empfindliche Geldstrafen des Europäischen Gerichtshofs zu entgehen.
Insbesondere die deutsche Stadt Zittau würde bei einen Weiterbetrieb des Tagebaus leiden. Man fürchtet Gebäudeschäden durch Grundwasserabsenkung. In sächsischen Drausendorf und Hirschfelde bekamen Häuser Risse, für die die Anwohner Turów verantwortlich machen.
Zwei Lügen der polnischen Seite:
Es gibt keine deutschen Tagebaue in unmittelbarer Grenznähe.
PGE ist ein polnischer Staatskonzern.

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