29.04.2024

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Energiepolitik

Polen setzt den Hebel an

Im Gerangel um die PCK-Raffinerie scheint Warschau die deutsche Notlage geschickt auszunutzen

Hermann Müller
23.02.2024

Der Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 war von regelmäßigen Warnungen polnischer Politiker begleitet, Russland könnte seine Energielieferungen nach Deutschland irgendwann als politische Waffe nutzen. Beim Übernahmepoker um die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt drängt sich nun allerdings immer mehr der Eindruck auf, dass es Polens Führung ist, die Energielieferungen als Druckmittel missbraucht.

Polens halbstaatlicher Orlen-Konzern wird immer wieder als Interessent genannt, der bei der Raffinerie die Anteile des bisherigen russischen Mehrheitsaktionärs Rosneft übernehmen will. Robert Habecks Wirtschaftsministerium hat den Rosneft-Anteil im September 2022 unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt. Begründet hatte die Ampel-Regierung diesen Schritt mit dem Argument, dass im Großraum Berlin-Brandenburg die Versorgungssicherheit mit Mineralölprodukten gesichert werden müsse.

Gleichwohl war es Bundeskanzler Olaf Scholz, der Ende Mai 2022 einen freiwilligen Verzicht auf russische Öllieferung verkündete. Mit diesem Schritt war es die Ampel-Regierung selbst, welche die Versorgungssicherheit auf eine wacklige Grundlage stellte und der Raffinerie ihre bisherige Geschäftsgrundlage entzog. Die Raffinerie war seit fast 60 Jahren über eine Pipeline mit russischem Rohöl versorgt worden. Bis die Bundesregierung vom Unternehmen den Verzicht auf russische Öllieferungen erzwang, gehörte Schwedt zu den wettbewerbsfähigsten Raffinerien in Europa.

Moskaus Reaktion auf Enteignung
Eine Klage von Rosneft gegen die Treuhandverwaltung des Bundes hatte das Bundesverwaltungsgericht im Frühjahr vergangenen Jahres zurückgewiesen. Dabei hatten die Richter jedoch deutlich gemacht, dass es mit der Zeit verfassungsrechtlich immer schwieriger werde, eine weitere staatliche Verwaltung der Raffinerie zu rechtfertigen.

Laut einem Bericht der US-Nachrichtenagentur Bloomberg rückt nun tatsächlich die Enteignung des Mehrheitseigners Rosneft näher. Geht der Bund diesen Schritt, muss er sich allerdings auf Schadenersatzforderungen gefasst machen. Ein Verkaufsangebot von Rosneft soll die Bundesregierung abgelehnt haben: „Die Bundesregierung setzt auf eine Enteignung“, so das „Handelsblatt“.

Russlands Regierung hat für den Fall einer Enteignung Rosnefts bereits Gegenmaßmaßnahmen angekündigt. Dabei könnte die bisherige Hauptversorgungsleitung der PCK-Raffinerie, die Druschba-Pipeline, eine Rolle spielen. Bereits vergangenes Jahr hat die Bundesregierung mit Kasachstan Öllieferungen für Schwedt vereinbart. Knackpunkt dieser Vereinbarung ist allerdings, dass diese Lieferungen über russisches Gebiet laufen. Realistischerweise muss davon ausgegangen werden, dass Moskau bei einer Enteignung Rosnefts die Weiterleitung kasachischen Öls einstellt.

Andere Lieferwege, über die Schwedt ausreichend mit Öl versorgt werden kann, fehlen. Die Ertüchtigung einer bereits bestehenden kleinen Pipeline zum Rostocker Hafen könnte frühestens Mitte 2026 abgeschlossen sein. Obendrein hat die EU-Kommission noch immer nicht entschieden, ob sie rund 400 Millionen Euro an staatlicher Beihilfe für diesen Ausbau genehmigt. Ohne den Ausbau reicht die Kapazität der Rostocker Pipeline aber nicht für einen rentablen Betrieb der riesigen Anlage in Schwedt.

Abhängig vom Danziger Hafen
Kurzfristig realisierbar wäre eine Zusatzversorgung der Raffinerie über die bestehende Pern-Pommern-Pipeline vom Danziger Hafen. Diese Variante hat trotz einer polnischen Absichtserklärung gegenüber Minister Habeck allerdings bislang nicht wie erhofft funktioniert. So gab es im vergangenen Jahr Meldungen, dass Schiffe mit Öl für Schwedt im Danziger Hafen abgewiesen wurden. Begleitet war dies von Fragen der polnischen Seite über „die langfristig angestrebte Eigentümerstruktur der PCK-Raffinerie“.

Ins Bild passt, was Bundeswirtschaftsminister Habeck unlängst bei einem Besuch in Warschau verkündete. Habeck sagte, die Versorgung der Raffinerie würde sich bei einer Enteignung des russischen Eigentümers vermutlich verbessern. In Warschau hat der Grünen-Politiker angedeutet, dass Polen nach einer Enteignung mehr Rohöl über den Danziger Hafen nach Schwedt liefern würde. Konkret soll Polen zugesichert haben, die Versorgung aus Kasachstan innerhalb von zwei Wochen zu ersetzen, sollte diese stocken.

Wachsen würde damit allerdings auch die Abhängigkeit der Raffinerie von der Versorgung über den Danziger Ölhafen. Folgerichtiger Abschluss der maßgeblich von Habeck vorangetriebenen Entwicklung beim Unternehmen PCK Schwedt dürfte dann auch der Einstieg des polnischen Orlen-Konzerns bei der viertgrößten deutschen Raffinerie sein – als Preis für die Lieferungen aus Danzig. Eine Entscheidung über die Enteignung des bisherigen Mehrheitseigentümers erwarten Beobachter noch in diesem März.


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Kommentare

Ulrich Bohl am 25.02.24, 14:10 Uhr

Die Bundesregierung versteht es dass von ihr angerichtete
Versorgungschaos zu perfektionieren, Von einer Abhän-
gigkeit in die Nächste und das von Freunden die sich bei
den USA für die Sprengung von Nord Stream 2 bedankten.

Berlin 59 am 25.02.24, 00:12 Uhr

Man will verständlicher Weise nicht mehr von Russischen Rohstoffen abhängig sein und auch nicht von Polnischen Allüren, also muss man eine Pipeline bis an das Oderhaff bauen und ein entsprechenden Ölhafen errichten. Die Grünen werden rumheulen (jetzt wieder ganz die Naturschützer und Vogelfreunde) und die Tourismusbranche sicher auch, aber ohne Öllieferungen
läuft eben nichts. So ein Ölhafenterminal bringt ja in diese Strukturarme Gegend auch sichere Arbeitsplätze.

sitra achra am 23.02.24, 13:22 Uhr

Welcher Wahnsinn! Dafür daß die Polen an der Sprengung von Nordstream2 aktiv beteiligt waren, sollen sie nun durch das Schnäppchen der Raffinerie in Schwedt belohnt werden. Geht's noch? An Würdelosigkeit ist diese Regierung kaum noch zu unterbieten. Sie wird international am Nasenring durch die Manege geführt und zum Gespött der Welt. Im Gegensatz zu Kohl verspüre ich allmählich die Ungnade meiner späten Geburt.

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