Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Im Januar werden viele deutsch-polnische journalistische Gefälligkeiten prämiert
Am 24. Januar werden auf der zwischen Deutschland und Polen geteilten Insel Usedom die neuen deutsch-polnischen Journalistenpreise überreicht. Zu dem seit 2013 den Namen des kurz zuvor verstorbenen einstigen polnischen Premiers Tadeusz Mazowiecki tragenden Preis wurden diesmal 171 Beiträge eingereicht: Bei 81 Printbeiträgen geht es mit 40 deutschen und 41 polnischen fast paritätisch zu. Bei Hörfunkbeiträgen liegt Deutschland mit 14 zu acht gegenüber Polen vorne, bei TV-Beiträgen mit 24 zu sieben noch deutlicher. Unter 18 Beiträgen in der Kategorie „Neue journalistische Formate“ gab es acht deutsche und zehn polnische, während im „Lokaljournalismus in der Grenzregion“ elf deutsche Beiträge acht polnischen gegenüberstehen.
Doch die Zahlen künden nicht davon, dass auch hier faktisch nur Beiträge eine Chance haben, die den politischen Akteuren nicht in die Parade fahren. Beteiligt sind die Grenzanrainerländer und -Woiwodschaften Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Westpommern, Lebus und Niederschlesien.
Deutsche Journalisten haben ihre Beiträge dank der kompletten Unabhängigkeit so ja auch bei der Sächsischen Staatskanzlei einzureichen. Neben der von beiden Staaten getragenen Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit ist ferner die „ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius“ Stifter.
Diese hatte kürzlich verlautbart: „Die Verteidigung der Pressefreiheit bleibt ein zentraler Schwerpunkt in der Presseförderung der Stiftung.“ Das Neusprech postuliert, „starke, vertrauenswürdige Inhalte (zu) publizieren und so noch mehr unabhängige Qualitätsmedien (zu) ... ermöglichen.“
Gemeinsam hatten die Stifter mitgeteilt, dass „die eingereichten Beiträge sowohl Geschichte als auch aktuelle Herausforderungen, vor denen Deutschland und Polen stehen, thematisieren, wie den Klimawandel, die Migration und das Lauterwerden radikaler Stimmen.“ Das Einreichen von Beiträgen ist damit schon im Vorfeld auf das politische Wünsch-dir-was-Prinzip geeicht und beantwortet mir damit die Frage, wieso ich mit keinem meiner etwa seit der Jahrtausendwende eingereichten Beiträge jemals eine Chance hatte. Im Grunde habe ich damit nur die Anzahl eingesendeter Beiträge erhöht und der PR-Arbeit der Stifter gedient.
Als ehemaliger Chefredakteur der Zeitung der deutschen Minderheit in Polen ging ich vermutlich leer aus, weil sich die Herangehensweise an Aspekte der Vertreibung und kulturellen Wiederfindung nicht an Narrativen von „Migration“ orientierten. Heute als Lokalredakteur unmittelbar an der Grenze nerve ich eher damit, dass ich in deutschen Texten an deutschen Ortsnamen festhalte. Vor allem aber lassen sich bestimmte Formate auch nur mit dem meist öffentlich-rechtlich finanzierten journalistischen Raum überhaupt ausbreiten. Mit anzeigenfinanziert minimalem Platz in einer Lokalzeitung ist man systemimmanent schon einmal schlechter gestellt.
Vor einigen Jahren meldete sich ein einst zu mir nach Oppeln entsandter deutscher Journalist mit der Bitte, ich könnte ihm doch Tipps geben, welche deutsch-polnisch wirkenden Institutionen er in einem Radiofeature entlang der Grenze beleuchten müsse. Eins zu eins aus dieser Komplettliste entstand ein langer Beitrag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der prompt prämiert wurde. Aus minimalem Raum für einen Text maximales Gemeinschaftsgefühl im Grenzraum zu schöpfen, schien hingegen nie ein Kriterium im Quervergleich der Jury zu sein. Wo bei Preisträgern nicht die Redaktionszugehörigkeit zu großen Tageszeitungen oder öffentlich-rechtlichen Medien genannt ist, muss mindestens Klimawandel oder Demokratieförderung draufstehen, um dieses Defizit zu kompensieren. Themengebiete also, die auch sonst in der deutschen Medienlandschaft hoffnungslos unterrepräsentiert sind.
Nach Corona habe ich umgedacht. Eigentlich kann es doch keine bessere Auszeichnung im Journalismus geben, als jedes Jahr aufs Neue keinen Preis im Sumpf des Gefälligkeitsjournalismus zu erheischen. In meine nächste Bewerbung schreibe ich stolz: „Noch nie mit dem deutsch-polnischen Journalistenpreis ausgezeichnet“.