Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Beispiel „E-Akte“ des Landes Berlin: Der Starttermin musste schon mehrfach verschoben werden
Rund 7000 Stellen sind in der Berliner Verwaltung schon jetzt nicht mehr besetzt. Und bis 2030 rollt auf den öffentlichen Dienst zudem noch eine riesige Pensionierungswelle zu. In dieser Lage hat Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) bereits vergangenes Jahr die Künstliche Intelligenz als eine Möglichkeit ausgemacht, die Berliner Verwaltung zu entlasten. „Grundsätzlich müssen wir sicherstellen, dass wir in Zukunft auch mit weniger Personal arbeitsfähig bleiben“, so Evers bei der Vorstellung seines „Personalentwicklungsprogramms 2030“ im vergangenen Jahr.
Das Potential, durch eine Digitalisierung die notorisch überlastete Berliner Verwaltung zu entlasten, ist tatsächlich extrem groß. Allein die Möglichkeit, seinen Wohnsitz digital anzumelden, kann nach Schätzungen des Senats die Bürgerämter jährlich von etwa einer halben Million Terminen befreien. Berlin bietet mittlerweile mehr als 250 Dienstleistungen an, die Bürger online erledigen können. Beim Kernstück der Digitalisierung der Verwaltung, der Einführung einer digitalen Verwaltungsakte, hat die Hauptstadt jedoch massive Probleme.
Sogar mehr statt weniger Arbeit
Den Starttermin für die flächendeckende Einführung der E-Akte musste der Senat bereits mehrmals verschieben. Zwischenzeitlich gab es sogar Befürchtungen, dass das Projekt vor dem völligen Scheitern steht und der Auftrag neu ausgeschrieben werden muss. Vergangenen Herbst meldeten mehrere Senatsverwaltungen, dass im Zuge der Umstellung auf die E-Akte Hunderte Dateien verschwunden seien. Berlin-Mitte, lange Zeit Vorreiter bei der Verwaltungsdigitalisierung, stoppte im Sommer 2023 sogar die Verwendung der E-Akte.
Statt Entlastung und Vereinfachung hatte die E-Akte für die Beschäftigten in der Verwaltung sogar Mehrarbeit gebracht. Per „E-Government-Gesetz“ hat sich Berlin selbst das Ziel gesetzt, die elektronische Akte bis Anfang des Jahres 2025 in der ganzen Stadt einzusetzen. Wie unlängst der Berliner „Tagesspiegel“ berichtete, muss jedoch auch dieser Starttermin mittlerweile als unrealistisch gesehen werden.
Berlin ist mit seinem Problem nicht allein. Insgesamt kommt die Digitalisierung der deutschen Verwaltungen viel zu langsam voran, so das Fazit des Bundesrechnungshofs. Dieser hatte vergangenes Jahr zum Thema Verwaltungsdigitalisierung einen Bericht an den Haushaltausschuss des Bundestages geschickt. In ihrem Bericht benannten die Rechnungsprüfer als einen Grund für die schleppende Entwicklung die passive Haltung des Bundesinnenministeriums. Aus Sicht des Rechnungshofs muss das von Nancy Faeser (SPD) geführte Ministerium zukünftig seine Rolle als Koordinator für die Verwaltungsdigitalisierung aktiver wahrnehmen.
Konkret befasste sich der Bundesrechnungshof mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Dieses sah eigentlich vor, dass Bund und Länder bereits seit dem 31. Dezember 2022 ihre Verwaltungsleistungen online anbieten müssen. Laut Rechnungshof waren aber nur 19 Prozent der digitalisierbaren Verwaltungsleistungen online verfügbar. Die Kritik der Rechnungsprüfer scheint bislang zu keiner Verbesserung geführt zu haben.
Die Länder trauen dem Bund nicht
Ein wichtiges Projekt der Ampelregierung, die Novellierung des Onlinezugangsgesetzes, hat am 22. März im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. In der Ländervertretung hatten die unionsgeführten Bundesländer ihre Zustimmung verweigert. Mit dem Gesetz hatte die Ampelregierung verhindern wollen, dass Bund und Länder parallel Programme entwickeln, die gleiche Verwaltungsaufgaben erfüllen.
Dazu sollten Bund und Länder zunächst einmal in einem gemeinsamen Gremium innerhalb von zwei Jahren gemeinsame Standards entwickeln, die dann für alle Beteiligten verbindlich sein sollten. Ganz offensichtlich gibt es allerdings starke Bedenken, ob die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern tatsächlich auf Augenhöhe stattfinden. Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, hatte im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat gewarnt: „Das Gesetz will dem Bund eine einseitige Festlegung aller für die Umsetzung erforderlichen Standards erlauben, und zwar ohne wirksame Einbeziehung des IT-Planungsrats und der fachlichen und technischen Expertise aus Ländern und Kommunen. So kann das nicht funktionieren.“
In den Ländern kursieren zudem Zweifel, ob bei Verhandlungen zwischen Bund und Ländern tatsächlich am Ende die beste Lösung herauskommt. Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) begründete die Ablehnung im Bundesrat unter anderem damit, dass das Land „seine existierenden und funktionell besseren Infrastrukturen zugunsten einer zentralen Bundeslösung abschalten“ solle.