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Matthias Blazek: „Polacy w Westfalii – Polen in Westfalen. Polnische Migration ins Ruhrgebiet“, ibidem-Verlag, Stuttgart 2021, broschiert, 146 Seiten, 19,90 Euro
Matthias Blazek: „Polacy w Westfalii – Polen in Westfalen. Polnische Migration ins Ruhrgebiet“, ibidem-Verlag, Stuttgart 2021, broschiert, 146 Seiten, 19,90 Euro

„Ruhrpolen“

Polnische Arbeiter im Kaiserreich

Matthias Blazek erzählt die Geschichte der Erwerbszuwanderer ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Ruhrgebiet

Dagmar Jestrzemski
19.03.2022

Die Forschungen zur eigenen Familiengeschichte veranlassten den Historiographen Matthias Blazek zu einer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte der sogenannten Ruhrpolen. Gemeint sind Erwerbszuwanderer aus Polen, Ost- und Westpreußen, der Kaschubei sowie Schlesien, die sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im rheinisch-westfälischen Industriebezirk niederließen, um dort als Bergleute oder in der Industrie zu arbeiten. „Polacy w Westfalii – Polen in Westfalen. Polnische Migration ins Ruhrgebiet“ lautet der Titel einer Aufsatzsammlung von Blazek. Der Band enthält neben einem allgemeinen Überblick inhaltlich gesonderte Kapitel, in denen die Lebensumstände der Polnisch sprechenden Zuwanderer im heutigen Ruhrgebiet zur Zeit des deutschen Kaiserreichs im Fokus stehen sowie unter anderem beispielhaft eine Firmengeschichte und eine Ortsteilgeschichte.

Die zugewanderten Arbeitskräfte lebten in Zechenkolonien, in denen sich Viertel mit überwiegend polnischen Bewohnern bildeten. Diese gründeten Vereine und Gewerkschaften. Das Anwerben von Landarbeitern in den agrarischen Ostprovinzen für die Zechen des Ruhrgebiets erfolgte durch Agenten. Ein in voller Länge abgedruckter Bericht aus dem Jahr 1909 erhellt die jammervolle Lage der westpreußischen Landarbeiter, der viele, vor allem jüngere Menschen, zu entkommen suchten.

Der aus Luxemburg stammende Stuttgarter Verlagsmitarbeiter Tony Kellen behandelte in einem 1919 erschienenen Aufsatz die kulturellen Unterschiede zwischen Masuren und Polen sowie die eher distanzierte westdeutsche Sicht auf die Ruhrpolen: „Die Polen sind durchweg katholisch, die Masuren protestantisch. Obschon Polen und Masuren gleicher Abstammung sind, unterscheiden sie sich bedeutend. Politisch halten die Masuren treu zu Preußen und dessen Königshaus. Sie verdeutschen sich denn auch ziemlich schnell. Dem Gemeinschaftsgefühl der Polen ist es nicht zum wenigsten zuzuschreiben, dass sie sich erfolgreich gegen die Verdeutschung gewehrt haben. Bei den Deutschen stehen die Polen nicht hoch in Ehren, weil sie die Löhne drücken und rauflustig sind, sobald sie getrunken haben.“

Basierend auf einer akribischen Auswertung von archivalischen und literarischen Quellen, liefert der Band mit umfangreichem Anhang einen wertvollen Beitrag zur Bergbaugeschichte sowie für die Familienforschung. Zur Anschauung tragen Karten sowie viele bisher unveröffentlichte Fotos und Bilder bei.


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