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Braunkohleausstieg

Potemkinsche Dörfer in der Lausitz

Robert Habeck stellte 2,6 Milliarden Euro Entschädigung für den Energiekonzern LEAG in Aussicht – Die Auszahlung ist keineswegs sicher

Hermann Müller
18.06.2024

Nur wenige Tage vor der Wahl zum EU-Parlament überraschte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit einer Nachricht, auf die in den Landeshauptstädten Potsdam, Dresden, vor allem aber in der Lausitz bereits sehnsüchtig gewartet wurde. Habeck verkündete, die EU habe „grundsätzlich grünes Licht für die Entschädigung der LEAG für den Braunkohlausstieg gegeben“. Wie es in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums heißt, sei ein Entschädigungsbetrag bis zu einer Höhe von 1,75 Milliarden Euro für die endgültige Stilllegung aller Braunkohlekraftwerke der LEAG „grundsätzlich mit den beihilferechtlichen Vorgaben und dem europäischen Binnenmarkt vereinbar“.

Im Fall des westdeutschen Versorgers RWE hatte die EU-Kommission bereits im Dezember 2023 eine Entschädigungszahlung über 2,6 Milliarden Euro abgesegnet. Bei der LEAG zog sich die Prüfung durch die EU mittlerweile schon so lange hin, dass sich in Brandenburg und Sachsen bereits Verstimmung breitmachte. Statt wie von Habeck zunächst angekündigt bis Ostern, wurde die Einigung mit Brüssel am 4. Juni, also kurz vor der EU-Wahl präsentiert. „Das Timing ist kein Zufall“, so die Bewertung der „Wirtschaftswoche“.

Die Ankündigung, es gebe nun grünes Licht für die LEAG-Entschädigung, wurde von Medien mit Schlagzeilen wie „Habeck ermöglicht Ostdeutschland Milliardenentschädigung“ oder aber „EU-Kommission genehmigt Milliarden-Entschädigung“ unter das Volk gebracht.

Habecks Formulierung, mit der EU sei eine „grundsätzliche Einigung“ gelungen, deutet allerdings bereits an, dass in Sachen Entschädigung längst noch nicht alles abschließend geklärt ist. Tatsächlich bleiben auch nach Habecks Ankündigung wichtige Fragen unbeantwortet. Angesichts der vorliegenden Ergebnisse drängt sich die Frage auf, ob der Bundeswirtschaftsminister nicht sehr voreilig einen Erfolg verkündet hat.

Einigung unter Vorbehalt
Bei dem, was Habeck präsentierte, handelt es sich nämlich nur um eine Einigung zwischen Bundesregierung und EU-Kommission unter Vorbehalt. Da aus Brüssel offenbar nur ein Brief von Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager, aber keine finale Notifizierung vorliegt, ist die grundsätzliche Einigung nicht rechtssicher. Obendrein ist der Deal zwischen Berlin und Brüssel quasi auch noch auf den letzten Metern der Amtszeit der alten EU-Kommission vereinbart worden. In einigen Wochen wird eine neu zusammengesetzte EU-Kommission ihre Arbeit aufnehmen. Ob diese sich an die nicht notifizierte Verabredung halten wird, ist keineswegs garantiert.

Wie unfertig der sogenannte Deal ist, wird aus einer Erklärung des Bundeswirtschaftsministeriums deutlich. Dieses räumt selbst ein: „Die Europäische Kommission wird ihre Prüfung fortsetzen und sie in den kommenden Monaten mittels einer förmlichen beihilferechtlichen Entscheidung zum Abschluss bringen ...“ Weiter heißt es aus Habecks Ministerium: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird sich weiterhin konstruktiv für einen baldigen Abschluss des Verfahrens einsetzen.“

Schon am Tag, bevor Habeck öffentlichkeitswirksam die Einigung mit Brüssel verkündete, kursierte in Potsdam das Gerücht, die EU habe die Entschädigung für den Braunkohleausstieg in der Lausitz kräftig zusammengestrichen. Tatsächlich sieht das, was Habeck vorgelegt hat, eine Zweiteilung der Entschädigungszahlung vor. Sieht man davon ab, dass die gesamte Vereinbarung noch nicht rechtssicher ist, dann scheint bislang nicht die Gesamtsumme von bis zu 1,75 Milliarden Euro, sondern nur 1,2 Milliarden halbwegs sicher zu sein. Diese sollen unter anderem für die Rekultivierung alter Tagebaue in der Lausitz, Umschulungen und Sozialpläne verwendet werden.

In welcher Höhe der Restbetrag, immerhin 550 Millionen Euro, gezahlt wird, ist laut Bundeswirtschaftsministerium „an Voraussetzungen gebunden“. Nach Darstellung des Ministeriums soll damit verhindert werden, dass es zu einer Überkompensation kommt, die beihilferechtlich angreifbar ist.

Erhalten soll die LEAG demnach das Geld, wenn die Kraftwerke in der Lausitz „auch über die im Kohleverstromungsbeendigungsgesetz vorgesehenen Stilllegungsdaten hinaus wirtschaftlich gewesen wären“. Entschädigt werden soll die LEAG dann für entgangene Gewinne aufgrund der gesetzlichen Ausstiegsregelung.

Schon jetzt weisen Grünen-Politiker in Sachsen und Brandenburg aber immer wieder darauf hin, dass die Braunkohleverstromung durch die steigende CO₂-Bepreisung schon ab 2030 nicht mehr rentabel sein wird. Damit wäre dann allerdings auch von entgangenen Gewinnen, die der Bund der LEAG entschädigen müsste, keine Rede mehr.


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