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Von den Preußenherrschern geprägt – Blick auf und hinter die Fassaden des historischen Zentrums von Brandenburgs Hauptstadt
Fährt man mit der Straßenbahn vom Potsdamer Hauptbahnhof über die Friedrich-Ebert-Straße zum Nauener Tor, begegnet man zuerst einer großen Baustelle. Sie widmet sich noch auf Jahre hinaus dem Wiederaufbau, darunter von Garnisonkirche und Synagoge, zu der Ende 2021 der Grundstein gelegt wurde.
Je näher man jedoch dem Nauener Tor kommt, desto unversehrter ist das Stadtbild: Potsdams am 14. April 1945 zerstörtes historisches Zentrum zwischen Altem Markt und Nauener Tor, Brandenburger Tor und Bassinplatz ist – vom erwähnten Bauplatz abgesehen – vollständig saniert. „Bei der Wende“, so Volker Punzel von der Geschichtsmanufaktur Potsdam, „war die Stadt zu 90 Prozent dem Verfall preisgegeben. Ab 1997 jedoch kehrte sich der Prozess zur Wiederbelebung um. Die Bundesgartenschau 2001 gab dann die Initialzündung.“
20 Jahre später präsentiert die Altstadt ihr Doppelwesen wieder mit makellosen Fassaden: einerseits die preußische Garnisonstadt, die der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ab 1713 mit mehreren Stadterweiterungen ausbauen ließ, um hier sein Leibbataillon zu stationieren, andererseits die Residenzstadt, zu welcher der brandenburgische Große Kurfürst Friedrich Wilhelm Potsdam ab 1660 neben Berlin erhoben hatte.
Bis 1994, fast 300 Jahre, war Potsdam Garnisonstadt, ausgehend von gitterförmig angelegten Straßen und kostengünstigen zweistöckigen Typenhäusern, welche die vielen Soldaten aufnehmen sollten. Die Einquartierung in Bürgerhäusern war damals allgemein üblich. Erst ab 1826 lösten Kasernen vor den Toren der Stadt die Naturaleinquartierung ab.
Als Friedrich der Große 1740 König wurde, ließ er die von seinem Vater hinterlassene Fachwerkstadt hinter der „Friderizianischen Potsdamer Fassadenarchitektur“ verschwinden. Nur das Haus „Im Güldenen Arm“, heute Museum, Hermann-Elflein-Straße 3, zeigt sich noch komplett als Fachwerkbau. Die Schmuck-Kartusche über dem Portal verrät den ehemaligen Holz-Handwerker dahinter. Sie ist damit das älteste Reklameschild der Stadt. Im malerischen Innenhof finden im Sommer Lesungen, Filmabende und kleine Konzerte statt.
Erste Barockstraße der DDR
Teilweise zeigt auch das Haus Jägerstraße 39 noch sein Fachwerk. Auf originelle Weise rollt sich der Putz der linken Seite in der Mitte auf und gibt den Blick auf das Fachwerk zur Rechten frei. Das hier beheimatete Restaurant Juliette serviert dazu nicht minder raffinierte französische Küche.
Nicht nur wegen der zahllosen Geschäfte und Kaufhäuser, sondern vor allem wegen der über 280 Jahre alten Bebauung mit den genannten Typenhäusern ist der Bummel über die Brandenburger Straße ein „Muss“. Selbst wenn auf Potsdams Flanier- und Einkaufsmeile zwischen Brandenburger Tor und Peter-und-Paul-Kirche im 19. und 20. Jahrhundert manche von ihnen neobarock oder gründerzeitlich überformt oder durch Neubauten ersetzt wurden. Sogar der DDR-Regierung hatte die Rekonstruktion der barocken Bebauung des einen Kilometer langen Boulevards schon Ende der 1970er Jahre am Herzen gelegen.
Bereits in den 1950er Jahren waren die unter Friedrich II. erbauten kriegszerstörten Bürgerhäuser der Wilhelm-Staab-Straße wieder aufgebaut worden. Ironisch nennt sich das damalige Modellvorhaben für den Umgang mit denkmalgeschützten Ruinen daher „Erste Barockstraße der DDR“. Im Hof hinter der üppigen Barock-Fassade vom Haus Nr. 10 liegt der Eingang zum Nikolaisaal, ursprünglich der Gemeindesaal der evangelischen Nikolaigemeinde. Seit dem Jahr 2000, als der 20-Millionen-Euro-teure Neubau eröffnet wurde, gehört der moderne Konzertsaal wieder zu den wichtigsten Veranstaltungsorten der Stadt.
Am Neuen Markt taucht man ein in die Residenzstadt. Vom Aussehen her eher elegant-bürgerlich ist der Platz von der Baukunst Friedrichs des Großen geprägt. Hier ließ der Hof anspannen. Der einstige Kutschstall beherbergt heute das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Ein Hingucker ist die Quadriga über dem Portal, die vom Leibkutscher Friedrichs II. gelenkt wird. Was für eine Anerkennung! Im Kabinetthaus an der Ostseite wurden 1770 der spätere König Friedrich Wilhelm III. geboren und drei Jahre zuvor Preußens Reformpädagoge Wilhelm von Humboldt. Ab 1788 war es Sitz der ersten Königlichen Ingenieurakademie, ab 1833 des königlich-preußischen Kabinetts.
Potsdams ältestes Gebäude
„Ceci n'est pas un château“ – Dies ist kein Schloss – steht auf dem Neubau des Potsdamer Stadtschlosses, in dem jetzt der Landtag sitzt. Sein Innenhof mit Pavillon-Attrappen ist frei zugänglich und ein lauschiger kostenloser Rastplatz. Hier am Alten Markt mit Altem Rathaus, Palais Barberini, beide Museen, und Schinkels Nikolaikirche schlägt das höfisch-üppige Herz der Stadt. Mit seinem Obelisken wollte Friedrich der Große römisches Flair vom Tiber an die Havel holen.
Der pompöse Marstall neben dem Schloss, heute Filmmuseum, ist als einziger erhaltener Bau aus der Zeit Friedrich Wilhelms I. Potsdams ältestes Gebäude. Seinen Ausbau und die Schaufassade verdankt er jedoch wieder Friedrich II.
Potsdams gewerbliche Seite spiegelt sich im Holländischen Viertel. Damit die benötigten Fachkräfte aus Holland kamen und blieben, ließ Friedrich Wilhelm I. ganze vier Karrees mit Backsteinhäusern im Stil ihrer Heimat bebauen. Heute ist das einzigartige Ensemble um Mittel- und Benkertstraße der ideale Ort, um in einem seiner Cafés oder Restaurants alle Eindrücke zu verarbeiten. Potsdams historisches Stadtbild ist „ein Paradies für meine Kamera“ schwärmte der Fotograf Max Baur (1898–1988). Seine Bilder und die vieler Kollegen wurden zu wertvollen Vorlagen für den Wiederaufbau.
• Hotelempfehlung am Nauener Tor: NH Hotel Friedrich-Ebert-Straße 88, 14467 Potsdam, Telefon (0331) 23170, www.nh-hotels.de. Infos und Stadtführungen: Tourist Information, Am Alten Markt, Humboldtstr. 2, 14467 Potsdam, Telefon (0331) 27558899, www.potsdamtourismus.de
Kersti Wolnow am 16.10.22, 11:38 Uhr
Die Bombordements in den letzten Kriegstagen in kulturell reichen Innenstädten und das Töten von Zivilisten zeigt uns heute, mit welchem barbarischen Feind wir es zu tun hatten und haben. Dieser Feind bombt bis heute weiter. Ihr Fußvolk hier greint und zetert, wenn einige Gebäude wieder aufgebaut werden sollen. Viel lieber sind ihnen geschmacklose Neubauten wie die "Klorolle" im Stralsunder alten Hafen.