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Das oberschlesische Ehepaar Erika und Johannes-Silvester Drost revolutionierten den polnischen Alltagsgeschmack
Im Breslauer Nationalmuseum ist dieser Tage eine Ausstellung eröffnet worden, die Entwürfe des oberschlesischen Ehepaars Erika und Johannes-Silvester Drost zeigt. Beide gehören zur Spitze des polnischen Nachkriegsdesigns in der Pressglas- und Keramik-Produktion.
„Diese Vase kenne ich“ oder „so eine Obstschale hatte meine Mutter auch“ sind Sätze, die oft von Besuchern der Ausstellung zu hören sind. Die beiden deutschen Oberschlesier hatten in der Volksrepublik mehrere Jahrzehnte dafür gesorgt, dass erschwingliche Gebrauchsgegenstände auch ästhetisch waren. „Das ist eben das Besondere, dass wir Gegenstände wiederentdecken, die in den 60er bis 80er Jahre hergestellt wurden. Und diese in Massen produzierten Gegenstände des täglichen Bedarfs sind heute begehrte Sammlerobjekte. Den Weg ins Museum finden sie auch deswegen, weil sie eben gute Entwürfe sind“, so Kuratorin Barbara Banaś vom Breslauer Nationalmuseum.
40 Jahre lang entwarfen die Eheleute in der Glashütte Zombkowitz [Ząbkowice] in dem an Oberschlesien angrenzenden Dombrower Kohlebecken [Dąbrowa Górnicza] Muster für Pressglas. Johannes-Silvester leitete dort bis zu seiner Pensionierung 2005 die Design-Abteilung. Die Entwürfe von Erika und Johannes-Silvester, die polonisiert als Eryka und Jan Sylwester nicht als bekennende Deutsche bekannt sind, gaben den Zombkowitzer Erzeugnissen ihren künstlerischen Charakter. „Die Drosts begannen ihren beruflichen Weg in interessanten Zeiten für das polnische Design. Man entfernte sich damals von den sozialrealistischen Strukturen und dem durch Volkskunst inspirierten Dekor hin zu abstrakten Formen. Die 70er Jahre sind die Zeit, in der sich die Drosts dem Westen nähern konnten. Mit Künstlern wie Tapio Wirkkala oder Timo Sarpaneva aus Skandinavien fanden sie eine gemeinsame künstlerische Sprache“, betont Banaś.
Hinwendung zu abstrakten Formen
„Vor uns haben viele mit Pressglas gearbeitet: in Böhmen, Skandinavien, in Deutschland. Aber damals waren die Kontakte zum Westen erschwert. Wir mussten uns vieles selbst erarbeiten. Und als wir dann mit den Entwürfen aus dem Westen konfrontiert wurden, stellten wir fest, unsere waren gar nicht mal so schlecht“, erinnert sich der aus dem oberschlesischen Klodnitz bei Cosel [Koźle] stammende Drost in geschliffenem Deutsch. Der Bauernsohn wuchs eng mit der Natur auf, die Nähe zum Klodnitzkanal, der Oder, zu den ausgedehnten Forsten seiner Heimat und zum Cosler Binnenhafen prägten Hans, wie Erika ihren Ehemann nennt. „Ich kam dahinter, dass die Flächenstruktur nicht nur im geschliffenen Glas, sondern auch im Pressglas an Sandkörner oder Baumrinde erinnern kann. So haben wir neue Methoden für Formen und Dekor, aber auch neue Arbeitsmethoden entwickelt und dafür ein Patent bekommen.“
Sein Talent zum Zeichnen hat Drost von seinem Vater geerbt, auch seine Sprachbegabung konnte er schon als Kind in Klodnitz ausbauen: „Russisch und Tschechisch habe ich kurz nach dem Krieg im benachbarten Cosel-Hafen gelernt, als die deutsche Oderwirtschaft zwischen Russen und Tschechen aufgeteilt wurde. Wir Bauern haben sie mit Lebensmitteln beliefern müssen“, erinnert er sich. Polnisch lernte er erst in der Schule, später kam Englisch dazu.
Talent vom Vater geerbt
Auch Erika, die aus dem oberschlesischen Städtchen Carlsruhe O/S [Pokój] stammt, hatte ihr Zeichentalent vom Papa geerbt. In der polnischen Mittelschule hatte sie eine Zeichenlehrerin, die ihr Polnisch beibrachte und sie zur Kunstakademie nach Breslau begleitete. Sie wollte Malerei oder Bildhauerei studieren, doch man überredete sie, sich in die neu eröffnete Fakultät für Glaskunst einzutragen. Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellte, denn als sich die Studenten vorstellten, „höre ich einen Hans Drost aus Klodnitz sprechen. Da habe ich die Ohren gespitzt und dachte, ja das ist auch eine echte oberschlesische Seele“.
Eigentlich hätte Hans als Großbauernsohn gar nicht studieren dürfen und, dass sie als einzige deutsche Oberschlesier in den 50er Jahren in die Akademie der Bildenden Kunst in Breslau aufgenommen wurden, sei ebenfalls ein Wunder, sagt die 90-Jährige.
Die Eheleute Drost blicken auf ein erfülltes Berufsleben zurück. Ihre Glas- und Keramik-Entwürfe findet man in Museen weltweit: in New York, Berlin, Lüttich, dem finnischen Riihimäki wie auch in Warschau, Krakau, Oppeln oder Breslau. „In unserer Präsentation möchten wir den flüchtigen Moment festhalten, in dem aus einem Gebrauchsgegenstand ein Kunstwerk wird“, verspricht Kuratorin Banaś.
Die Ausstellung „Eryka i Jan Drostowie“ ist bis zum 28. August im Nationalmuseum zu Breslau, ul. Powstańców Warszawy 5, zu sehen.