19.01.2025

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Der vom Papst zum Beauftragten für die Flüchtlinge ernannte Bischof Maximilian Kaller spricht zum Abschluss der Bischofskonferenz Ende August 1946 zu den katholischen Bischöfen und Flüchtlingen
Bild: picture-alliance/dpa/dpa DANADer vom Papst zum Beauftragten für die Flüchtlinge ernannte Bischof Maximilian Kaller spricht zum Abschluss der Bischofskonferenz Ende August 1946 zu den katholischen Bischöfen und Flüchtlingen

Bewegte Historie

Preußisch mit Herz: das Fürstbistum Ermland

Jahrhundertelang ein Spielball unterschiedlichster Mächte und Interessen

Wolfgang Kaufmann
19.01.2025

Im Zuge der Eroberung des Prußenlandes durch den Deutschen Orden gründete der päpstliche Legat Wilhelm von Modena am 29. Juli 1243 vier Bistümer auf dem Gebiet des heutigen Ostpreußen, welche ab Januar 1246 dem Erzbistum Riga unterstanden und deren Namen auf alte prußische Landschafts- beziehungsweise Stammesbezeichnungen zurückgingen: Kulm, Pomesanien, Samland und Ermland.

Das letztere Bistum erstreckte sich von einem schmalen Küstenstreifen des Frischen Haffs bis zu den Masurischen Seen und besaß eine Gesamtfläche von 4249 Quadratkilometern. Auf dieser entstanden unter anderem die Städte Frauenburg, Braunsberg, Mehlsack, Wormditt, Guttstadt, Heilsberg, Bischofstein, Rößel, Seeburg, Bischofsburg, Wartenburg und Allenstein. Im Gegensatz zu den anderen Bistümern errang das Ermland nachfolgend eine Sonderstellung, die es letztlich bis ins 20. Jahrhundert hinein innehatte.

Dabei verlief der Start zunächst recht „holprig“, denn der erste Bischof des Ermlandes, Heinrich von Streitberg, konnte die Diözese aufgrund eines Konflikts zwischen dem Erzbischof von Riga und dem Hochmeister des Deutschen Ordens nicht in Besitz nehmen – das war erst seinem Nachfolger Anselm von Meißen im April 1251 vergönnt. Danach handelten Anselm und der Orden die genauen Grenzen zwischen dem Bistums- und Ordensland aus.

Vom Bischof zum Reichsfürsten
Auf Anselm folgte 1278 Heinrich Fleming, dem es mit viel Geschick gelang, das Ermland weitgehend der Herrschaft des Ordens zu entziehen. Dieser fungierte bald nur noch als Schutzmacht des Bistums nach außen. Im Jahre 1356 stiegen die ermländischen Bischöfe, welche ab 1350 in der Burg Heilsberg residierten, sogar aufgrund der Bestimmungen der Goldenen Bulle von Kaiser Karl IV. zu Reichsfürsten auf, während die Hochmeister des Deutschen Ordens diesen Titel erst ab 1530 führen durften.

Unter polnischer Krone
Eine Zeit lang profitierte die Bevölkerung des Ermlandes von der Herrschaft der Fürstbischöfe: „Unter dem Krummstab ist gut leben“, sagte man damals völlig zu Recht. Allerdings wurde das Bistum im 15. Jahrhundert während des Dreizehnjährigen Krieges und des Preußischen Pfaffenkrieges verwüstet, weil es in den ständigen Auseinandersetzungen zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Orden zwischen die Fronten geriet. Am Ende fiel das Ermland an das sogenannte Preußen Königlichen Anteils, welches die westlichen Landesteile des Deutschordensstaates umfasste, die nun der polnischen Krone unterstanden. Im Jahr 1512 erklärte Papst Julius II. das Fürstbistum aber zu einem exemten (ausgegliederten) Bistum unter der direkten Aufsicht des Heiligen Stuhls.

Wirtschaftliche Isolation
Noch komplizierter wurde die politisch-religiöse Gemengelage 1525, als der 37. Ordenshochmeister Albrecht von Preußen den katholischen Deutschordensstaat in ein erbliches lutherisches Herzogtum umwandelte. Seither bildete das Ermland eine katholische Insel im ansonsten protestantischen Ostpreußen. Daraus resultierte die weitgehende soziale und wirtschaftliche Isolation des Fürstbistums, welche jahrhundertelang fortbestand und erklärt, warum im Ermland die Uhren anders tickten als in den umliegenden Regionen. Wesentlichen Anteil hieran hatten die Jesuiten als hartnäckige Verfechter der Gegenreformation.

Eingliederung in Preußen
Die nächsten beiden Zäsuren erfolgten 1566 und 1773. Zuerst führte der Untergang des Erzbistums Riga zur Festigung der exemten Stellung des Bistums, dann kam es im Rahmen der Ersten Polnischen Teilung zur Eingliederung des Ermlandes in das Königreich Preußen. Damit einher ging die Säkularisierung des kirchlichen Landbesitzes zugunsten der Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg. Gleichzeitig garantierte Friedrich der Große den Ermländern aber im Rahmen seiner berühmten Toleranzpolitik die weitere katholische Religionsausübung.

Schlesisch auf päpstlichen Befehl
Die so bewirkte Loyalität der Ermländer, zu denen auch relativ viele Polen gehörten, gegenüber Preußen zeigte sich noch 1920 bei der Volksabstimmung über die künftige nationale Zugehörigkeit des Fürstbistums. Sie votierten mit überwiegender Mehrheit für den Verbleib bei Ostpreußen. Zehn Jahre später verlor das Ermland auf Weisung von Papst Pius XI. seine exemte Stellung durch eine Zuordnung zum Erzbistum Breslau der Ostdeutschen Kirchenprovinz. Als neuer Bischof des Ermlandes fungierte nachfolgend Maximilian Kaller, der das Amt bis zum August 1945 bekleidete. Dann zwang der polnische Kardinalprimas August Hlond unter Berufung auf seine von Papst Pius XII. verliehenen Vollmachten Kaller zum Verzicht auf die Ausübung der bischöflichen Jurisdiktion.

Späte Würdigung
Anschließend avancierte der letzte deutsche Bischof des Ermlandes 1946 zum päpstlichen Sonderbeauftragten für die Heimatvertriebenen. Das nunmehr unter polnischer Verwaltung stehende Bistum wurde 1972 von Papst Paul VI. endgültig in die Kirchenordnung Polens integriert. Das Ermland kam nun zur Kirchenprovinz Warschau. Dem folgte aber erst 20 Jahre später der letzte und finale Schritt: Am 25. März 1992 wurde die Erhebung zum Erzbistum vollzogen durch Papst Johannes Paul II. in der Bulle „Totus Tuus Poloniae populus“.


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