Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vertreibung aus der Heimat und Ankunft im Westen – Reich bebilderter Rückblick auf eine bewegte Geschichte
Die reich bebilderte Publikation „Jahrbuch Weichsel-Warthe“ erscheint zum 70. Jubiläum der Landsmannschaft Weichsel-Warthe. Es ist bereits der 66. Jahrgang, der Geschichte und Entwicklung der Region und ihrer Deutschen darstellt und beschreibt. In den abgelaufenen Jahrzehnten haben sich nicht nur in dieser Landsmannschaft die handelnden Personen und die Inhalte der Arbeit zum Teil grundlegend verändert.
In den ersten Jahren bestimmte die soziale Lage der aus Polen vertriebenen Deutschen die Arbeit der Landsmannschaft, in der Folgezeit wurden historische und kulturelle Themen wichtig und seit der sogenannten Wende 1989 die Öffnung nach Ostmittel- und Osteuropa, hier Polen und die Ukraine. Hauptaufgabe für die Gegenwart und Zukunft bleibt die Bewahrung des deutschen Kulturerbes in diesen Regionen.
Das wird in diesem Jahrbuch bei den Beiträgen der Autoren deutlich: Es sind insgesamt 19, darunter ein Historiker aus Polen. Etwa die Hälfte können der Erlebnisgeneration zugerechnet werden, alle im gesegneten Alter von über 70 Jahren, die andere Hälfte zählt eindeutig nicht mehr zu den Zeitzeugen von Krieg und Vertreibung.
Generationenwechsel
Der Generationenwechsel wird eindrucksvoll dokumentiert durch den aktuellen Bundessprecher der Landsmannschaft, einen Historiker des Jahrganges 1962 aus Dortmund. Hier wird das Grundproblem für alle Vertriebenenverbände deutlich: nach dem Abtreten der Erlebnisgenerationen aus den nachfolgenden Jahrgängen Nachwuchs zu gewinnen und auch über die gegenwärtige und künftige Ausrichtung der Arbeit nachzudenken.
Inhaltlich zeigen die Beiträge die Themen, die für die Menschen in der Landsmannschaft wichtig und erhaltenswert sind. Es wäre wünschenswert gewesen, eine Übersichtskarte über die Regionen in Ostmitteleuropa mit deutscher Bevölkerung, für die die Landsmannschaft „zuständig“ ist, voranzustellen. Es sind Territorien, die seit 1918/19 zu Polen gehören und in denen Polen und Deutsche gemeinsam lebten.
Die Organisation ist also keine ostdeutsche Landsmannschaft wie die der Schlesier, Pommern oder Ostpreußen. Der Leser findet Erinnerungen an eine Kindheit in der Heimat vor 1939, in der die polnische Mehrheit die Minderheit der Deutschen in allen Belangen benachteiligte und auch terrorisierte. Das verschärfte sich, je näher der Kriegsausbruch rückte. Es gibt aber auch Beiträge über ein freundschaftliches Zusammenleben der Menschen. Die Vertreibungen, die Ankunft in Restdeutschland – sie alle zeigen die gleichen Erfahrungen, die auch die vertriebenen Ostpreußen oder Schlesier hatten. Die Gründung der Landsmannschaft sowie einiger Landes- und Kreisverbände wird behandelt.
Bekannte Persönlichkeiten
Bemerkenswert ist das Kalendarium, in das wichtige Daten aus der Geschichte der Landsmannschaft der abgelaufenen Jahrzehnte eingetragen sind. Ein Kapitel nennt bekannte Persönlichkeiten aus Mittelpolen in Berlin. Es werden unter anderem Atze Brauner, der Filmproduzent, der Literat Jurek Becker oder der bekannte Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki genannt, aber auch weitere mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten werden gewürdigt.
Die zahlreichen Fotos, meist in Farbe, unterstützen die Texte, sie schaffen einen visuellen Eindruck von der Arbeit der Landsmannschaft.
Jahrbücher wie das vorliegende sind ein unverzichtbarer Baustein für die Geschichte des deutschen Ostens sowie der deutschen Siedlungsgebiete. Es ist ein Teil der nationalen Geschichte der Deutschen. Das Buch ist anregend, informativ und lenkt den Blick nach Osten.
Landsmannschaft Weichsel-Warthe (Hg.)
Jahrbuch Weichsel–Warthe 2020
Wiesbaden 2020, broschiert, 176 Seiten, 12 Euro