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Ob in der Regierung oder nach Ampelausstieg – Den Liberalen droht das Aus
Es hört sich an wie das oft zitierte laute Pfeifen im finsteren Walde. „Hamburg wird gut werden“, ließ FDP-Chef Christian Lindner in der vergangenen Woche verlauten, und verstieg sich zu einer kühnen Behauptung: „Wenn es optimal läuft, kommen wir dort sogar in Regierungsverantwortung.“ So ganz kann sich bei diesen forschen Worten niemand des Eindrucks erwehren, dass hier eher der Wunsch Vater des Gedankens war.
Unterhalb der Tierschutzpartei
Am 2. März 2025 finden in der Hansestadt die Bürgerschaftswahlen statt; es ist die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im Herbst 2025. Und es ist die letzte Chance für die Liberalen, nach einer Serie von schweren Wahlschlappen irgendwie doch noch einen Stimmungsumschwung herbeizuführen.
Gerade mal 1,2 Prozent der Wähler stimmten in Thüringen für die Freien Demokraten, jeweils weniger als ein Prozent in Sachsen und in Brandenburg. Alles Ergebnisse unterhalb der Tierschutz-Partei und für Demoskopen kaum noch messbar. Die FDP hat schlimme Krisen durchlebt, aber selbst hart gesottene Partei-Kämpfer sagen: „So schlimm war es noch nie.“
Und nun also Hamburg. „Mal drin, mal draußen“, hieß in den vergangenen Jahrzehnten bei den Hanse-Liberalen im hohen Norden. Gerade einmal 4,97 Prozent waren es zuletzt vor fünf Jahren. Bei Wahlen davor wurden auch schon mal mehr als sieben Prozent erreicht. Aber eigentlich war die Elbmetropole trotz eines liberalen Bürgertums noch nie eine klassische FDP-Hochburg.
Doch nun wirken selbst Umfragewerte von fünf Prozent beinahe schon wie eine Erlösung. Die letzte Erhebung der Demoskopen ist allerdings schon ein halbes Jahr her. Seitdem hat sich im Norden viel getan. Und nicht unbedingt Gutes aus liberaler Sicht.
Anna von Treufenfels-Frowein, die es 2020 über ein Direktmandat in die Bürgerschaft geschafft hatte, wechselte vor wenigen Monaten zur Hamburger CDU. Und mit diesem Schritt blieb sie nicht die einzige. Ihr folgten unlängst zwei weitere Landesvorstandsmitglieder. „Die FDP ist aus uns ausgetreten“, teilten sie lapidar mit. Denn die Partei im hohen Norden ist hochgradig zerstritten. Es gibt Schiedsgerichtsverfahren und Rechtsgutachten. Jung gegen Alt, liberal gegen linksliberal. Jeder gegen jeden.
Auswegloses Dilemma
In Hamburg regieren derzeit SPD und Grüne. Bei der letzten Umfrage vom Februar fehlte zudem noch das Wagenknecht-Bündnis. Es bleibt also Lindners großes Geheimnis, wie er darauf kommt, über eine Regierungsbeteiligung zu phantasieren. Die einzige Option wäre eine Ampel-Koalition. Doch diese beiden Wörter sind innerhalb der liberalen Partei derzeit so beliebt wie ein Zahnarztbesuch. „Das Ding ist an der Basis durch“, räumte der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr in der vergangenen Woche ein. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki ist mit seinen Gedankenspielen sogar noch ein paar Schritte weiter und glaubt mittlerweile nicht mehr, dass das fragile Bündnis noch unter dem Weihnachtsbaum überwintert.
Doch alle Augen richten sich auf den Parteichef und Finanzminister. „Er ist der Zampano“, zitierte der „Spiegel“ einen Teilnehmer der Bundesvorstandssitzung. In der Partei herrscht immer noch eine gewisse Achtung vor Lindner. Nach dem Supergau aus dem Jahr 2013 führte er die Partei über seinen Heimatverband NRW zurück in den Bundestag. Das rechnen ihm viele immer noch hoch an. Doch auch an Rhein und Ruhr ist der Lack längst ab. Im vergangenen Jahr reichte es mit Ach und Krach noch zu knapp sechs Prozent. Derzeitige Umfragen sehen die Liberalen auch in ihrem Stammland eher unter der Fünfprozenthürde. Und auch Lindner weiß: Gehen die einstmals starken Bastionen in den westdeutschen Flächenländern verloren, hat die Partei keine Chance bei der Bundestagswahl.
Lindner in der Sackgasse
Im Osten ist man längst auf dem Niveau einer Splitterpartei angekommen. Doch noch scheut Lindner den Bruch der Regierung.Als Finanzminister käme es ihm während der laufenden Haushaltsdebatten wie Fahnenflucht vor. Die Umfrage-Werte sind ohnehin mies. „Es wäre politischer Selbstmord“, sagt auch der Alt-Liberale Gerhart Baum. „Es ist die letzte Chance“, kontert der bayerische Landeschef Martin Hagen, einer der wenigen noch halbwegs bekannten Landesfürsten.
In der Partei herrscht nackte Angst, wenn nicht sogar Panik. Vor elf Jahren sei die Situation schlimm gewesen. Aber damals habe man mit dem jungen Lindner und dem erfahrenen Kubicki ein gutes Duo für die Neustrukturierung gehabt. Lindner, das steht außer Frage, wäre verbrannt, würde die Partei im kommenden Herbst aus dem Parlament fliegen. Einflussreiche Landesfürsten gibt es kaum noch. Am ehesten käme wahrscheinlich noch der Innenpolitiker Konstantin Kuhle für eine Spitzenposition infrage. Doch der steht parteiintern eher auf dem linken Flügel. Zudem sucht die FDP händeringend nach Themen. Der Kursschwenk in Sachen Migration wirkt halbherzig und wenig glaubhaft. Die Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise. Das ist kein Gütesiegel für eine Regierungspartei. Lindner hat letzte Woche durchblicken lassen, die FDP könne die Ampel verlassen, wenn sie sich im Haushaltsstreit nicht durchsetzen werde. Ende November könnte es so weit sein. Doch einen Wahlkampf fürchtet die FDP derzeit fast noch mehr als ein „Weiter so“ in der Regierung.