11.12.2024

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Nach der Wahl

Rasche Einigung birgt Zündstoff

SPD und BSW kommen bei Koalitionsgesprächen in Brandenburg schnell voran – Doch es bleiben Fragen

Hermann Müller
08.11.2024

Thüringen und Sachsen haben bereits Anfang September einen neuen Landtag gewählt. Doch obwohl Brandenburgs Bürger erst drei Wochen später zur Wahl gingen, sind in Potsdam bereits Koalitionsverhandlungen zwischen dem Wahlsieger SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gestartet.

Im benachbarten Sachsen befinden sich CDU, BSW und SPD zwei Monate nach der Landtagswahl immer noch in Sondierungsgesprächen. Die SPD hatte die Gespräche zeitweilig sogar unterbrochen, nachdem das BSW im Landtag einem Antrag der AfD zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses zugestimmt hatte. In Thüringen hat das von CDU, SPD und BSW ausgehandelte Sondierungspapier wiederum zu einer ersten schweren Krise in der Wagenknecht-Partei geführt. In einem einstimmigen Beschluss hat der BSW-Bundesvorstand um Parteichefin Wagenknecht das Thüringer BSW aufgefordert, in den Ende Oktober aufgenommenen Koalitionsverhandlungen die außen- und sicherheitspolitischen Positionen nachzubessern oder andernfalls in die Opposition zu gehen.

Heftige Kritik aus Bundes-SPD
Von Wagenknecht ausdrücklich als „guter Kompromiss“ gelobt wurde dagegen das Sondierungspapier, das SPD und BSW in Brandenburg ausgehandelt haben. Im Papier heißt es zur geplanten Stationierung von US-Raketen in Deutschland: „Wir sehen (...) die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch.“ Geeinigt haben sich die Verhandlungsführer von SPD und BSW auch auf die Formulierung, dass der Krieg in der Ukraine „nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden“ könne. Im Thüringer Sondierungspapier bekannten sich CDU und SPD ausdrücklich zur Westbindung der Bundesrepublik. Brandenburgs SPD verzichtete im gemeinsamen Papier mit dem BSW dagegen auf eine solche Erklärung.

Heftige Kritik am Verhandlungsergebnis der Brandenburger Genossen übte der SPD-Außenpolitiker Michael Roth. Er warf der märkischen SPD vor, das Sondierungspapier „stellt in mehrfacher Hinsicht einen Bruch mit der Politik des Bundeskanzlers und der SPD dar“. Zusammen mit dem Lob für die Lebensleistung des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder durch den neuen SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wurde das Verhandlungsergebnis der Brandenburger Sozialdemokraten von Kommentatoren schon als Hinweis für eine „Zeitenwende“ bei der SPD insgesamt gewertet. Der Kölner Politikprofessor Thomas Jäger kritisierte mit Blick auf das Sondierungspapier in Brandenburg sogar: „Die Moskau-Connection hat sich durchgesetzt.“

Der SPD-Verteidigungsexperte Andreas Schwarz ordnete das Verhandlungsergebnis dagegen als „Grundlage für eine Regierungszusammenarbeit auf Landesebene“ ein. Die Außen- und Sicherheitspolitik aber werde in Berlin gemacht, so der Bundestagsabgeordnete.

Obwohl beide Parteien recht zügig die Sondierungen abgeschlossen haben und in die Koalitionsverhandlungen gestartet sind, ist ein Scheitern der Regierungsbildung nicht ausgeschlossen. Brandenburgs SPD hält nämlich weiterhin an der Befürwortung von Waffenlieferungen an die Ukraine fest. In einer Mitteilung, die nach Abschluss der Sondierungsgespräche an die Mitglieder ging, erklärte die Brandenburg SPD, es bestehe „eine moralische Pflicht, die Ukraine – auch mit Waffen – zu unterstützen“.

„Klimapolitik“ spielt keine Rolle
In ihrer Berichterstattung über das Sondierungspapier gingen viele Medien meist nur auf die Formulierungen zur Ukraine und zur Stationierung von US-Raketen ein. Beachtenswert ist allerdings auch, dass im Papier dem öffentlichen Nahverkehr kein Vorrang eingeräumt wird. Anders als bei der bisher regierenden Koalition von SPD, CDU und Grünen heißt es nun: „Wir unterstützen alle Verkehrsmittel.“ Zur Verärgerung der nun nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen spielt die sogenannte Klimapolitik im Sondierungspapier überhaupt keine Rolle mehr. Dies ausschließlich als Handschrift des BSW deuten zu wollen, wäre allerdings voreilig.

Auch Brandenburgs SPD-Finanzministerin Katrin Lange übte im Interview mit dem „Tagesspiegel“ unlängst sehr scharfe Kritik an den Grünen. Sie erklärte: „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland verläuft außerordentlich schwach. Das ist wesentlich eine Folge der verfehlten grünen Wirtschaftspolitik Robert Habecks. Brandenburg kann sich davon nicht freimachen.“

Die Finanzministerin war es dann auch, die auf düstere wirtschaftliche Aussichten für Brandenburgs neue Landesregierung hinwies. Laut der aktuellen Steuerschätzung muss das Bundesland im Jahr 2024 mit 403,7 Millionen Euro weniger Einnahmen als erwartet rechnen. Die immer wieder als mögliche Woidke-Nachfolgerin gehandelte Lange rief angesichts der Steuerschätzung dazu auf, die Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen: „Da könnte die neue Koalition mal einiges entrümpeln.“


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