30.04.2024

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Europawahl

Rechtsruck erwartet

Jeder vierte Sitz könnte an eine rechtsgerichtete und EU-kritische Partei gehen

Robert Mühlbauer
12.03.2024

Bei den Wahlen zum Europaparlament in zwei Monaten zeichnen sich laut Umfragen starke Gewinne der rechtsgerichteten und EU-kritischen Parteien ab. Die tonangebende Linke zittert deshalb schon. Grünen und Sozialdemokraten drohen bei den Wahlen vom 6. bis 9. Juni herbe Verluste.

Von einer „scharfen Wende nach rechts“ spricht ein Report der einflussreichen Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR). Nach ihrer Analyse könnten sogenannte rechtspopulistische und „anti-europäische“ Parteien, wie die Autoren schreiben, in neun Ländern stärkste Kraft werden, nämlich in Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei. In neun weiteren Ländern würden rechte Parteien auf dem zweiten Platz landen, etwa in der Bundesrepublik die AfD, oder auf dem dritten Platz, etwa in Spanien Vox (Stimme) und in Portugal Chega (Es reicht).

Das kommende Europaparlament wird rechter sein als bisher. Sogenannte Rechtspopulisten könnten fast ein Viertel der Sitze erhalten. Laut der ECFR-Berechnung wird „fast die Hälfte der Sitze an Europaabgeordneten gehen jenseits der ‚super-großen Koalition' der drei zentristischen Gruppen“. Dies sind die Christdemokraten (EVP-Fraktion), Sozialdemokraten (S&D-Fraktion) und die Liberalen (Renew-Fraktion).

Allerdings sind die sogenannten rechtspopulistischen oder rechtskonservativen Parteien in zwei Fraktionen, Identität und Demokratie (ID) sowie Europäische Konservative und Reformer (EKR), gespalten. Zusammen könnten sie mehr Sitze als die Europäische Volkspartei (EVP) bekommen, zu der die deutsche CDU/CSU gehört. Wenn die Grünen und Sozialdemokraten dezimiert werden, könnte das EU-Parlament die teure Klimapolitik des Green Deal abschwächen. Diese hat bislang die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Spitzenkandidatin der EVP, vorangetrieben.

„Scharfe Wende nach rechts“
In Deutschland drohen besonders den Grünen Verluste. Laut einer Insa-Umfrage von Mitte Februar könnten die Grünen, die 2019 noch auf 20 Prozent der Stimmen sprangen, diesmal auf 10,5 Prozent abstürzen. Die FDP mit Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann soll statt 5,5 Prozent nur noch drei Prozent bekommen. Die SPD könnte bei 16 Prozent stagnieren, das Bündnis Sahra Wagenknecht auf 5,5 Prozent kommen. Vorne liegt die CDU/CSU mit 27 Prozent, etwas schwächer als vor fünf Jahren. Die größten Zugewinne werden der AfD zugetraut. Laut Insa-Umfrage soll sie ihr Ergebnis auf 22 Prozent verdoppeln. Die österreichische Schwesterpartei FPÖ liegt seit Monaten stabil vorne. Der Freiheitlichen Partei Österreichs werden nach der neuesten Market-Umfrage 27 Prozent zugetraut.

In Frankreich, dem zweitgrößten EU-Land, führt klar die Le-Pen-Partei Rassemblement National. Dem RN unter seinem jungen Spitzenkandidaten Jordan Bardella werden mehr als 30 Prozent in der Europawahl zugetraut, fast zehn Prozentpunkte Vorsprung zum Parteienbündnis von Staatspräsident Emmanuel Macron. Vor Kurzem gelang dem RN ein politischer Coup, als die Partei den früheren Chef der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, als Kandidaten gewann. Der Frontex-Chef war 2022 im Streit um sogenannte Pushbacks im Mittelmeer zum Rücktritt gezwungen worden. Leggeri sagt, er wolle nun als Europapolitiker „gegen die Migrationsüberflutung kämpfen“ (siehe PAZ vom 1. März).

EKR oder ID?
In Italien liegt die regierende Partei „Brüder Italiens“ (Fratelli d'Italia, FdI) von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni laut Umfragen stabil vorne. Sie kann auf 28 Prozent der Stimmen hoffen. Auf die mitregierenden Lega entfallen neun Prozent, auf Forza Italia sieben Prozent. In den Niederlanden kämpft der Islam-Kritiker Geert Wilders noch immer um eine Regierungsbildung. Bei der Europawahl wird seine Partei führend sein. Ungarns Rechtspartei Fidesz dürfte abermals über 50 Prozent erhalten, obwohl mehrere Skandale und Rücktritte sie zuletzt geschwächt haben und die Zustimmungswerte daher rückläufig sind. Die in Polen abgewählte Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) dürfte laut Umfragen mehr als 30 Prozent bekommen, doch geht ihr Einfluss in der rechtskonservativen EKR-Fraktion zurück.

Unklar ist noch, wer nach der Wahl die stärkste Fraktion auf der Rechten bilden wird: EKR oder ID. Beide kommen laut Projektionen von „Politico“ künftig auf mehr als 80 der insgesamt 720 Mandate im neuen Europaparlament. In der ID-Fraktion sitzen die AfD und der RN, deren Zusammenarbeit dort ganz gut klappen soll, auch wenn es zwischen der Pariser Fraktionsvorsitzenden Marine Le Pen und AfD-Chefin Alice Weidel jüngst knirschte. Die Europäischen Konservativen und Reformer werden von Melonis FdI dominiert. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán signalisierte jüngst, dass sein fraktionsloser Fidesz zu den Europäischen Konservativen und Reformern gehen wolle. Allerdings gibt es Meinungsverschiedenheiten über Orbáns relativ Russland-freundlichen Kurs. Unter den Europäischen Konservativen und Reformern sind die schärfsten Putin-Gegner aktiv. Mit Orbán könnten sie aber mit fast 100 Mandaten drittstärkste Fraktion in Brüssel werden.


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Kommentare

Chris Benthe am 13.03.24, 06:37 Uhr

@Kersti Wolnow am 12.03.24, 07:41 Uhr:
Ich kann Ihnen nur zustimmen !
Was ansonsten die Europawahlen, pardon: EU-Wahlen, betrifft, so bin ich hin- und hergerissen zwischen der Wahl von Maximilian Krah (ehemaliger BGM-Kandidat von Dresden) und Boykott einer Demokratie.Farce. Was soll man tun ?

Kersti Wolnow am 12.03.24, 07:41 Uhr

Die Links- und Rechtsbegriffe verschleiern den Pakt der Kommunisten/Marxisten aller Farben mit der Geldelite. Beide agieren global/international und kämpfen verbissen gegen jede nationale/regionale Regung der Völker, die für ihre Selbstbestimmung eintreten. Völker mit eigener Sprache, Geschichte und Kultur soll es nicht geben, denn im Menschenmischmasch können Großkonzerne besser tricksen. Ursprünglich sind Marxisten angetreten, um dem Kapital und der Ausbeutung den Kampf anzusagen. Übrig geblieben ist ihnen nun nur noch eine verschwurbelte Ideologie, die mit jedem Jahrzehnt ausgetauscht wird. Waren es in den 60ern Frauenemanzipation bis zum Mord des Kindes im Mutterleib dank der Auflösung von Partnerschaft und Familie, kam später die Angstmache durch die Umwelt hinzu, vom Waldsterben über das Ozonloch bis zur Klimareligion. Im Hintergrund agieren derweil ungestört die gloablen Großkonzerne ohne Rücksicht auf Mensch/Tier und Natur dem Profit engegen. Als Gegenleistung hissen sie die Regenbogenfahne und tricksen mit der Frauenquote. Auch an den Eroberungskriegen gegen jene Regierungen, die nicht im vorgegebenen Takt der Multis mitmarschieren sind die Grünroten eifrige Waffenlieferer. Warum sieht das außer mir keiner so klar? Ist doch nicht schwer!!! Nun ja, da hätten wir noch einen Helfer der Großen und Reichen: Die globale Medienmacht, von der schon Putin bei Tucker Carlsson sprach, den "globalen Märchenerzählern" (Putin)

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