10.10.2024

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Bauarbeiten an der Reichsautobahn Berlin - Königsberg: Im Bild der Abschnitt Berlin–Stettin, bei Penkun, wo Arbeiter 1936 die Fahrbahndecke herstellen und die Fugen mit Teer befüllen
Foto: akg images / holzmann-bildarchive.de/HDBBauarbeiten an der Reichsautobahn Berlin - Königsberg: Im Bild der Abschnitt Berlin–Stettin, bei Penkun, wo Arbeiter 1936 die Fahrbahndecke herstellen und die Fugen mit Teer befüllen

Königsberg

Reichsautobahn als komfortabler Handelsweg

Erst wurde die Strecke von Berlin nach Königsberg aufwendig gebaut, dann wieder gesprengt, als die Rote Armee nahte

Wolfgang Kaufmann
16.09.2024

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die uralten und nur schwer zu befahrenden Handelswege zwischen Berlin und der litauischen Grenze zu befestigten Chausseen ausgebaut. Mit der Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs reichten diese jedoch nicht mehr aus. Deshalb legte die Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau (STUFA) 1926 einen Entwurf für ein 10.630 Kilometer langes „Kraftwagenstraßennetz“ vor, der auch Verbindungen nach Ostpreußen vorsah, aber zunächst keine Chance auf Realisierung hatte.

Stattdessen kam es 1932 zur Ausweisung der Fernverkehrsstraße 1 (ab dem Jahr 1934 Reichsstraße 1), welche von Aachen über Berlin und Königsberg bis nach Eydtkuhnen führte, wobei der Verlauf durch den Polnischen Korridor ein rein hypothetischer war, weil die Regierung in Warschau hierbei jegliche Kooperation verweigerte. Ansonsten behinderten auch die vielen Ortsdurchfahrten den Fernverkehr auf der Strecke, weswegen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eine Autobahn zwischen Berlin und Königsberg in Angriff genommen wurde.

Aus Sparsamkeit einspurig
Die Bauarbeiten an den zukünftigen Reichsautobahnabschnitten 54 zwischen Berlin und Stettin sowie 56 zwischen Elbing und Königsberg begannen im Frühjahr 1934, nachdem der ostpreußische NSDAP-Gauleiter Erich Koch am 19. Dezember 1933 bei Pomehrendorf unweit von Elbing den ersten Spatenstich getan hatte. Während die beiden Strecken Gestalt annahmen, gab es Überlegungen, die Autobahn über das Gebiet der Freien Stadt Danzig oder die schmalste Stelle des Polnischen Korridors zu führen, um eine Verbindung zwischen den Teilstücken in Pommern und Ostpreußen zu erreichen. Allerdings stieß auch dies wiederum auf den strikten Widerstand der polnischen Behörden.

Am 27. September 1936 wurde die zweispurig ausgelegte Strecke bis Stettin-Süd für den Verkehr freigegeben. Und nach der Fertigstellung der zwei, jeweils über 200 Meter langen Brücken über die Oder konnte der Verkehr dann ab dem
31. Juli 1937 auch bis zur Anschlussstelle Hornskrug rollen. Die Übergabe des aus Sparsamkeitsgründen einbahnig errichteten, 92 Kilometer langen Teilstückes zwischen Elbing und Königsberg erfolgte hingegen am 12. Juni 1938. Das östliche Ende lag dabei am Übergang zur Reichsstraße 128 zwischen dem Ostseebad Cranz und Ortelsburg unweit der Palmburger Brücke. Diese vierspurige Straßenbrücke mit zwei Brückenarmen von je 633 Metern Länge, welche den Alten und den Neuen Pregel überspannte, war damals die größte Stahlbetonbrücke im Deutschen Reich. Am 3. Dezember 1938 fand dann außerdem auch noch die Verkehrsfreigabe der 4,4 Kilometer langen Umgehungsstrecke Elbing-Ost-Elbing-West statt.

Veto aus Warschau
Nach der Zerschlagung der „Rest-Tschechei“ und der Wiedereingliederung des Memellandes im März 1939 verlangte Hitler zum zweiten Male eine exterritoriale Fernstraßen- und Eisenbahnverbindung quer durch den Polnischen Korridor, welche aufs Neue von Warschau abgelehnt wurde, womit auch die geplante Autobahnstrecke von Elbing nach Danzig hinfällig wurde. Trotzdem gab es zu Beginn des Zweiten Weltkrieges noch insgesamt drei Bauabschnitte.

Zwangsarbeiter im Einsatz
Im Bereich des ersten erfolgte ein einbahniger Vortrieb der von Berlin kommenden Strecke über die 41 Kilometer zwischen Hornskrug und Stargard. Im zweiten liefen Arbeiten zur Verlängerung der Autobahn bis Cranz an. Und der dritte Bauabschnitt lag zwischen Königsberg und Insterburg. Fertiggestellt wurde jedoch nur das Stück bis Stargard. Das resultierte daraus, dass dieses nicht unter die Bausperren für Reichsautobahnen fiel, welche am 2. Oktober und 1. November 1939 in Kraft traten. Im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkriegs fanden dann nur noch Kleinarbeiten in Pommern statt. Darunter fielen vor allem Erdaushübe und Rodungen sowie die Errichtung von Brückenfundamenten oder Entwässerungsanlagen, bei denen Kriegsgefangene und polnische Zwangsarbeiter zum Einsatz gelangten.

Von Barnim bis Pomellen
Der Vormarsch der Roten Armee zu Beginn des Jahres 1945 hatte dramatische Auswirkungen auf die Bausubstanz der zum Teil fertiggestellten Autobahn Berlin–Königsberg. So wurden sowohl die Pregelbrücke bei Königsberg als auch die Oderbrücken bei Stettin gesprengt, um den Feind aufzuhalten. Später rollten die Fahrzeuge der Roten Armee dann über die Autobahn nach Westen, was zu vielerlei Schäden am Straßenbelag führte. Zuvor war es den deutschen Flüchtlingen aus Ostpreußen und Pommern strikt verboten gewesen, die Betonbahnen zu benutzen, denn diese sollten ausschließlich dem Verkehr der Wehrmacht dienen.

Heute liegen die instandgesetzten Teilstücke der ehemaligen Reichsautobahn Berlin–Königsberg auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland und Republik Polens sowie in dem zur Russischen Föderation gehörenden Königsberger Gebiet und werden vielfach befahren. Der bundesdeutsche Streckenabschnitt firmiert nun als Bundesautobahn 11, die vom Dreieck Barnim bis zum Grenzübergang Pomellen führt. Dem schließen sich in der Republik Polen und der Russischen Föderation die Autostrada 6, Droga ekspresowa S22 und R516 an, wobei in Heiligenbeil-Rehfeld [Grzechotki-Mamonowo] ein Grenzübergang zwischen dem südlichen Ostpreußen und dem Königsberger Gebiet eingerichtet wurde.


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