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Wie schon bei der Lufthansa: Der Steuerzahler muss erneut in die Bresche springen, um einen Großkonzern vor Corona-Schäden zu bewahren
Der Bund hilft dem Reisekonzern Touristik Union International (TUI) mittlerweile mit drei Milliarden Euro. Mit den Steuergeldern wird auch steinreichen Investoren geholfen, die als Großaktionäre in den vergangenen Jahren gut von Dividendenzahlungen profitiert haben:
Weil die TUI AG zwischen April und Juni fast alle Reisebuchungen absagen musste, brach der Umsatz beim größten Reisekonzern der Welt um 98,5 Prozent auf 72 Millionen Euro ein. Das im dritten Geschäftsquartal hereingekommene Geld reichte nicht einmal zur Deckung der Betriebskosten aus. Unter dem Strich häufte das Unternehmen aus Hannover in der wahrscheinlich schwierigsten Phase der Konzerngeschichte einen Verlust in Höhe von 1,4 Milliarden Euro an.
Als eines der ersten deutschen Großunternehmen hatte TUI bereits im Frühjahr ein Hilfsdarlehen über 1,8 Milliarden Euro von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten. Wie der Reiseveranstalter kürzlich mitteilte, wird die staatliche Unterstützung nun um weitere 1,05 Milliarden Euro ausgeweitet. Weitere 150 Millionen Euro soll TUI über eine Wandelanleihe erhalten, die der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes zeichnet.
Da sich diese Anleihen in Aktien umtauschen lassen, könnte diese Konstruktion letztendlich in eine direkte Staatsbeteiligung münden. Mit dem zweiten Hilfspaket summieren sich die Staatshilfen für die TUI AG nun auf drei Milliarden Euro. Das von Peter Altmaier (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium sagte zum zweiten staatlichen Hilfspaket, man wolle den Beschäftigten bei TUI eine Perspektive geben.
Passiver russischer Großaktionär
Die Unternehmensführung kündigte nichtsdestotrotz bereits den Abbau von 8000 Arbeitsplätzen an. Vorrangig sollen Stellen im Ausland gestrichen werden. Die geplante Verkleinerung der konzerneigenen Fluggesellschaft Tuifly um über die Hälfte wird allerdings auch an den deutschen TUI-Standorten Arbeitsplätze kosten.
Gewerkschaften werfen vor diesem Hintergrund der Konzernführung Missmanagement vor. Zudem seien in der Vergangenheit bei TUI zu wenig Rücklagen gebildet und zu hohe Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet worden. Tatsächlich hat der Reisekonzern in den letzten Jahren gut verdient: Das Geschäftsjahr 2018 schloss TUI mit einem Nettogewinn von 727,2 Millionen Euro ab.
Das vergangene Jahr wurde vom Flugverbot für den Mittelstreckenjet Boeing 737 Max belastet. Dennoch blieb auch hier ein Nettogewinn von 416 Millionen Euro übrig. Von den Dividendenzahlungen aus diesen Gewinnen hat nicht zuletzt auch der Großaktionär Alexej Mordaschow profitiert. Der russische Stahlmagnat hält über die Unifirm Limited ein Viertel der TUI-Aktien.
Seit Februar 2016 sitzt Mordaschow auch im Aufsichtsrat des deutschen Touristikriesen. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes schätzte bereits 2018 das Vermögen des TUI-Großaktionärs auf insgesamt 20,5 Milliarden US-Dollar. Dies reichte im Vermögensvergleich der reichsten Russen immerhin für Platz vier.
Eigentlich naheliegend wäre es, dass sich der russische Milliardär oder andere TUI-Großaktionäre wie der ägyptische Tourismusunternehmer Hamed El Chiaty als Miteigentümer bei der Neuaufstellung des Unternehmens finanziell auf eine Weise engagieren, dass der Staat nicht mit Steuergeldern helfen muss.
Missmanagement mitverantwortlich
Tatsächlich wird inzwischen auch Kritik laut: Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Carsten Müller (CDU) mahnte beispielsweise: „Die Anteilseigner des Konzerns dürfen sich jetzt keinen schlanken Fuß machen und sich von der Bundesrepublik Deutschland das Vermögen retten lassen.“ Weiter sagte der CDU-Politiker gegenüber der „Wirtschaftswoche“, dass, wenn der Staat ins Risiko gehe, um Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft zu sichern, dann müssten die Eigentümer auch bereit sein.
TUI ist nicht das einzige Großunternehmen, das in den vergangenen Jahren sehr gute Gewinne eingefahren hat, aber anscheinend zu wenig Rücklagen gebildet hat, um auch nur einige Krisenmonate durchzustehen. Auch der Sportartikelhersteller Adidas hat noch im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund zwei Milliarden Euro ausgewiesen und seine Aktionäre, darunter viele Investmentfonds, sogar mit einer Dividendenerhöhung belohnt.
Im April dieses Jahres hieß es vom weltweit zweitgrößten Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach dagegen: Adidas kann die Corona-Krise nur durchstehen, wenn frisches Geld fließt. Den Lückenbüßer spielte auch hier die KfW: Die staatliche Förderbank gab eine Zusage, sich an einem Konsortialkredit von über 2,4 Milliarden Euro zu beteiligen.
Im Gegenzug für den Staatskredit muss Adidas die Dividende allerdings streichen, Rückkäufe von eigenen Aktien zur Kurspflege hatte der DAX-Konzern bereits selbst ausgesetzt.
sitra achra am 11.09.20, 12:26 Uhr
Lustreisenfirmen sind eben systemrelevant. Also schiebt ihnen unsere Steuergelder in den Rachen, damit ihre Manager keine Not leiden. Der Rentner darf weiterhin strafbewehrt im Müll wühlen. Ich denke lieber nächtens nicht an Schland.
Siegfried Hermann am 07.09.20, 09:28 Uhr
Und dann schreien sie (die politischen Heuchler) immer: Eigenverantwortung der Aktionäre blablabla.
Interessant bei TUI auch die vita. Und WER so noch in den Aufsichtsrat sitzt! Ihr kommt aus dem Staunen und der Wut nicht mehr raus!
Wenn das ein armer selbstständiger Vorstadtbäcker und dann noch Deutscher wäre, wäre der längst in die Insolvenz durch Null Hilfen.
Mahlzeit!