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Gerald Hüther und Robert Burdy gehen der Frage nach, wie Menschen angesichts der heutigen Informationsflut wieder zu sich selbst finden können
Mit der Jahrtausendwende begann das Zeitalter der Digitalisierung und der Globalisierung. Das eine wäre ohne das jeweils andere nicht möglich gewesen.“ Die Welt, sagen die Autoren des Buchs „Wir informieren uns zu Tode“, sei zu einem erdumspannenden Marktplatz der Kommunikation geworden.
Wie da wieder herauskommen, fragen der Neurobiologe Gerald Hüther und der Fernsehjournalist Robert Burdy. Sie haben ihr Buch in drei größere Abschnitte unterteilt: zu Beginn eine fulminante Analyse der digitalen Welt, dann ein die Wissenschaft in den Vordergrund rückender Überblick zur Gedächtnisforschung und die Frage, wie der Mensch angesichts der übermächtigen Informationsflut zu sich selbst kommen kann.
Burdy, der offenbar größtenteils den ersten Abschnitt geschrieben hat, nennt unsere Zeit ein Zeitalter der Verwirrung. Die kaum überschaubare Zahl von Anbietern und Nutzern der sozialen Medien stärke trotz der gehäuften Informationen nicht das Wissen des Einzelnen, sondern verwirre und verneble das Gehirn in gefährlichem Maße. Wir laufen Gefahr, so Burdy, uns zu Tode zu informieren, und das oft mit oberflächlichen, nichtssagenden Informationen. Traditionelle qualitätsbewusste Medien in Presse und Rundfunk hätten immer weniger Chancen, in diesem „Monsun der Informationen“ gehört zu werden.
Die folgenden beiden Teile wirken auf den Leser weniger alarmierend. Hier ist es der schon durch andere Bücher zu Themen aus der Neurobiologie bekannte Gerald Hüther, der die Gedächtnisleistung des Gehirns erklärt und äußert, dass der Wunsch vieler Nutzer digitaler Medien nach Anerkennung dazu führt, dass eigene Empfindungen unterdrückt werden. Solche Menschen reagierten nur noch auf äußere Reize. Dabei hätten viele Nutzer das zutiefst menschliche Bedürfnis, zu einem „authentischen Selbst“, wie die Psychologie sagt, zu kommen und sich als autonomes Subjekt in einer Gemeinschaft zu verwirklichen. Hüther zitiert ausführlich Immanuel Kants berühmte Beantwortung der Frage: „Was ist Aufklärung?“, in der Kant verlangt, der Mensch solle, ja, müsse sich seines Verstandes bedienen, um aus der Unmündigkeit herauszukommen.
Ihr Buch sei, so die Autoren, eine Verbeugung vor Neil Postmans berühmter Studie „Wir amüsieren uns zu Tode“ von 1985. Jetzt klingt es gefährlicher, und man mag angesichts der alarmierenden Befunde nicht widersprechen.