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Renaissance für Weber und die Württemberger

Am 17. Juni ist klar, welcher Schatz zurück nach Carlsruhe in Oberschlesien geht

Chris W. Wagner
13.06.2022

Zum 19. Mal pilgern Musikfreunde in das 30 Kilometer von Oppeln entfernte Carlsruhe [Pokój]. Dort wird in Erinnerung an Carl Maria von Weber das „Musikfestival der Gärten und Parkanlagen“ organisiert, das in diesem Jahr vom 16. bis zum 18. Juni stattfindet. Es soll daran erinnern, dass der für den „Freischütz“ berühmte Komponist zur Jahreswende 1806/07 als Gast des preußischen Generals Herzog Eugen von Württemberg-Oels auf dessen Schloss in Carlsruhe lebte und komponierte.

Inspiration für den „Freischütz“

Davor weilte Weber für zwei Jahre am Theater in Breslau. „Seine Breslauer und Carlsruher Erfahrungen wurden das Fundament für Webers spätere Arbeit als Kapellmeister in Prag und Dresden und begründeten seinen Ruf als Dirigent. Weber holte sich Inspiration in der Volkskunst der Region, die er in den Freischütz einfließen ließ“, sagt Hubert Kołodziej von der deutschen Minderheit.

Kołodziej gründete 2006 in seiner Heimatstadt Carlsruhe einen gemeinnützigen Verein, dessen wichtigste Aktivität es ist, das jährliche Weber-Festival durchzuführen. Besonders wichtig ist dem Gründer des Festivals, auch der heutigen polnischen Bevölkerung die einstige Bedeutung von Carlsruhe und die deutschen Berühmtheiten seiner Heimatstadt näherzubringen.

Aus Carlsruhe stammt unter anderem Ferdinand Freiherr von Richthofen (1833–1905). Der Geo- und Kartograph gilt als Begründer der modernen Geomorphologie und prägte mit seinen Studien über das Kaiserreich China den Begriff „Seidenstraße“. Nach ihm wurde das Richthofengebirge (Qilian Shan) benannt. Auch Paul Wilhelm von Württemberg (1797–1860), Naturforscher und Entdecker, ist ein berühmter Sohn der Stadt, genauso wie Prinzessin Agnes von Württemberg (1835–1886), die unter dem Pseudonym Angelica Hohenstein als Schriftstellerin tätig war. Der in Oberschlesien berühmte Fotograf Max Glauer (1867–1935) verbrachte seine Kindheit in Carlsruhe, wo 1952 auch der Maler und Bildhauer Joachim Czichon zur Welt kam. Er siedelte mit sieben Jahren in die Bundesrepublik über.

Verblichener Glanz eines schlesischen Kleinods

Vom einstigen Glanz Carlsruhes zeugt heute nur wenig, und das tut Kołodziej besonders weh. „Carlsruhe hatte ein Konzerthaus, eine Bibliothek im Pompejischen Stil, ein Theater mit einem Schauspiel- und Musikensemble, einen Verlag, eine eigene Zeitung, ein Gericht. Das Haus Württemberg verfügte über 70 Quadratkilometer Ländereien in Carlsruhe. Hier war ein wichtiges Kulturzentrum. Friedrich der Große liebte Carlsruhe, seine Generäle ebenso. Unser Park wird mit dem Bad Muskauer Fürst-Pückler-Park in eine Reihe gestellt, er war ein Bespiel der vollkommenen Parklandschaft und wurde als Park der hundert Wunder bezeichnet“, zählt Kołodziej auf.

Heute erinnert fast nichts mehr an die einstige Schönheit der Parklandschaft mit ihren künstlich angelegten Teichen und Kanälen, auf denen durch Lampions erleuchtete Gondeln ihre Bahnen zogen. Auch die Schlösser derer von Württemberg wurden nach Kriegsende zerstört. Doch Kołodziej, der seit den frühen 1990er Jahren in Archiven des Museums des Oppelner Landes alles über Carlsruhe gelesen hat, macht Hoffnung, dass bald schon im Oppelner Museum und vielleicht auch in Carlsruhe selbst das Leben am Württembergischen Hof nachvollzogen werden kann. Er hat nämlich durch das Weberfestival Kontakte zu den Württemberg-Oelser Blaublütern aufgenommen.

Ein Geschenk der Württemberger

Der 2020 im Alter von 95 Jahren verstorbene Ferdinand Eugen Herzog von Württemberg, selbst noch in Carlsruhe geboren, besuchte seit der Wende immer wieder seine Heimat. Sein Vater erbte nach dem Tod von König Wilhelm II. von Württemberg 1921 die große Herrschaft Carlsruhe, wo Ferdinand Eugen die ersten Kinderjahre verbrachte. „Er besuchte auch das seit 2004 stattfindende Weberfestival, und bei dieser Gelegenheit spendete er immer Geld für unseren Verein“, sagt Kołodziej.

Durch seine Kontakte zu den Württembergern erfuhr er, dass im Ende März 2022 60 Kisten „Carlsruher Schätze“ mit Tafelsilber Breslauer Meister, Porzellan und Kunstgegenstände aus Carlsruhe in einer Kunstauktion in München veräußert werden sollten. Da musste schnell gehandelt werden. Kolodziejs Verein hat Gelder vom Oppelner Marschallamt und der Erika-Simon-Stiftung erhalten. Damit wurde die Leiterin des Museums des Oppelner Landes, Iwona Solisz, ausgestattet und konnte zum ersten Mal bei einer solchen Auktion mitbieten. Die eigentliche Überraschung wartete auf Solisz erst am nächsten Morgen, als sie vom Auktionsvorstand zu einem Gespräch gebeten wurde. Neben den Aktionären wartete Herzogin Sophie auf Solisz mit einem Geschenk für das Museum.

Was die Schenkung beinhaltet, das verrät Direktorin Solisz am 17. Juni im Rahmen des Weber-Festivals in Carlsruhe.


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