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Freie Wähler und Linkspartei wollen durch ein Schlupfloch in den Bundestag
Noch vor gut einem Jahr konnte Hubert Aiwanger vor Kraft kaum gehen. Nach seinen gut 16 Prozent bei der bayerischen Landtagswahl wähnte sich der Bundes- und Landesvorsitzende der Freien Wähler (FW) bereits kurz vor dem Durchbruch. „Erst Bayern, dann Brüssel, dann Berlin“, hatte der bayerische Wirtschaftsminister damals angekündigt. Man gewann immerhin ein drittes weiteres Mandat bei der Europawahl dazu. Das ging an den Rheinland-Pfälzer Joachim Streit, der wohl profilierteste Politiker der FW außerhalb Bayerns. Auf dem langjährigen Landrat des „Eifelkreises“ Bitburg-Prüm ruhten große Hoffnungen, als es den Freien Wählern 2021 gelang, neben Bayern in einen weiteren Landtag eines westdeutschen Flächenlandes einzuziehen. Doch Streit strebte schnell nach höheren, kandidierte für das EU-Parlament und hinterließ einen Scherbenhaufen. Die Fraktion in der Heimat zerfiel nur wenige Monate nach seinem Abschied.
Trotz neuen Wahlrechts
Und in Brandenburg flogen die Wählervereinigungen, die mit der FW-Bundespartei kooperierten, unlängst aus dem Parlament. Aiwangers Ankündigung, von Bayern ausgehend einen Siegeszug durch die bevölkerungsreichsten Westländer anzutreten, ist bereits ausgeträumt. Lediglich zwei Prozent würden derzeit die „Freien“ wählen. Doch abgeschrieben hat er seinen Parlamentssitz im Berliner Reichstag noch nicht. „Wir werden über drei bayerische Direktmandate das Feld aufrollen“, kündigte er erst kürzlich an.
Auch 2021 hatte die Linkspartei den Einzug in den Bundestag doch noch geschafft, obwohl sie unter der Fünfprozenthürde geblieben war. Die sogenannte Grundmandatsklausel bleibt im Wahlrecht auch nach seiner Neufassung bestehen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diesen Teil der Wahlrechtsreform für nicht verfassungskonform. Aiwanger gewann bei der Landtagswahl seinen Wahlkreis in Landshut, nun wird er im benachbarten Rottal-Inn antreten. Seine Chancen? „Nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sehr wahrscheinlich“, urteilt die lokale Presse. Bundestagswahlen seien anders zu bewerten als Landtagswahlen. 2021 kamen die Freien Wähler dort auf 16,7 Prozent. Es war ihr bestes Erststimmen-Ergebnis. Doch der siegreiche CSU-Kandidat war mehr als doppelt so stark. Im Oberallgäu tritt die Landrätin Indra Baier-Müller an, im Kreis Landshut der Landrat Peter Dreier, der 2016 einen Bus mit Asylbewerbern nach Berlin vor das Kanzleramt schickte.
Es sind Kandidaten mit Lokalkolorit, aber taugen sich auch für die bundesweite Bühne? Noch sucht Aiwanger „Leute mit Profil“ für Kandidaturen außerhalb Bayerns. Doch in Brandenburg ging unlängst das einzige Direktmandat verloren, und in Rheinland-Pfalz herrscht ohne Streit Dauer-Streit. Der neue EU-Parlamentarier hat dem Vernehmen nach wenig Lust auf eine Wahlkampftour durch die heimische Eifel. Das Beispiel von Joachim Streit verdeutlicht das Dilemma der „Freien“. Als Landrat wurde er teilweise mit über 80 Prozent gewählt. Doch bei überregionalen Wahlen schnitten die FW in der Eifel zwar gut ab, waren aber weit von der Spitze entfernt. Auch, weil der Zuschnitt der Wahlkreise ein anderer ist.
Linke Hilfe durch Senioren-Trio
Deutlich mehr Erfahrung hat beim Unterfangen „Umweg nach Berlin“ die marodierende Linke. Mit der „Mission Silberlocke“ wollen die Linken-Urgesteine Bodo Ramelow, Gregor Gysi und Dietmar Bartsch bei der Bundestagswahl Direktmandate für ihre Partei holen. Vor allem Ramelow werden in seinem Wahlkreis in Erfurt und Gysi in Berlin-Köpenick gute Chancen eingeräumt. 2021 hatten Gysi, Gesine Lötzsch und Sören Pellmann den Bundestags-Einzug gesichert.
Lötzsch tritt nicht wieder an, Pellmann dagegen schon. Er könnte ein weiteres Mandat in Leipzig gewinnen. Die neue Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner bewirbt sich um die Lötzsch-Nachfolge in Berlin-Lichtenberg. Obwohl Lötzsch jünger als Bartsch, Gysi und Ramelow ist, hat sie auf eine neue Kandidatur verzichtet. Im Wahlkampf helfen will sie aber schon. Lötzsch hatte den Wahlkreis zuletzt mit rund 25 Prozent der Stimmen gewonnen, bei den Zweitstimmen schnitt die Linke deutlich schlechter ab. Das ist ein Beleg, dass es für viele Menschen eine reine Personenwahl war.
Der neue Co-Vorsitzende Jan van Aken zeigt sich indes überzeugt, dass das Vorhaben erfolgreich wird: „Wir werden ganz sicher drei, wenn nicht vier Direktmandate gewinnen. Eine Garantie, dass wir im nächsten Bundestag sein werden.“