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Orientieren sich am „Godesberger Programm“ der SPD: Louis Aliot und Marine LePen von der RN
Foto: imago/IP3pressOrientieren sich am „Godesberger Programm“ der SPD: Louis Aliot und Marine LePen von der RN

Rassemblement National

Ritterschlag für die französische Rechte

Nach Wahlerfolg: RN-Vize Louis Aliot und Marine LePen arbeiten auf eine Normalisierung ihrer Partei hin

Bodo Bost
19.12.2022

Das Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld, bekannt durch seine jahrzehntelange Arbeit für Gerechtigkeit für Opfer des nationalsozialistischen Regimes in Frankreich, hat aus der Hand von Louis Aliot, dem Bürgermeister von Perpignan und stellvertretenden Vorsitzenden des Rassemblement National (RN), zu deutsch „Nationale Versammlung“, die „Medaille der Stadt“ entgegengenommen. Begründet haben die Klarsfelds ihre Entscheidung damit, dass Aliot sich vom Antisemitismus distanziert habe, und auch Gedenkveranstaltungen zur Shoah besuche.

Das RN, dessen Vorsitz Aliot in einem inner­parteilichen Machtkampf anstrebte, aber gegen seinen Rivalen Joradan Bardella verlor, vertritt in den Augen vieler Linker immer noch (kultur-)rassistische und anti­demokratische Positionen. Im Mai 2022 hatten die Klarsfelds zusammen mit anderen jüdischen und muslimischen Persönlichkeiten noch vor der Präsidentschaftswahl dazu aufgerufen, nicht Le Pen zu wählen, die „Tochter des Rassismus und Antisemitismus“. Doch wie andernorts nehmen auch in Frankreich die antisemitischen Anschläge vor allem aus dem linken und muslimischen Milieu seit Jahren zu.

Entdämonisierung des RN

Serge Klarsfeld antwortete auf die Frage, warum das Ehepaar die Auszeichnung durch Aliot angenommen habe: „Ich habe beobachtet, dass es doch eine Entwicklung gibt: Marine Le Pen hat letztes Jahr und auch dieses Jahr zum Vél d'Hiv, der ersten großen Razzia von Vichy-Polizisten gegen französische Juden, Stellung bezogen. Aus jüdischer Sicht kann man das anerkennen. Ich beobachte auch, dass Louis Aliot seit Langem in Perpignan zu den Zeremonien kommt, dass er dort den Kampf gegen den Antisemitismus fördert, und ich war der Meinung, dass man diesen Trend vorantreiben sollte“, sagte er. Und er ermutigte die „offene“ Linie von Aliot, dessen Großvater mütterlicherseits Jude in Algerien war, gegenüber der härteren Linie seines Konkurrenten Jordan Bardella, der im Oktober mit großer Mehrheit der neue Parteivorsitzende des RN geworden ist und sich klar gegen Aliot durchsetzen konnte.

Perpignan war die erste Großstadt, welche der RN für sich gewinnen konnte. Das führte zum Durchbruch, der dem RN bei den letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen die zweitmeisten Stimmen und Sitze einbrachte. Aliot fühlt sich berufen, die Strategie der „Entdämonisierung“, die er an der Seite von Marine Le Pen verfolgt, durchzuführen, und bezieht sich dabei auf die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die sich 1959 in Bad Godesberg für die Marktwirtschaft und den Bruch mit dem Klassenkampf entschieden hat, um für das ganze Volk wählbar zu werden.

In einem freien Beitrag für die Zeitschrift „L'Opinion“, einem neoliberalen, EU-freundlichen Tageblatt, schrieb Aliot: „Die Franzosen haben die Exzesse des Front National aus einer anderen Zeit zurückgewiesen, die in der Denunziation und Lärm die einzigen politischen Instrumente sahen, mit denen man Aufmerksamkeit erregen konnte.“

Glaubwürdige politische Kraft

Der RN ist aus den Protestkandidaturen herausgewachsen und wurde zu einer glaubwürdigen politischen Kraft, auf die im Parlament zuweilen auch Präsident Macron setzt, um eine Mehrheit zu bekommen.

Der Bürgermeister von Perpignan hat dabei den Anfang gemacht. „Wir haben unsere Erfolge bei den Kommunal-, Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nicht mit Radikalität erzielt, sondern indem wir konkrete Lösungen angeboten haben“, sagt er. Aliot spricht davon, „die illegale Einwanderung zu stoppen“ – und nicht mehr die Einwanderung überhaupt.

Die Preisverleihung an die Klarsfelds durch den ihn sei eine „wichtige Entwicklung“ hin zu einer Normalisierung der Partei. Vor einem Jahr hätten Serge Klarsfeld und sein Sohn Arno in einem Beitrag für „Le Monde“, der im Zusammenhang mit dem Aufkommen des Phänomens Eric Zemmour veröffentlicht wurde, die Juden noch dazu aufgerufen, „sich von der extremen Rechten fernzuhalten“, einer politischen Familie, in der sie Zemmour und Marine Le Pen damals noch verorteten. Vielleicht wussten sie damals noch nicht, dass Zemmour, der Marine Le Pen die Führung des rechten Lagers abjagen wollte, selbst Jude ist.


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Kommentare

Bernhard Meier am 21.12.22, 07:05 Uhr

Was mich irritiert:
In Frankreich, wo ich mich lange jährlich aufhalte, darf man von Rechts und Links ohne schief angesehen zu werden reden.
Wer in Deutschland von Rechts sagt, ist sofort Hitlerfreund.
Pfui!

Kersti Wolnow am 19.12.22, 09:36 Uhr

Mich befremdet, wie die Juden bis heute das Zünglein an der Waage spielen. Gleichberechtigung sieht anders aus.

Chris Benthe am 19.12.22, 09:26 Uhr

Ein ganz wichtiges Signal ! Bemerkenswerter Beitrag.

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