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Zweifelhafter Debattenstil: Während Robert Habeck am Küchentisch den plaudernden Kumpeltyp gibt, verfolgt der grüne  Vizekanzler wie kein zweiter Politiker unliebsame Äußerungen im Internet
Bild: pa/photothek/Thomas TrutschelZweifelhafter Debattenstil: Während Robert Habeck am Küchentisch den plaudernden Kumpeltyp gibt, verfolgt der grüne Vizekanzler wie kein zweiter Politiker unliebsame Äußerungen im Internet

Roberts Kampf

Der grüne Vizekanzler Habeck ist Rekordhalter im Bundeskabinett bei Strafanzeigen gegen Kritiker. Längst zeigt sein Verhalten autoritäre Züge. Und es gehört zu einem ausgeklügelten emotionalen Geschäftsmodell

Holger Fuß
19.01.2025

Noch vor seiner Veröffentlichung macht der Umschlag eines Buches in den Sozialen Medien Furore. Anfang Februar erscheint im Droemer Verlag der Band „Zu dumm für die Demokratie? Wie wir die liberale Ordnung schützen, wenn der Wille des Volkes gefährlich wird“. Die Titelfarben leuchten grün und gelb, von Weitem wirkt das Buch wie eine Programmschrift der Grünen. Dazu passt, dass der Autor Mark Schieritz als stellvertretender Politik-Chef bei der „Zeit“ dient, einem regierungstreuen Leitmedium links der Mitte.

Bemerkenswert an diesem Buchtitel ist, dass er in wenigen Worten die Lage der Nation zusammenfasst. Die viel beraunte Spaltung der Gesellschaft wird hier unverhohlen postuliert: Ein ominöses „Wir“ soll die liberale Ordnung schützen vor einem Volk, das zu dumm ist für die Demokratie. Doch wer ist „Wir“? Ganz klar: all jene linksgrünen Zeitgeistmarschierer in Politik, Medien und Zivilgesellschaft, die Habeck-Gutfinder, die Baerbock-Verteidiger und die Scholz-gar-nicht-so-schlimm-finder. Und das „Volk“? Sind alle, die das anders sehen. Und dies ist, wie alle Umfragen belegen, die Mehrheit der Menschen im Lande. Selten hat sich die Verächtlichkeit des Establishments gegenüber der Bevölkerung so ungeniert gezeigt wie auf diesem Buchtitel.

Szenen eines Kulturkampfes
Längst ist zwischen der progressiven Machtelite und breiten liberal-konservativen Bevölkerungskreisen ein Kulturkampf entbrannt. Die AfD und mittlerweile das BSW sind nur Symptome, die eruptiven Randzonen dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung, keineswegs ihre Ursachen. Die Vorgeschichte dieses mentalen Bürgerkrieges reicht ein halbes Jahrhundert zurück – bis in die Studentenunruhen von 1968. Drei Jahrzehnte benötigte diese linksdurchtönte Generation von damals, um politische Institutionen, das Bildungswesen und die Medien zu erobern und schließlich in Gestalt von Gerhard Schröder und Joschka Fischer erstmals die Republik regieren zu können. Und weil die nachfolgende CDU-Kanzlerin Angela Merkel ihre Partei auf rot-grün umhäkelte, ist es bei der einschlägigen Diskurshoheit bis in unsere Tage der Ampel-Dämmerung geblieben.

Was in 16 Jahren Merkel-Regierung an Fortschrittsprojekten angeschoben wurde, etwa Energiewende, offene Grenzen für Migranten, Ehe für alle, Abschaffung der Wehrpflicht, sollte in der Fortschrittskoalition der Ampelparteien vollendet werden. Doch kaum war das Kabinett vereidigt, fiel Putin über die Ukraine her und den Transformationsakrobaten lag plötzlich der gallige Geschmack der Realität auf der Zunge. Auf einmal musste Annalena Baerbock feststellen, dass sie mit feministischer Außenpolitik keine Kriegs­diplomatie betreiben kann. Und Robert Habeck wurde gewahr, dass Seiteneinsteiger für die Politik zwar als erfrischende Impulsgeber gelten, für ein Wirtschafts- und Klimaschutzministerium gleichwohl entsprechender Sachverstand ratsam ist.

Im Ergebnis hat Baerbock die deutsche Außenpolitik als Einflussfaktor faktisch lahmgelegt, sie wird nur noch als Geldgeberin empfangen. Und unter Habeck ging die schon seit Beginn der Corona-Krise anno 2020 schwächelnde deutsche Wirtschaft vollends in die Knie – explodierende Energiepreise, wuchernde Bürokratie und mangelnde öffentliche Investitionen bremsen das Wachstum. Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Otto Zander spricht von einer „Scholz-Habeck-Rezession“ und von der „längsten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik“. Daimler-Aufsichtsratschef Joe Kaeser bescheinigt Habeck, er werde „in die Geschichte eingehen als der sympathischste und schlechteste Wirtschaftsminister Deutschlands“.

Dass Habeck gescheitert ist, muss der als empathisch geltende Vizekanzler spätestens am Abend des 6. November mindestens gespürt haben, als die Koalition zerbrach. Später erzählte er bei „Maischberger“, seine Söhne hätte ihn überredet, noch einmal anzutreten. Aber vielleicht ist einfach auch sein Haus in Flensburg noch nicht abbezahlt? Geschichtliche Entwicklungen haben mitunter banalste Ursachen.

Kriminalisierung von Spott gegen die Mächtigen
Längst wirkt Habeck wie ein Getriebener, ein chronisch Erschöpfter, der seit Eintritt ins Ministeramt gegen die eigene Überforderung anrudert. Wie blank seine Nerven immer schon lagen, kam heraus, als der Grüne einen Strafantrag gegen einen 64-jährigen Rentner aus Bayern stellte, der auf dem Kurznachrichtendienst „X“ ein Bild gepostet hatte, auf dem Habeck als „Schwachkopf Professional“ verhöhnt wurde. Der Mann wurde daraufhin frühmorgens von Polizisten zur Hausdurchsuchung aus dem Bett geklingelt. Es stellte sich heraus, dass Habeck Spitzenreiter ist, wenn es darum geht, aufmüpfige Bürger mit Strafanzeigen einzuschüchtern.

Ein Ranking der Strafanzeigen durch Bundesminister zwischen September 2021 und August 2024 weist Habeck mit 805 Anzeigen den ersten Platz zu, gefolgt von der Parteifreundin Baerbock mit 513 Anzeigen. Bereits beim Drittplatzierten Marco Buschmann (FDP) sind es nur noch 26 Anzeigen. Offensichtlich sind die beiden grünen Frontleute besonders dünnhäutig, wenn es um Widerspruch geht. Vordergründig geben sie vor, gegen Hass und Hetze insbesondere im Internet vorgehen zu wollen, aber ein Jurist wie der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sagt dazu: „Hass und Hetze sind keine rechtlichen Kategorien, und gefährlich wird es, wenn wir weiter harmlosen Spott über die Mächtigen kriminalisieren.“

So hatte eine Kinderpflegerin aus Bayern die Außenministerin im März 2023 auf „X“ in zwei Tweets als „Hohlbratze“ bezeichnet.

Baerbock hatte Strafantrag gestellt; die Pflegerin wurde Ende 2023 zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt, sie legte Berufung ein und wurde in zweiter Instanz freigesprochen. Doch nun hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Wer so etwas liest, kann nur den Kopf schütteln ob der Unsouveränität einer sich sonst progressiv gebenden Ministerin im Umgang mit Obrigkeitsbeschimpfungen. Mit solchen Harmlosigkeiten die Justiz zu behelligen legt eine Maßlosigkeit offen, die mit Beeinträchtigungen in der eigenen Kompetenz und im Selbstvertrauen korrespondieren dürfte. Dass ausgerechnet zwei herausragend schwache Fachminister Rekorde bei Strafanzeigen halten, dürfte kein Zufall sein.

Rückkehr der Majestätsbeleidigung
Noch 2018 wurde unter Kanzlerin Merkel mit dem Paragraphen 103 die sogenannte Majestätsbeleidigung aus dem Strafgesetzbuch als „nicht mehr zeitgemäß“ gestrichen. Im Gesetzentwurf der oppositionellen Grünen hieß es damals, der Paragraph sei „ein Relikt aus der Zeit, als es noch eine Monarchie in Deutschland gab“. Kaum zogen grüne Minister 2021 ins Bundeskabinett ein, wurde der angeblich antiquierte Straftatbestand mit zeitgemäßen Instrumenten wiederbelebt. Auf einmal war von „Hass und Hetze“ die Rede, von der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ und vom „Kampf gegen Rechts“. Viel halbherziger wird indes ein „Kampf gegen Links“ betrieben. Üblicherweise werden linksradikale Antifa-Eiferer in zivilgesellschaftliche Nichtregierungsorganisationen integriert und mit Steuergeldern alimentiert. Und eine Bundesinnenministerin Nancy Faeser schreibt für die Zeitschrift „Antifa“ der als linksextremistisch eingestuften VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten) schon mal einen Gastbeitrag.

Der gegenwärtige Kulturkampf ist also ein Scharmützel von selbst ernannten Demokratie-Monopolisten links der Mitte wider Bürger rechts der Mitte, die demokratische Grund- und Freiheitsrechte einfordern. Wir könnten auch von einem Schlagabtausch durch zweierlei Demokratie-Definitionen sprechen. Für Linke ist der Demokratie-Begriff inhaltlich angelegt, also mit linksgrüner Programmatik deckungsgleich. Konservative und Liberale verstehen Demokratie eher institutionell und strukturell, also verbunden mit Rechtsstaat, freien Wahlen und freier Rede. Deshalb können Rechte mit Andersdenkenden häufig unbefangener diskutieren als Linke, die jeden Andersdenkenden als Antidemokraten betrachten.

Genau dieser Frontverlauf hat das Projekt „Kampf gegen Rechts“ zum Scheitern verurteilt. Denn wer eine freiheitliche Demokratie mit einem Alleinvertretungsanspruch der Wahrheit gegen ihre Feinde verteidigen will, nimmt unweigerlich selbst einen totalitären Habitus an. Der Kampf gegen Rechts hat die AfD als rechten Popanz immer stärker werden lassen, weil sich immer mehr Menschen von den totalitären Anmaßungen des linksgrünen Milieus abwenden. Das Gleiche gilt für die Brandmauer, mit der sich Friedrich Merz und die Union heillos verzettelt hat. „Einmal '33 reicht in Deutschland“, sagte der CDU-Chef unlängst in den „Tagesthemen“ über eine Zusammenarbeit mit der AfD. Merz wollte die blaue Partei halbieren, bislang hat er sie verdoppelt. Und er lernt nichts daraus. Er ist in dieselbe Falle des Kampfes gegen Rechts getappt wie die Parteien links von ihm. Denn „Rechts“ muss nicht bekämpft werden; es müssen die Probleme gelöst und die Anlässe beseitigt werden, die Wähler dazu bringen, populistische Parteien zu wählen.

Entweder-Oder-Gegensätze
Dass Merz dies nicht begreift, ist eine Tragödie. Dass Habeck dies nicht begreift, ist nicht verwunderlich. Schließlich besteht in der Entweder-Oder-Setzung von den grün Erleuchteten und den rechts Verfinsterten sein politisches Geschäftsmodell. Der unter Faschismusverdacht gestellte Antipode lässt Habecks Auftritt umso dramatischer und euphorischer erscheinen. So lahm er als Wirtschaftsminister ist, umso glänzender seine emotionale Performance. Seine Küchengespräche: „Ich bin der Robert, ist das okay für dich?“ – darauf muss man erst mal kommen. Seine Wahlwerbungsprojektion auf dem Münchner Siegestor: Über der Inschrift „Dem Sieg geweiht, vom Krieg zerstört, zum Frieden mahnend“ flackert Habecks Konterfei mit der Unterzeile „Bündniskanzler. Ein Mensch. Ein Wort.“ Bündniskanzler? Als ob jemand Reichskanzler schreiben wollte und mit dem Stift abgerutscht ist. Habeck: „Jetzt weiß es aber ganz Deutschland!“

Die drei Jahre als Wirtschaftsminister und Vizekanzler haben dem Apothekersohn Robert aus Heikendorf bei Kiel nicht gutgetan. Immer wieder flackern Allmachtsphantasien auf, so im vergangenen Oktober, als er das Internet schärfer kontrollieren wollte: „Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich glaube, dass diese unregulierte Form der Sozialen Medien inzwischen nicht mehr akzeptabel ist.“ Auch Baerbock forderte ein schärferes Eingreifen: „Wenn man Algorithmen hat, die ganz bewusst nicht nur Fake News, sondern Hass und Hetze ausspielen, dann ist das Zersetzung unserer demokratischen Lebenswirklichkeit.“ Zuletzt bot Habeck sogar auf einem „Spiegel“-Cover dem reichsten Mann der Welt die Stirn: „Finger weg von unserer Demokratie, Herr Musk!“

Und doch versteht es Habeck stets aufs Neue, seine autoritären Allüren mit menschelnder Geste einzufangen. Dann wird er wieder zu unserem Robert – ein Mensch, ein Wort. Etwa, als er auf einer Veranstaltung in Mannheim gestand: „Ich war nicht gut in Rechtschreibung früher und hatte einen leichten Schlag in Richtung Legasthenie.“ Schon zu Schulzeiten also begann Roberts Kampf. Erst mit sich selbst und später gegen andere.

Holger Fuß ist freier Autor und schreibt regelmäßig für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften über das Zeitgeschehen. 2019 erschien „Vielleicht will die SPD gar nicht, dass es sie gibt“ (FinanzBuch Verlag). www.m-vg.de/finanzbuchverlag 


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Kommentare

sitra achra am 19.01.25, 19:08 Uhr

Auch wenn er behauptet. die deutsch-dänische Grenzregion sei sein Zuhause, ist das nicht wahr, weil ihm sowohl die Mentalität als auch die kulturelle Verwurzelung in dieser Gegend abgehen. Dieser gebürtige Lübecker hat sich in einer teuren Villa in Flensburg-Solitüde breitgemacht, aber ist und bleibt einFremdkörper, genau wie die Hamburger, die sich bei uns aufdrängen.
Selbsrt die Dänen können mit diesem zutiefst deutschen Fritz nicht viel anfangen.
Sollen die dummen deutschen Muttis ihn doch weiterhin in ihre feuchten Arme schließen, davon geht die Welt nicht unter.

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