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Zwei Wahlgänge: Erst Gegenstimmen aus den eigenen Reihen, dann Unterstützer aus der Opposition
Die erneute Wahl von Dietmar Woidke zum Ministerpräsidenten von Brandenburg war von zwei Überraschungsmomenten begleitet. Im ersten Wahlgang fehlten Woidke mehrere Stimmen aus dem eigenen Lager. Im zweiten Wahlgang stimmten dann im Landtag plötzlich auch mehrere Abgeordnete der Opposition für den SPD-Politiker. Ob bei der geheimen Wahl diese Stimmen von der CDU oder von der AfD gekommen sind, gibt nun Rätsel auf.
Zur Wahl gestellt hatte sich Woidke im Potsdamer Landtag am 11. Dezember. Bei der geheim durchgeführten Wahl hatte er zunächst nur 43 Ja-Stimmen erhalten. Da die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Landtag zusammen eine hauchdünne Mehrheit von 46 Abgeordnete stellen, müssen damit zwangsläufig mehrere Abgeordnete der SPD-BSW-Koalition Woidke ihre Stimme verweigert haben. Für den Kandidaten war damit ein zweiter Anlauf notwendig. Auch der war wieder mit einer Überraschung verbunden. Woidke erhielt plötzlich 50 Ja-Stimmen. Ganz offensichtlich hatten mehrere Abgeordnete der Opposition für den 63-Jährigen gestimmt.
Hilfe von AfD oder CDU?
Die Frage, welche Abgeordneten von SPD oder BSW im ersten Wahlgang Woidke einen Denkzettel verpassten, wird nach seiner Wiederwahl kaum diskutiert. Umso intensiver laufen die Spekulationen, welche Abgeordneten der beiden Oppositionsfraktionen im zweiten Wahlgang für den SPD-Politiker gestimmt haben. CDU-Fraktionschef Jan Redmann schloss aus, dass Woidke mit Stimmen aus seiner Fraktion zum vierten Mal ins Amt des Ministerpräsidenten gewählt wurde. Redmann wies stattdessen in Richtung der AfD-Fraktion: „Dietmar Woidke ist der zweite Ministerpräsident Deutschlands nach Kemmerich, der offenbar mit Stimmen der AfD ins Amt gewählt wurde.“
Der brandenburgische CDU-Chef erklärte im rbb-Inforadio sogar: „Ich gehe davon aus, dass es einen Kuhhandel gegeben hat.“ Zudem sagte Redmann, die CDU habe festgestellt, in den vergangenen Wochen sei das Verhältnis zwischen AfD und SPD in Brandenburg auf einer persönlichen Ebene bei den Fraktionsspitzen immer enger geworden.
Woidke reagierte an die Adresse des ehemaligen Koalitionspartners seinerseits mit dem Vorwurf, es handele sich um „infame Unterstellungen“. Auch AfD-Fraktionschef Christoph Berndt wies die Behauptung zurück, Woidke sei mit Stimmen seiner Partei ins Amt gewählt worden. Aus seiner Partei habe Woidke keine einzige Stimme bekommen, so Berndt.
Aus Sicht von Woidke womöglich noch interessanter ist die Frage, welche Abgeordneten aus seiner SPD oder aber aus den Reihen des Koalitionspartners BSW ihm im ersten Wahlgang einen Denkzettel verpasst haben. Vorab hatte lediglich der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf angekündigt, er werde Woidke nicht zum Ministerpräsidenten wählen. Begründete hatte der Abgeordnete aus Frankfurt/Oder dies mit der Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Bundeswehrstandort Holzdorf. Außer diesem Abweichler mit Ansage müssen allerdings im ersten Wahlgang auch noch zwei weitere Abgeordnete aus der Regierungskoalition Woidke ihre Stimme verweigert haben.
Warnsignal für die Zukunft
Angesichts der hauchdünnen Mehrheit von SPD und BSW von lediglich zwei Stimmen müssen die Landesregierung und die Koalitionsspitzen den Auftakt der Regierungsarbeit als Warnsignal verstehen. Die rot-lila Koalition muss damit rechnen, dass auch künftige Abstimmungen im Landtag für sie zur Zitterpartie werden. CDU-Chef Redmann erklärte gegenüber dem rbb: „Wenn diese Koalition keine Mehrheit auf die Matte bekommt, dann entfällt eigentlich die Geschäftsgrundlage für diese Koalition.“
Anders als im Landtag Brandenburgs gelang im Thüringer Landesparlament die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten bereits im ersten Anlauf. Möglich war dies offenbar, weil alle Abgeordneten der „Brombeer-Koalition“ aus CDU, BSW und SPD für den CDU-Kandidaten Mario Voigt gestimmt haben. Die Koalition im Erfurter Landtag verfügt nur über 44 der 88 Sitze, also einen weniger als zu einer absoluten Mehrheit nötig. Allein mit diesen Stimmen hätte es zur Wahl Voigts im ersten Wahlgang also nicht gereicht. Am Ende erhielt Voigt aber sogar 51 Stimmen, sieben mehr als die Brombeer-Koalition Abgeordnete hat.
Nach eigenem Bekunden hatte auch Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) den Unions-Kandidaten Voigt unterstützt. Linke-Fraktionschef Christian Schaft hatte kurz vor der Abstimmung erklärt, die Stimmen für Voigt im ersten Wahlgang bedeuteten aber nicht, „dass sich die Koalition nun zurücklehnen könnte“. Dies sei „ein Vertrauensvorschuss“, so Schaft, „aber kein Blankoscheck“.