Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Putbusser Diktate des preußischen Ministerpräsidenten entstanden im Gartenhaus des Fürsten zu Putbus
Eigentlich sollte Otto von Bismarck nach den Verhandlungen, die sich an den Deutschen Krieg, den zweiten Einigungskrieg, anschlossen, eine Auszeit an der Rivera nehmen, um sich zu erholen. Doch Bismarck entschied anders: Er begab sich am 26. September 1866 zu seinem Vetter nach Karlsburg in Pommern, wohin ihm seine Frau Johanna mit den Kindern zum Ferienbeginn folgte.
Da Johanna jedoch ihren Mann in einem beklagenswerten Zustand vorfand, beschloss man, am 6. Oktober nach Putbus auf die Insel Rügen zu fahren. Doch auch hier wurde die erste Nacht durch einen schweren Magenkrampf zur Qual. Außerdem waren das Quartier, an dem die Chaussee von Stralsund nach Mönchgut vorüberführte, sowie das Rasseln der Kutschen und Fuhrwerke kaum zu ertragen.
So kam es, dass Fürst Wilhelm zu Putbus, der vom Aufenthalt Bismarcks erfahren hatte, ihm das noch heute existierende Gartenhaus als Quartier anbot, da eine Aufnahme im erst zu Weihnachten abgebrannten Schloss nicht möglich war. Johanna bemerkte dazu in Briefwechseln: „Wenn wir gesund wären, könnte es ein paradiesisches Dasein geben, ganz wie wir es uns geträumt.“
Erholung auf Rügen
Allmählich gelang es aber dem „klugen, guten und gemütlichen Doktorchen“ Bismarck wieder seiner Genesung zuzuführen, sodass Spaziergänge im Putbusser Park und Ausfahrten in die Waldungen von Prora und Granitz möglich wurden. Wie schon fünf Jahre zuvor in Reinfeld diktierte Bismarck seiner Frau auch bald Briefe an die Minister und Räte.
Eines der Themen, die Bismarck bewegten: Die Verfassung des Norddeutschen Bundes, der gerade im Werden war. Es mangelte dazu nicht an Vorschlägen zur Ausgestaltung, doch Bismarck waren diese beispielsweise zu „bundestäglich“ oder „einheitsstaatlich“. Er wollte einen Staatenbund, der eigentlich ein Bundesstaat war, und dessen Vertretung durch den Preußenkönig erfolgte.
Dazu sollte ein von allen Staaten beschickter Bundesrat neben der zu wählenden Volksvertretung Beschlüsse fassen, während diese der Genehmigung des Bundespräsidiums (Preußenkönigs) bedurften. Wir erkennen bereits die im November 1866 in Putbus durchdachte Struktur, die bis heute ihre Wirkung auf Deutschland hat – niedergeschrieben in den „Putbusser Diktaten“.
Der Fürst Wilhelm zu Putbus, der sich der staatspolitischen Bedeutung des Inhaltes der „Putbusser Diktate“ Bismarcks bewusst war, ließ denn auch 1898 mit einer Gedenktafel am Gartenhaus des mehrwöchigen Aufenthaltes des späteren Reichskanzlers gedenken. Auf ihr konnten Gäste lesen:
„Hier in diesem Hause weilte als mein Gast vom 6. Oktober bis zum 1. Dezember 1866 Graf Bismarck, der spätere Reichskanzler und Gründer des Deutschen Reiches.“
Auch heute wird im und am Gartenhaus dieses Aufenthaltes gedacht. Ein weiterer Zeitzeuge, der Bismarckstein, steht nur unweit des Hauses und erinnert an den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Die zu DDR-Zeiten abgeschliffene Inschrift ist dank Spenden wiederhergestellt worden.
Bismarck weilte mehrfach in Putbus. Bekannt sind als Aufenthalte die Jahre 1838, 1854 und 1866. An diese wird auch im Bismarck-Museum Aumühle erinnert.