26.04.2024

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Russische Militärübung

Russische Truppen simulieren einen Atomangriff nahe Königsberg

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben Moskaus bei einer Übung in Königsberg einen Angriff mit atomwaffenfähigen Raketen simuliert. In Litauen sieht man das Baltikum als Erstziel von taktischen Atomwaffen

Bodo Bost
05.05.2022

Rund 100 Soldaten simulierten einen “elektronischen Start“ des mobilen ballistischen Raketensystems Iskander, das atomar bestückte Raketen abfeuern kann, wie das Verteidigungsministerium in Moskau am 4.Mai mitteilte. Berichten zufolge übten die Streitkräfte, wie man militärische Ziele eines imaginären Feindes angreift und wie man auf einen Vergeltungsschlag reagiert. Der russische Präsident Wladimir Putin hat seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine mehrmals signalisiert, dass er bereit ist, russische taktische Atomwaffen einzusetzen. Ende Februar hat Russland seine Atomstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Der Kremlchef hat auch vor “blitzschnellen“ Vergeltungsmaßnahmen gewarnt, falls der Westen direkt in den Ukraine-Konflikt eingreift. Das russische Staatsfernsehen versucht in den letzten Tagen immer öfter, den Einsatz von Atomwaffen in der Öffentlichkeit salonfähig zu machen. „Seit zwei Wochen hören wir von unseren Fernsehsendern, dass wir Atomraketensprengköpfe öffnen müssen“, sagte der russische Journalist und Friedensnobelpreisträger Dmitrij Muratow.

Begrenzter Atomkrieg im Jahr 2022?

In Litauen fragt man sich, warum gerade in der russischen Exklave Königsberg diese Übung erfolgte, wo doch diese Exklave nicht einmal 0,1 Prozent der Fläche Russlands ausmacht, zumal ja als sicher gilt, dass im Ernstfall die russischen Streitkräfte nicht aus diesem Gebiet die Raketen in die Ukraine schießen würden. Denn dann müssten sie ja den NATO-Luftraum zumindest teilweise überfliegen und könnten deshalb den Verteidigungsfall auslösen. Selbst in diesem Falle glaubt man in Litauen nicht, dass die USA oder Großbritannien mit taktischen Nuklearwaffen direkt einem Gegenangriff gegen das Königsberger Gebiet starten oder gegen einen anderen Ort in Russland, weil dies zweifellos zu einer Eskalation führen würde.

Nach den bisher bekannten Kriegsspielszenarien käme eher ein taktischer Atomschlag gegen russische Militäreinrichtungen beim engsten Verbündeten Russlands, Weißrussland, in Frage. Zumal ja Weißrussland bereits im Januar an Putin appelliert hatte, dort wieder Atomwaffen zu stationieren, obwohl das Land zusammen mit der Ukraine und Kasachstan 1994 im Budapester Memorandum auf Atomwaffen verzichtet hatte. Der Nationale Sicherheitsrat der USA hält einen nuklearen Vergeltungsschlag sowieso nicht aus militärischer Zweckmäßigkeit für geboten, sondern aus politischen Gründen. Die USA als erste Atommacht würde damit demonstrieren, dass es aus der Entwicklung dieser Waffe und als erste Macht, die sie eingesetzt hat, auch heute noch als globales Machtzentrum eine besondere Verantwortung hat. Erst wenn Putin auf diesen nuklearen Vergeltungsschlag gegen Weißrussland reagieren würde, wäre ein nuklearer Overkill möglich.

In der Tat ist die Wahrscheinlichkeit eines echten Atomkriegs jetzt vielleicht so hoch wie seit der Kuba-Krise nicht mehr. Die Geschehnisse in der Ukraine zeigen, dass Putin entscheidende Entscheidungen auf der Grundlage einer völlig falschen Wahrnehmung der tatsächlichen Situation trifft. Dies erhöht zweifelsohne das Risiko einer nuklearen Eskalation. Das US-Militär bräuchte lange, um im Ernstfall den russischen Verteidigungsminister Sergej Schojgu oder Generalstabschef Walerij Gerassimow zu erreichen. Die mysteriösen Bewegungen der russischen Regierungsflugzeuge und das Verschwinden von Schojgu und Gerasimow aus der Öffentlichkeit wurden von einigen Experten in Litauen bereits als Teil der Vorbereitungen für einen Atomangriff interpretiert.


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