15.06.2025

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Ein vergünstigter Strompreis für die hiesige Industrie würde den deutschen Steuerzahler über zehn Milliarden Euro jährlich kosten
Bild: IMAGO/BihlmayerfotografieEin vergünstigter Strompreis für die hiesige Industrie würde den deutschen Steuerzahler über zehn Milliarden Euro jährlich kosten

Energiewirtschaft

Scheitert Strom-Subvention für die Industrie an Brüssel?

Wirtschaftsministerin Katharina Reiche muss es gelingen, das wichtige Vorhaben so darzustellen, dass keine Wettbewerbsverzerrung zu beklagen ist

Hagen Ritter
03.06.2025

Im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in den USA zahlen Industrieunternehmen in der EU annähernd das Doppelte für Strom. In Übersee werden für Industriekunden im Schnitt nur sieben bis acht Cent je Kilowattstunde fällig, regional sogar nur vier Cent. Der EU-Durchschnitt für Industriestrom liegt dagegen bei etwa 18,7 Cent je Kilowattstunde. In Deutschland müssen Industriekunden mit staatlichen Vergünstigungen für energieintensive Unternehmen mit Kosten von bis zu zwölf Cent je Kilowattstunde rechnen. Ohne Vergünstigungen werden im Schnitt sogar über

23 Cent fällig. Für Großverbraucher von Strom – etwa Gießereien, Chemieunternehmen oder Glashersteller – sind das somit massive Kostennachteile, die eine Produktion in Deutschland oftmals nicht mehr rentabel machen. Vor diesem Hintergrund warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): „Die Entlastung gerade auch energieintensiver Industrieunternehmen im internationalen Wettbewerb ist essenziell.“

Bereits die Ampel-Koalition hatte vergeblich versucht, einen Industriestrompreis einzuführen. Die neue schwarz-rote Bundesregierung unternimmt nun einen weiteren Anlauf. In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD die Einführung eines Industriestrompreises „für energieintensive und nicht anderweitig zu entlastende Unternehmen“ angekündigt. Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) bekräftigte: „Wir brauchen einen Industriestrompreis, wobei ich sagen muss, dass das in Europa ein dickes Brett ist, das wir bohren.“ Der skeptische Ton der Wirtschaftsministerin hat womöglich mit einem Papier zu tun, das ihr kurz nach Amtsantritt von Mitarbeitern zur Kenntnis vorgelegt wurde. Demnach sollen die Beamten Reiche darüber informiert haben, dass sich bei der EU Widerstand gegen die Einführung eines deutschen Industriestrompreises formiert. Die Umsetzung des Plans berge „EU-beihilferechtlich erhebliche Herausforderungen.“ In Brüssel seien „die Vorbehalte erheblich und die Aussichten auf eine Genehmigung höchst unsicher“.

Frankreich als Verbündeter
Die Beamten im Bundeswirtschaftsministerium sollen zudem bei der neuen Wirtschaftsministerin angeregt haben, dass sie die Industriestrompreis-Vorschläge noch im Mai nach Brüssel schickt. Hintergrund ist die Überarbeitung des Beihilferahmens. Im März hatte die EU-Kommission Konsultationen zum neuen Staatsbeihilferahmen unter dem Clean Industrial Deal gestartet. Erklärtes Ziel der Kommission ist es dabei, Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie zu fördern. Die Bundesregierung steht damit vor der Aufgabe, in Brüssel die Dauersubventionierung von energieintensiven Unternehmen so darzustellen, dass sie keine Wettbewerbsverzerrung sei und im Einklang mit der EU-Dekarbonisierungspolitik stehe. Dabei ist auch mit Widerstand von Ländern zu rechnen, die ihrer Industrie Strom kostengünstiger bereitstellen als Deutschland.

Frankreich könnte beim Versuch der Bundesregierung, in Brüssel eine Ausnahmeregelung für einen deutschen Industriestrompreis zu erhalten, sogar ein Verbündeter sein. In Frankreich gilt derzeit nämlich noch eine Regelung, durch die Industrieunternehmen Atomstrom zu einem festgelegten Preis von 4,2 Cent je Kilowattstunde beziehen können. Die EU-Kommission hat diese Sonderregelung bis Ende 2025 befristet. Als Schwergewichte in der EU könnten Deutschland und Frankreich versuchen, gemeinsam für ihre jeweiligen nationalen Ausnahmeregelungen zu kämpfen.

Stromsteuersenkung für alle
Neben der Hürde des EU-Beihilferechts gibt es allerdings auch noch ein Kostenproblem. Schätzungen gehen davon aus, dass die Einführung eines Industriestrompreises von fünf Cent pro Kilowattstunde für energieintensive Unternehmen den deutschen Staat bis 2030 voraussichtlich rund zehn Milliarden Euro kosten wird. Je nach Ausgestaltung und Umfang könnten die tatsächlichen Kosten sogar noch höher ausfallen.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD auch noch eine allgemeine Senkung des Strompreises um fünf Cent pro Kilowattstunde angekündigt. Dazu will die Koalition die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und auch Umlagen und Netzentgelte reduzieren. Experten rechnen dafür mit Kosten von etwa zehn Milliarden Euro jährlich.

Zudem wird seit vergangenem Jahr auch die EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energien nicht mehr von den Stromkunden, sondern aus dem Bundeshaushalt bezahlt. Auch dies schlägt derzeit mit deutlich mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr zu Buche. Die Kosten der teuren deutschen Energiewende schlagen damit in den kommenden Jahren immer stärker im Bereich des Bundeshaushalts durch.


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