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Industrie in Ostpreussen

Schnittige Autos aus Elbing

Komnick-Automobile waren bis Ende der 1920er Jahre erfolgreich – In den 1930er Jahren begann der Niedergang

Wolfgang Kaufmann
02.07.2024

Das vorwiegend agrarisch geprägte Ostpreußen war einige Jahrzehnte lang auch ein Zentrum der deutschen Automobilindustrie. Dies resultierte vor allem aus dem Wirken von Franz Komnick. Der gelernte Schmied gründete 1906 auf dem ehemaligen Gelände der Leinen-Industrie AG in Elbing eine Maschinenfabrik mit angeschlossenem eigenem Stahlwerk, das im Jahr darauf erste Personenkraftwagen auf den Markt brachte. Zuvor hatte sich Komnick bereits als Erfinder und Hersteller von Wasserhebewerken, Dampfdreschmaschinen und -pflügen sowie Pressen für die Herstellung von Kalksandsteinziegeln einen Namen gemacht.

Die Komnick-Automobile wirkten von Anfang an recht schnittig, weil der Kühler hinter dem Vierzylinder-Reihenmotor saß, und bewährten sich auf den vom Kaiserlichen Automobilclub veranstalteten Prinz-Heinrich-Fahrten von 1907 und 1908, der Riga-Fahrt des Ostdeutschen Automobilclubs 1910 sowie der Großfürstin-Victoria-Fahrt von Königsberg nach Sankt Petersburg 1912. Bei der großen russischen Kaiserpreis-Fahrt von Sankt Petersburg nach Sewastopol auf der Krim belegte ein Wagen aus dem Hause Komnick 1911 sogar den ersten Platz.

Modelle aus dem Hause Komnick
Zwischen 1908 und 1914 baute die Komnick-Maschinenfabrik sieben verschiedene Pkw-Typen, die vor allem in Königsberg, Danzig und Elbing etliche Liebhaber fanden. Dazu kamen ab 1913 auch Lastkraftwagen mit drei beziehungsweise fünf Tonnen Nutzlast und Stahlguss-Speichenrädern samt Vollgummireifen. Ab Mitte 1914 lieferte Komnick dann nur noch Lkw für das Militär aus.

Infolge der Ergebnisse des Ersten Weltkrieges gelangte das bislang westpreußische Elbing zu Ostpreußen. Gleichzeitig geriet die Firma Komnick in wirtschaftliche Schwierigkeiten: Der Absatz stockte aufgrund des Ausbleibens von Staatsaufträgen, zudem mangelte es an Material und Arbeitskräften. Um mehr Kapital zu erlangen, wurde das Unternehmen Franz Komnick & Söhne im Mai 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Diese startete anschließend ihr neues Pkw- und Lkw-Programm. Daraus resultierte eine breite Produktpalette, zu der von Josef Vollmer entwickelte Pkw C2 mit zuletzt 45 PS, der bis 1927 gebaut wurde, die Lkws der Typen 3W, 5L, 5W, 1T und 2T sowie der Bus 2N und zwei Arten von 40-PS-Universal-Traktoren gehörten.

Als Abnehmer der Nutzfahrzeuge und Reisebusse fungierten die Reichswehr, die Reichspost, die Schutzpolizei, diverse Behörden sowie etliche städtische Verkehrsbetriebe und private Busunternehmen. Die große Nachfrage verdankte die Komnick AG der Qualität ihrer Produkte, die sie auch erneut bei internationalen Wettbewerben unter Beweis stellte. So gewannen die Komnick-Lkws gemeinsam mit den Lastkraftwagen der Daimler-Motoren-Gesellschaft 1924 die über 5300 Kilometer führende Allrussische Zuverlässigkeitsfahrt von Leningrad nach Tiflis. Dazu kam 1925 ein erster Preis für die beste Gesamtleistung bei der Internationalen Allrussischen Automobil-Prüfungsfahrt Leningrad–Moskau–Kursk.

Dennoch machte die Komnick AG in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zunehmend Verluste. Die dringend erforderliche Steigerung der Produktion wäre nur durch den Übergang zur Fließbandfertigung möglich gewesen, doch für die dazu nötigen Investitionen fehlten die finanziellen Mittel. In dieser Situation sollten staatliche Darlehen helfen, und zunächst war die Preußische Staatsbank auch bereit, 667.000 Reichsmark zur Verfügung zu stellen. Doch dann wurde die Kreditzusage im März 1930 zurückgezogen, weil Berlin die Meinung vertrat, dass es für die Förderung der ostpreußischen Großindustrie ausreiche, die Elbinger Schichauwerke mit Staatsgeldern zu sanieren. Also musste die Komnick AG am 2. April 1930 Konkurs anmelden, woraufhin sie von der Büssing AG übernommen wurde.

Demontage nach 1945
Diese führte die Produktion der Komnick-Fahrzeuge eine Zeitlang fort, ließ schließlich aber auch in der Elbinger Niederlassung nur noch Büssing-Busse montieren. Der inzwischen 73 Jahre alte Komnick und dessen Söhne gründeten parallel dazu in den verwaisten Hallen des Elbinger Flugplatzes eine neue Familiengesellschaft zur Herstellung von Dampfmaschinen und Ölmotoren. Außerdem schickte die Reichspost aufgrund der guten Erfahrungen mit der Komnick AG ihre Postbusse, Telegrafen-Bautruppwagen und Schlepper weiterhin zur Grundüberholung nach Elbing. Ebenso begann die Firma F. Komnick & Söhne GmbH damit, in großem Stil Fahrzeuge der Pkw-Hersteller BMW, Ford und Fiat zu reparieren. Und schließlich avancierte Komnick 1939 auch noch zur Hauptwerkstatt des KdF-Wagens für Ostpreußen.

Die Geschichte der Elbinger Büssing-Niederlassung und des Komnick-Werkes endete im Januar 1945, als die Rote Armee in die Stadt einrückte und die Beschäftigten mit den letzten vorhandenen Fahrzeugen nach Westen flohen. Danach erfolgte eine Demontage der Fabrikanlagen, die als Reparationsleistung an die Sowjetunion gingen. Heute erinnert kaum noch etwas an die Automobilherstellung in Ostpreußen. So existieren mit Ausnahme einiger weniger Traktoren keine originalen Komnick-Fahrzeuge mehr.


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